Entscheidung zur Masern-Impfpflicht mit Spannung erwartet

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gibt am Donnerstag seine Entscheidung zur Masern-Impfpflicht bekannt. Das Urteil wird mit Spannung erwartet. Zu dem Thema hatte es mehrere Verfassungsbeschwerden gegeben.
Von Johannes Blöcher-Weil
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

Eltern haben mit ihren betroffenen Kindern gegen die Masern-Impfpflicht Verfassungsbeschwerde eingelegt. Am kommenden Donnerstag wird das Bundesverfassungsgericht sein Urteil veröffentlichen (Az. 1 BvR 469/20 u.a.).

Wer sein Kind in die Kita oder zu einer Tagesmutter gibt oder einschulen möchte, muss seit dem 1. März 2020 vor der Aufnahme nachweisen, dass es geimpft ist oder schon die Masern hatte. Nach der seitherigen Übergangsfrist gilt diese Nachweispflicht seit August auch für alle Kinder, die schon in den Einrichtungen waren.

Die Impfpflicht soll helfen, Masern-Ausbrüche möglichst ganz zu verhindern. Ohne Nachweis kann die Betreuung verweigert werden. Das meldet die Nachrichtenagentur dpa. Die Schulpflicht geht zwar vor, es drohen aber Bußgelder von bis zu 2500 Euro. Zwangsweise geimpft wird in Deutschland niemand. Die Klägerinnen und Kläger sehen in der Impfpflicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit und ihr Erziehungsrecht als Eltern.

Stehen Allgemein- über Einzelinteressen?

Im Eilverfahren hatten Richter laut dpa im Mai 2020 die Interessen der Allgemeinheit höher bewertet und vorerst grünes Licht gegeben: Es gehe um die „Abwehr infektionsbedingter Risiken für Leib oder Leben einer Vielzahl von Personen“. Eine eingehende Prüfung findet erst im Hauptverfahren statt. Experten warnen davor, die Masern-Infektion zu verharmlosen. Bei jungen Menschen, Schwangeren oder Menschen mit einer Immunschwäche kann es zu schwerwiegenden Folgen kommen.

Der Deutsche Ethikrat hat in einer Stellungnahme 2019 eine allgemeine moralische Pflicht begründet, sich selbst und die eigenen Kinder gegen Masern impfen zu lassen. Die Einführung einer gesetzlichen Masernimpfpflicht empfiehlt er nur für Berufsgruppen in besonderer Verantwortung, nicht hingegen für alle Erwachsenen oder Kinder.

Es sei laut dem Gremium keine reine Privatangelegenheit , ob man sich gegen eine hochansteckende Infektionskrankheit wie die Masern impfen lasse oder nicht. Hier gehe es auch um die Solidarität gegenüber schutzbedürftigen Menschen, die etwa aus medizinischen Gründen selbst nicht gegen Masern geimpft werden können.

Verantwortung für andere Generationen

Hinzu komme der Aspekt generationenübergreifender Verantwortung, da die Masern zu den Krankheiten zählen, „die sich durch weltweit koordinierte Anstrengungen gänzlich ausrotten lassen“. Die Impfstoffe seien hochwirksam und sehr gut verträglich. Daraus leite sich die moralische Verantwortung ab, sich selbst impfen zu lassen und für einen entsprechenden Impfschutz der eigenen Kinder zu sorgen.

Nicht rechtfertigen lasse sich die Einführung einer gesetzlichen, mit staatlichen Zwangsmaßnahmen durchzusetzenden Verpflichtung. Sinnvoller sei es, die nicht-geimpften Kinder besser zu erfassen und Eltern intensiver zu beraten. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ließe sich die Infektion dauerhaft mit steigenden Impfquoten und der Schließung von Impflücken dauerhaft eliminieren.

Seit dem Ende der Übergangsfrist am 31. Juli 2022 müssen Eltern für ihre Kinder einen ausreichenden Masernschutz nachweisen. Diese Übergangsregelung hatte der Gesetzgeber mit Blick auf die Überlastung der Gesundheitsämter durch die COVID-19-Pandemie bereits mehrfach verlängert. Falls Eltern diese Frist verstreichen lassen, sei die Einrichtungsleitung verpflichtet, dem Gesundheitsamt den fehlenden Nachweis zu melden, das sich dann um die Sache kümmert.

Das Bundesverfassungsgericht hatte zunächst eine Entscheidung über diese Verfassungsbeschwerden für das Jahr 2021 in Aussicht gestellt. In Deutschland wurden dem Robert-Koch-Institut 2021 insgesamt 10 Masernfälle übermittelt. 2020 waren es 76 Fälle gewesen.

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