EKD-Sportbeauftragter zu „One-Love“-Binde: Macht bricht Moral

Weil der deutsche Kapitän Manuel Neuer bei der WM in Katar nicht mit der „One Love“-Binde auflaufen wird, kündigt der Handelskonzern Rewe seinen Vertrag mit dem DFB. Kirchenleute kritisieren den Verzicht des DFB ebenfalls.
Der Theologe Thorsten Latzel

Der Sportbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Thorsten Latzel, sieht durch den Verzicht der deutschen Nationalmannschaft und weiterer europäischer Teams auf die „One-Love“-Kapitänsbinde bei der Fußball-WM in Katar die Glaubwürdigkeit des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und des internationalen Fußballs beschädigt. „Die ganze Aktion um die One-Love-Binde ist zu einer einzigen Farce geworden“, sagte Latzel am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Selbst dieses „minimale, symbolische Eintreten für Menschenrechte“ sei kassiert worden, kritisierte der Theologe: „In einer Machtdemonstration hat die Fifa den DFB und die anderen europäischen Fußballverbände vorgeführt.“

„Das fatale Signal ist: ‚Wir treten für ethische Werte ein – wenn es uns die Fifa erlaubt‘“, kritisierte Latzel: „Macht bricht Moral.“ Gerade mit Blick auf die Funktion des Fußballs, Werte an junge Menschen zu vermitteln, halte er das für desaströs, sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Beim Weltfußballverband Fifa brauche es dringend Veränderung, und die europäischen Verbände hätten auch Macht dazu.

Die Fifa hatte dem Deutschen Fußball-Bund und anderen europäischen Verbänden am Montag das Tragen der „One-Love“-Kapitänsbinde untersagt und nicht näher ausgeführte sportliche Strafen angedroht. Daraufhin verzichteten die Mannschaften auf das Tragen der Binde. Latzel kritisierte, dass die Fifa erst unmittelbar vor dem Spiel England gegen den Iran am Montag reagiert und dabei mit einer bewusst unklar formulierten Androhung gearbeitet habe.

Die Spieler nahm der Sportbeauftragte im Gegensatz zu den Verbänden in Schutz: „Das sind meist junge Sportler, die ihr Leben lang trainieren und hier die oft einmalige Chance haben, bei einer WM zu spielen“, sagte er. Es sei eine Schande, dass diese sportliche Dimension so korrumpiert werden. „Die Verantwortung dafür liegt bei der Fifa, die derart problematische Rahmenbedingungen schafft, nicht bei den Kritikern“, unterstrich der leitende Theologe der rheinischen Kirche.

Dankbar zeigte sich Latzel, dass in vielen Medien kritisch berichtet werde, fügte aber hinzu: „Ob in dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukünftig weiter so extensiv über solche Veranstaltungen berichtet werden sollte, sollte man sich in den Rundfunkräten sehr genau ansehen.“

Die „One-Love“-Binde steht für Menschenrechte, Diversität und Frauenrechte sowie für den Kampf gegen Diskriminierung, Rassismus und Homophobie. Sie zeigt den Slogan „One Love“ und ein buntes Herz. Das WM-Ausrichterland Katar steht wegen der Verletzung der Rechte von Frauen, Homosexuellen und Arbeitsmigranten in der Kritik.

epd
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8 Antworten

    1. Der andere Latzel verkündigt das Evangelium, kümmert sich um die wichtigen Sachen….

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  1. Wie passt das mit dem eigenen „heiligen“ Buch zusammen?

    „Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide haben den Tod verdient; ihr Blut kommt auf sie selbst“

    Streng genommen sind die Kartarer doch bibeltreuer als die EKD.

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  2. noch was: das ist schon Realsatire, dass der EKD-Mann in diesem Zusammenhang von Moral spricht !

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  3. Hier sieht man auf anschauliche Weise wie Macht und Geld dominieren. Was wäre es für ein Zeichen gewesen wenn Das DFB Team bereit wäre Sanktionen in Kauf zu nehmen, möglicherweise vorzeitig auszuscheiden und somit ein Signal zu setzen „Ihr erpresst uns nicht“. Das wäre zwar nicht der WM Titel aber vielleicht was wichtigeres

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  4. Sehr geehrter Herr Latzel, die „One Love“ – Binde soll die Liebe der Welt ausdrücken, die das begeistert feiert, was dem lebendigen Gott ein Gräuel ist. Das die Kirchen sich auch für die „One Love“ – Binde begeistern und die „Eine Liebe“, dass Gott seinen einzigen Sohn für alle Menschen in den Tod gegeben hat, damit die an ihn glauben, nicht verloren gehen – nicht erwähnen, ist die wirkliche „Bankrotterklärung“
    L.G. Martin Dobat

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  5. Herr Steinmaier war bei orthoxen Juden vor einigen Tagen, hatte eine Kippa auf und keine One Love Binde an. Er hat auch sicherlich nicht angesprochen dass die orthodoxen Ehefrauen sicherlich nicht die gleichen Rechte haben wie die Männer. Nein , denn er war Gast. Und wenn ich als Gast wohin komme habe ich die Sitten und Gebräuche meines Gastgebers zu akzeptieren. Wenn man sich kennt kann man ja dann ansprechen was man anders machen kann und sollte aber nicht gleich wie ein Elefant im Prozellanladen mit seiner Meinung hereindrücken. Das gehört sich einfach nicht. Wenn man das nicht will gibt es nur eines WEGBLEIBEN. Wir haben nicht das Recht andere von unserer Lebensweise zu überzeugen sondern wir sollten von Jesus Zeugen. Scheinbar hat Latzel den Kern des Evangeliums vergessen

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  6. Ich kann das Getue um diese Binde nicht mehr hören. Man hat gewusst, auf was man sich einlässt, dann muss man sich mit den Gegebenheiten des gastgebenden Landes abfinden. Jetzt ist der falsche Zeitpunkt für den ganzen Wirbel.
    Übrigens: Flagge gezeigt hat die iranische Mannschaft, indem sie die Nationalhymne nicht mitgesungen hat. Die Konsequenzen werden wesentlich gravierender sein als wenn Neuer die Binde angehabt hätte.

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