Meinung

E-Autos, Raketen und Kurznachrichten

Twitter hat weltweit mehr als 330 Millionen Nutzer. Nun will Elon Musk das Unternehmen übernehmen. Ein Grund, weiter bei dem Kurznachrichtendienst zu bleiben.
Von Norbert Schäfer
Elon Musk, Gründer von Tesla und diverser anderer Firmen, wird verehrt. Jetzt auch in einer Kirche.

Der Kurznachrichtendienst Twitter hat weltweit mehr als 330 Millionen Nutzer. Die verwenden die Kommunikationsplattform für den Versand digitaler Mitteilungen, Tweets genannt, Bildern und Videos. Nun hat der Aufsichtsrat des börsennotierten Unternehmens der Übernahme durch den US-amerikanischen Unternehmer und Multimilliardär Elon Musk zugestimmt. Jetzt müssen das noch die Aktionäre tun.

Der Chef des E-Automobilherstellers Tesla und Gründer des Raumfahrtunternehmens SpaceX will für die Aktien des Kurznachrichtendienstes 44 Milliarden Dollar auf den Tisch legen. Musk lag 2021 mit einem Vermögen von 151 Milliarden Dollar hinter Amazon-Boss Jeff Bezos auf Platz zwei der reichsten Menschen der Welt. Aktuell wird sein Vermögen auf mehr als 200 Milliarden US-Dollar geschätzt, was Musk zu einem der reichsten Menschen der Welt macht.

Statt einer Playstation 5 hat sich der Multimilliardär also den Kurznachrichtendienst Twitter nicht nur als Spielzeug auserkoren, der Unternehmer will die Kommunikationsplattform besitzen. Das ist ihm nicht zu verübeln, sollte aber aufhorchen lassen. Musk avanciert mit dem Vorhaben in die Riege der milliardenschweren Medienmacher. Bleibt die Hoffnung, dass Musk der geballten Medienmacht von Michael Bloomberg, David Thomson und Rupert Murdoch und Co. mit Twitter ein Korrektiv entgegenstellt. Zuzutrauen wäre es dem streitbaren und quirligen Mann. Teils glauben das Nutzer aber nicht und überlegen daher, ob sie Twitter nun den Rücken kehren sollen und zu einem anderen Anbieter wechseln.

An Musk scheiden sich die Geister

Musk selbst ist seit Jahren eifriger und gewiefter Twitter-Nutzer. Die Tweets des findigen Geschäftsmanns haben Gewicht. Auf der Liste der am meisten gefolgten Nutzer liegt der aus Südafrika stammende Musk mit rund 83,5 Millionen Followern auf Platz acht. Vor ihm finden sich neben einigen Unterhaltungskünstlern nur noch Christiano Ronaldo und Barack Obama. Musks Mitteilungen via Twitter haben das Potenzial, Kryptowährungen in die Höhe zu katapultieren, um diese wenig später wieder auf die gleich Art zu pulverisieren.

An Elon Musk scheiden sich die Geister. Seine Fans sehen in der Übernahme von Twitter durch den libertär denkenden Unternehmer die Rückkehr der Meinungsfreiheit bei dem Micro-Blogging-Dienst und damit einen Gewinn für die Demokratie. Kritiker fürchten unter anderem, dass nun der einst von Twitter verbannte ehemalige US-Präsident Donald Trump auf die Plattform zurückkehren könnte. Mit ihm auch Pöbeleien und Fake-News. 

In den USA freuen sich daher besonders Republikaner über die Übernahme von Twitter und wähnen das Ende linker „Wokeness“ am medialen Horizont. Die Demokraten fürchten indes, dass der soziale Frieden durch schlechtere Umgangsformen, Fake-News und mangelnde Regulation Schaden nehmen könnte.

Die Ankündigung der Übernahme hat selbst hierzulande bereits die Amadeu-Antonio-Stiftung auf den Plan gerufen. Die fordert von Musk nun konsequentes Vorgehen gegen Hassbotschaften in dem sozialen Netzwerk und restriktive Maßnahmen gegen Hatespeech und Menschenfeindlichkeit. Dabei gehört ihm das Unternehmen noch nicht einmal. Bislang hält er „nur“ rund 9 Prozent der Aktien.

„Twitter ist der digitale Stadtplatz“

Musk hat zudem verschiedentlich bekundet, wie wichtig ihm Meinungsfreiheit ist. „Die freie Meinungsäußerung ist das Fundament einer funktionierenden Demokratie, und Twitter ist der digitale Marktplatz, auf dem die wichtigen Anliegen der Menschheit diskutiert werden“, sagte er. Der Unternehmer will Twitter daher zu einer globalen Plattform für Meinungsfreiheit ausbauen. Was genau Musk darunter versteht, muss sich erst zeigen. Er selbst scheute jedenfalls nicht vor derben Sprüchen und Anschuldigungen gegen Personen via Twitter zurück. 

Jüngstes Opfer war Bill Gates. Ein Bild des Microsoft-Gründers war nach Musks Auffassung dazu geeignet, eine Erektion abrupt zu beenden. Musk musste das unbedingt seine Fan-Gemeinde wissen lassen. Den kanadischen Premierminister Justin Trudeau verglich er einmal mit Adolf Hitler. Die menschliche Zivilisation bringen derlei Äußerungen eines vielbeachteten und bewunderten Menschen freilich wenig weiter. Weder auf dem von Musk mit eingeschlagenen Weg der Menschheit zum Mars noch zu einer sauberen Umwelt. 

Als sicher gilt bislang nur, dass der clevere Geschäftsmann die 44 Milliarden Dollar nicht gänzlich aus der Portokasse zahlen kann. Das sagenhafte Vermögen des Milliardärs steckt überwiegend in Aktien seiner Unternehmen. Immerhin will Musk 21 Milliarden aus der privaten Schatulle zahlen. Zur Finanzierung des Deals benötigt er dann noch 13 Milliarden von Kreditgebern, die restlichen zwölf Milliarden Dollar sollen aus der Beleihung seiner Tesla-Aktien kommen. Das wird spannend, denn Technologieaktien insgesamt sind wegen steigender Zinsen und sinkendem Wirtschafts- und Werbewachstum und der Rückkehr der Inflation nicht mehr erste Wahl auf dem Börsenparkett. Bereits 2021 musste Twitter einen Verlust ausweisen. Das Wachstum der Nutzer blieb 2021 hinter den Erwartungen zurück. Börsianer werden daher das Vorhaben genau beobachten.

Wirtschaftliche Interessen dürften Musk vermutlich weniger zum Kauf bewogen haben. Ob jedoch seine Sorge um Demokratie und Meinungsfreiheit die wahren Beweggründe sind, muss sich erst noch zeigen. Auch ob der Jungunternehmer im Medienbereich seiner Verantwortung gerecht wird.

Erste Zweifel daran bestehen bereits. Eine Pressekonferenz zur Veröffentlichung der Twitter-Quartalszahlen am 28. April soll Medienberichten zufolge bereits abgesagt worden sein. Auf diese Art und Weise Fragen der Journalisten aus dem Weg zu gehen, ist mit Pressefreiheit schlecht unter einen Hut zu bringen.

Den Fortgang der Entwicklung bei Twitter werden Journalisten aus beruflichem Interesse weiter verfolgen. Viele werden auch als gelegentliche Nutzer bei Twitter bleiben, weil sie dem gewieften Unternehmer und Visionär einfach zutrauen, aus dem Kurznachrichtendienst etwas Großes zu machen. Aber auch, weil es das einzige Produkt von Musk ist, das sie sich leisten können.

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3 Antworten

  1. Da ist es heutzutage möglich, dass eine einzelne Person wie Elon Musk so viel Geld besitzt, um für 44 Milliarden Dollar ein Unternehmen wie Twitter aufkaufen zu können. Was ist dies nur für eine pervertierte Gesellschaft?

    Da gibt es einerseits etliche Superreiche und andererseits Millionen Menschen, die morgens mit Hunger aufwachen und tagsüber kaum etwas zu essen haben. Aber zumindest gibt es eine ausgleichende Gerechtigkeit dadurch, dass alle Menschen spätestens mit 120 Jahren von der Erde abtreten müssen und auch keinen einzigen Cent mit ins Jenseits nehmen können.

    Ja, weltweit ließe sich eine gerechtere Welt schaffen, wenn die Regierenden in allen Ländern für mehr Steuergerechtigkeit sorgen würden. Selbstverständlich sollte ehrliche Arbeit auch durch entsprechenden Verdienst entlohnt werden, aber das Einkommen aller Menschen sollte in einem angemessenen Verhältnis stehen. Das ist leider heutzutage in vielen Bereichen nicht der Fall.

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    1. „Was ist dies nur für eine pervertierte Gesellschaft? “

      Das nennt sich Kapitalismus oder schöner ausgedrückt „freie Marktwirtschaft“. Ziel dieser Ordnung ist nicht eine gerechte Welt, sondern eine Teilung der Gesellschaft in eine priviligierte Oberschicht und eine Masse von abhängigen beschäftigten Menschen, die den Reichtum der Oberschicht mehren.

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  2. @Maik

    Ja, traurig, dass es so ist.

    Ich hoffe daher auf das ‚Danach‘. – In Gottes ‚Neuem Reich‘ wird es bestimmt ganz anders sein, so wie es in der Offenbarung beschrieben ist.

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