„Die seelische Inzidenz steigt“

EKD-Chef Bedford-Strohm warnt vor seelischen Folgen der Pandemie. In dieser „sehr besonderen Zeit“ brauche es die Hoffnung und Zuversicht der Osterbotschaft dringender denn je.
Von Johannes Blöcher-Weil
Heinrich Bedford-Strohm hofft, dass die Osterhoffnung Ausstrahlung auf die aktuelle Zeit hat

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat verdeutlicht, dass aktuell die „seelische Inzidenz der Menschen“ stark steige. Das sagte er am Montag im Rahmen eines Pressegesprächs. Viele Menschen habe das vergangene Jahr nicht nur finanziell, sondern auch seelisch ruiniert. Er sagte, er wünsche sich eine Kirche, die gerade jetzt die Osterhoffnung verdeutliche.

Der Theologe schaute vor allem auf die jungen Menschen: „Es ist nicht alles digital abbildbar. Der erste Kuss kann nicht auf einer iPad-Scheibe passieren“, erklärte er. Was das Virus mit der Seele anrichte und wo Menschen Kräfte für die Bewältigung der Krise herbekommen könnten, werde oft nicht gehört. Bedford-Strohm warb dafür, die Karwoche und das Osterfest sehr bewusst zu begehen.

Jesu letzte Worte am Kreuz „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ könnten die Menschen gerade jetzt gut nachvollziehen. „Aber die Verzweiflung hat nicht das letzte Wort“, verdeutlichte der EKD-Ratsvorsitzende. Am Beginn der neuen Woche feierten die Christen Ostern: „Diese Botschaft der Hoffnung müssen wir transportieren.“

Gemeinsame Botschaften und klare Impfstrategie

Es komme in den nächsten Monaten auf eine klare Haltung an: „Wir müssen einander weiter beistehen und Solidarität zeigen. Dazu gehört es auch, die Kraft aufzubringen, die Regeln einzuhalten.“ Zudem wünschte sich Bedford-Strohm möglichst gemeinsame Botschaften der Politik und eine klare Impfstrategie: „Trotz des aggressiven Virus sehe ich Licht am Horizont.“

Er selbst sprach von einer klugen Öffnungsstrategie. Diese müsse weiter im Blick haben, Menschenleben zu schützen. Bedford-Strohm berichtete von einer massiven Nachfrage in kirchlichen Beratungsstellen und der Telefonseelsorge. Auch die Gemeindepfarrer bemühten sich, den Menschen beizustehen.

Der Theologe verteidigte den Wunsch der Kirchen, an Ostern Präsenzgottesdienste durchzuführen. Die Kirche mache den Menschen Mut, digitale Angebote zu nutzen. Zugleich seien die Hygiene-Schutzkonzepte der Gemeinden für Präsenzgottesdienste so ausgereift, dass möglichst wenig passiere: „Wir müssen weiter vorsichtig sein, um die Pandemie zu begrenzen.“

Er rechtfertigte auch eine mögliche Sonderrolle der Kirche: „Es gab selten eine Zeit, in der Hoffnung und Zuversicht so wichtig waren.“

Kultur des Gönnens etablieren

„Als Christen leben wir nicht aus der Angst, sondern aus Hoffnung und Zuversicht. Wir sind immer gehalten in Gottes bergender Hand. Egal, was kommt.“ Diese Botschaft werde die Menschen auch durch die nächsten Monate tragen. Hoffnungen verknüpfte der EKD-Ratsvorsitzende mit den Modellprojekten in Tübingen und Rostock.

Er sprach sich für eine Kultur des Gönnens aus. Im Sinne der seelischen Inzidenz können bereits Geimpfte natürlich schon Kulturveranstaltungen oder Restaurants besuchen. Zugleich werde die Kirche mithelfen, mögliche Impfräume oder Notmittel für diakonische Projekte zur Verfügung zu stellen. Aber auch über Deutschland hinaus gelte es die Stimme zu erheben, wenn es zu Ungerechtigkeiten komme: „Gott ist nicht der Gott eines Landes, sondern ein internationaler Gott.“

Das Coronavirus betrachtete der Theologe nicht als Strafe Gottes. In der Corona-Krise habe Gott den Menschen aber auch die Kraft gegeben, Dinge neu zu denken und diese bewusster wahrzunehmen. Ihm selbst sei bewusst geworden, als wie wunderbar und wichtig sich bestimmte Umarmungen und der Händedruck erwiesen hätten.

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