Die Bekenntnisse des Hochstaplers Eliott White

Eliott White ist ein selbstsüchtiger Hochstapler – bis die Begegnung mit einem kleinen Mädchen sein Leben verändert. Eine Buchrezension.
Von Johannes Blöcher-Weil
Buchcover "Engelspost"

Man fühlt sich am Anfang etwas an den hartherzigen Geschäftsmann Ebenezer Scrooge aus Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte erinnert. Ein ähnliches Bild entsteht beim Leser auf den ersten Seiten des Buches „Engelspost: Die Geschichte eines Betrügers“ von dessen Hauptprotagonist Elliot White. White ist erfolgreicher Geschäftsmann, aber in seinem Inneren sieht es alles andere als positiv aus.

In der Öffentlichkeit hat er noch nie über die prägenden Ereignisse seines Lebens gesprochen. Als er 1951 in die Radiosendung „Radio Eighteen“ eingeladen wird, soll sein Leben nicht mehr von Lügen dominiert werden. White möchte sich nicht mehr verstellen und gibt einen Einblick in sein Leben, das beim Lesen für Gänsehaut sorgt. Immerhin handelt es sich beim Studiogast um einen der 100 erfolgreichsten Unternehmer der USA.

White erzählt seine Lebensgeschichte: erzogen von einer Mutter, von der er sich keine bessere hätte wünschen können und die für ihn und sein Leben kämpft. Aber auch davon, wie er im New York des frühen 20. Jahrhunderts von der Schule fliegt, auf die schiefe Bahn gerät und sich sein Geld mit Betrügereien und Gelegenheitsjobs über Wasser hält.

Eine Zugfahrt, die das Leben verändert

Dass es kein normaler Nacht-Talk im Radio wird, ahnt der Leser bereits auf den ersten Seiten. Als er sich im Zug 1913 von New York nach New Mexico aufmacht, um seine Cousine Elli zu besuchen, nimmt die Geschichte – im wahrsten Sinne des Wortes – noch einmal an Fahrt auf. Bis dahin kein großer Freund von Kindern, verändert die Begegnung mit einem kleinen Mädchen im Zug sein Leben.

Auf der Reise erfährt er, dass das Mädchen im Zug mit einer Briefmarke auf dem Mantel von einem Waisenhaus in ein anderes quer durch Amerika „verschickt“ wird. Die Begegnungen mit anderen Fahrgästen und die Erlebnisse mit dem Mädchen lassen ihn an seinem bisherigen Lebensentwurf zweifeln. Er erkennt, dass ihm Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit besser zu Gesicht stehen als die Gier, in der er sich bisher gefangen fühlt.

Gott hatte bis zum Tod seiner Mutter keine Rolle gespielt. Auch wenn ihm ein guter Freund von Gottes Gegenwart erzählte, hatte dies für ihn keine Bewandtnis. Doch ein älterer Mitfahrer und das fünfjährige Mädchen halten ihm den Spiegel vor. Weil ein Betrüger und Hochstapler wie er aus der Dummheit des Menschen Profit schlugen, konnte er sich Gott im Leben gar nicht leisten. Dass er im Laufe des Buches noch an ein anderes dunkles Kapitel seines Lebens erinnert wird, hilft ihm dabei, die Situation richtig einzuordnen.

Ohne zu viel vom Rest der Geschichte zu verraten: Sie nimmt noch die eine oder andere ungeahnte Wendung. Die Geschichte beruht auf der wahren Begebenheit, dass Kinder in den USA eine Zeit lang per Post verschickt wurden. Die Protagonisten sind der Feder der Autorin Iris Muhl entsprungen. Verständlich, kurzweilig und unterhaltsam geschrieben, zeigt sie, wie wichtig Rückgrat sein kann und sich dem Leben und dem seiner Mitmenschen zuzuwenden. Ein Buch mit Botschaft, ohne zu viel frommes Geschwafel. Dafür erstaunlich ehrlich und schonungslos offen. Vielleicht sind die 18 Euro eine Hausnummer zu hoch.

Iris Muhl, Engelspost: Die Geschichte eines Betrügers, fontis-Verlag, ISBN 9783038482185, 176 Seiten, 18 Euro.

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