Deutliche Mehrheit für „Al-Dschasira-Gesetz“

Nach langem Anlauf verabschiedet die Knesset das „Al-Dschasira-Gesetz“. Es ermöglicht das Sperren ausländischer Medien, wenn die nationale Sicherheit bedroht ist.
Von Elisabeth Hausen
Auch die Websites von beanstandeten Medien können gesperrt werden

Die israelische Regierung kann vorübergehend ausländische Medien sperren, wenn diese ein Sicherheitsrisiko darstellen. Ein entsprechendes Gesetz verabschiedete die Knesset am Montagabend in zweiter und dritter Lesung. Die Regelung gilt vorerst bis zum 31. Juli.

Das sogenannte „Al-Dschasira-Gesetz“ hat seinen Namen von dem katarischen Sender, der auch in Israel aktiv ist. Nach Einschätzung der Befürworter verbreitet er Hetze und gibt Informationen über die Armee an Israels Feinde weiter. Das Gesetz wurde mit 71 zu 10 Stimmen angenommen.

Hinter dem Vorstoß steht Kommunikationsminister Schlomo Karhi (Likud). Nach der abschließenden Lesung versicherte er, „Al-Dschasira“ werde „in den kommenden Tagen“ geschlossen. „Es wird in Israel keine Äußerungsfreiheit für Hamas-Sprachrohre geben“, zitiert ihn die Onlinezeitung „Times of Israel“.

Sicherheitsdienste müssen Positionspapier vorlegen

Mit dem neuen Gesetz erhalten Regierungschef und Kommunikationsminister die Befugnis, ausländische Medien vorübergehend zu schließen und ihre Ausrüstung zu beschlagnahmen. Wenn sich ein Server in Israel befindet, kann die Website offline gestellt werden. Sonst wird sie gesperrt. Eine Sperre ist für 45 Tage möglich, danach können die Behörden sie um 45 weitere Tage verlängern.

Als Voraussetzung müssen die nationalen Sicherheitsdienste ein Positionspapier vorlegen, das zeigt, wie die Arbeit dieser Medien der staatlichen Sicherheit konkret schadet. Eine Zustimmung des Sicherheitskabinetts ist nötig. Zudem muss eine solche Anordnung binnen 24 Stunden vor einen Gerichtspräsidenten gebracht werden. Den Richtern bleiben dann drei Tage, um zu entscheiden, ob die Dauer der Sperre geändert wird.

Kommunikationsminister Karhi sieht das Gesetz als effektives Mittel gegen diejenigen, „die die Pressefreiheit nutzen, um Israels Sicherheit und Soldaten der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte zu schaden, und die in Kriegszeiten zu Terror aufhetzen“.

Forderung bereits im Oktober

Eine Schließung von „Al-Dschasira“ wurde schon länger gefordert. Im Oktober hatte Karhis Büro mitgeteilt, die Kampagne gründe sich auf Beweisen, dass der Sender den Feind unterstütze, „indem er auf Arabisch und Englisch Propaganda in Diensten der Hamas unter Zuschauern in aller Welt verbreitet“. Zudem gebe er empfindliche Informationen an den Feind weiter, etwa über die Stationierung israelischer Truppen. Auf die Vorwürfe gab es keine Reaktion von „Al-Dschasira“ oder der katarischen Regierung.

Berichten zufolge wollte die israelische Regierung den Sender im Dezember zeitweise schließen. Doch Premier Benjamin Netanjahu (Likud) sei dagegen gewesen, weil er die Verhandlungen über eine Freilassung von Geiseln nicht negativ beeinflussen wollte. An den Vermittlungen mit der Terrorgruppe Hamas ist Katar beteiligt.

Die erste Lesung des Gesetzesentwurfes war im Februar. In der Sitzung am Montag sprachen sich Abgeordnete der arabischen Parteien „Hadasch-Ta’al“ und „Ra’am“ dagegen aus. Sie unterstellten Israel, damit das Ausmaß der Zerstörung und der zivilen Opfer in Gaza verheimlichen zu wollen. Politiker der Oppositionspartei „Israel Beiteinu“ hingegen sagten, das Gesetz gehe ihnen nicht weit genug.

USA und UN besorgt

Die USA reagierten besorgt auf die Verabschiedung. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, sagte: „Wir glauben an die Pressefreiheit. Sie ist äußerst wichtig. Die Vereinigten Staaten unterstützen die äußerst wichtige Arbeit, die Journalisten in aller Welt tun. Das schließt diejenigen ein, die über den Konflikt in Gaza berichten. Wenn diese Berichte wahr sind, geht uns das etwas an.“

Der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stephen Dujarric, äußerte sich laut der „Jerusalem Post“ ähnlich: „Jede Einschränkung des Rechts von Journalisten, irgendwo in der Welt zu agieren, ist zutiefst besorgniserregend. Und wir sehen, offen gesagt, überall in der Welt den negativen Trend in dieser Hinsicht“, sagte er vor Journalisten in New York.

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