Bolsonaro will Verfassung respektieren

Bei der Stichwahl in Brasilien ist Amtsinhaber Jair Bolsonaro seinem Konkurrenten Luiz Inácio Lula unterlegen. Der Verlierer hat entgegen Befürchtungen den Machtwechsel im Land frei gemacht.
Der rechts-konservative Jair Bolsonaro ist seit Januar 2019 der Präsident Brasiliens und beliebt bei evangelikalen Christen

Am Sonntag hat Luiz Inácio Lula die Stichwahl um das Präsidentenamt in Brasilien gewonnen. Amtsinhaber Jair Bolsonaro hat sich bislang nicht zum Ausgang der Wahl geäußert. Mehr als 48 Stunden nach seiner Wahlniederlage erklärte Bolsonaro nun öffentlich: „So lange ich Präsident der Republik bin, werde ich die Verfassung weiterhin respektieren“, sagte der Politiker am Dienstag (Ortszeit) in einer knapp dreiminütigen Ansprache.

Den Wahlsieg Luiz Inácio Lula da Silvas erkannte er dabei nicht explizit an. Kabinettschef Ciro Nogueira verkündete, er sei von Bolsonaro „ermächtigt, den Prozess der Machtübergabe einzuleiten“.

Bolsonaro hatte am Sonntag knapp die Stichwahl um das Präsidentenamt verloren. Sein Schweigen hatte Befürchtungen geschürt, er werde seine Anhänger zu Protesten gegen das Wahlergebnis aufrufen.

In seiner Ansprache erwähnte Bolsonaro auch seine Unterstützer, die in den vergangenen Tagen zahlreiche Fernstraßen im ganzen Land blockiert hatten. „Die aktuellen Demonstrationen sind das Ergebnis von Empörung und einem Gefühl der Ungerechtigkeit über die Art und Weise, wie der Wahlprozess durchgeführt wurde“, sagte Bolsonaro. „Friedliche Demonstrationen werden immer willkommen sein“, fügte er hinzu.

Derweil gingen die Blockaden von Lkw-Fahrern in Teilen des Landes weiter. Sie zählen zu den wichtigsten Wählergruppen Bolsonaros und sind dafür bekannt, mit ihren Blockaden ein wirtschaftliches Chaos zu verursachen. Die Autobahnpolizei versuchte, die Blockaden aufzulösen. In der Nacht zu Mittwoch kam es laut der Tageszeitung „Folha de São Paulo“ im Bundesstaat São Paulo zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Lula, der Brasilien bereits von 2003 bis 2011 regierte, hatte bei der Stichwahl knapp 50,9 Prozent der Stimmen gewonnen. Auf Bolsonaro entfielen 49,1 Prozent. Es war das knappste Ergebnis zwischen zwei Finalisten einer Präsidentschaftswahl in Brasilien nach der Militärdiktatur (1964-1985).

epd
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5 Antworten

  1. „Bolsonaro will Verfassung respektieren.“ Na, das ist ja wohl das Mindeste, was man erwarten darf, zumals von einem Christen…

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  2. Der Aufmacher des Artikels klingt gerade so, als wäre doch alles halb so schlimm und der Präsident ein treuer Diener der Verfassung entgegen aller unkenden Befürchtungen im Vorfeld.
    Fakt ist, dass wesentliche Repräsentanten des Staates das Wahlergebnis anerkannt haben. Ferner kam von den Spitzen des Militärs die eindeutige Zusage, dass ein Militärputsch völlig außer Frage stände. Und schließlich haben weite Teile der lokalen Sicherkräfte zugesagt, dass sie gegen gewaltätige und/oder blockierdende Anhänger Bolsonaros mit aller Entschiedenheit vorgehen wollten. Damit war klar, dass Bolsonaro keinerlei Machtoption mehr offen stand. Die Niederlage anerkannt hat er aber nicht.
    Und wenn man sich die verwirrten Gebetsgemeinschaften auf den Straßen Brasiliens anschaut, die gar nicht fassen können, dass Gott Jair Messias [!] Bolosonaro doch nicht den Sieg geschenkt hat, den die göttliche Vorhersehung doch eigentlich hätte bescheren sollen, wird deutlich, wie vergiftet die Situation ist und welch toxische Glaubensvorstellungen in Teilen des Evangelikalismus herrschen. Das konnte und kann man ja nach wie vor auch in den USA besichtigen.

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    1. PS In dem vorangehenden Artikel zu diesem Thema hat mir ein gewisser @Wonder vorgeworfen in einer Meinungsblase zu leben und unter Unkenntnis der „seriösen Medien“ Bolsonaro Ungehöriges zu unterstellen. Ich bin allerdings in der Lage die brasilianischen Medien im Original zu verfolgen – soviel zu denen, die meinen Namen immer als Pseudonym diskreditieren möchten – und beschäfige mich akademisch mit Brasilien respektive der dortigen Kirchentümer und deren Einfluss (bzw. Nicht-Einfluss) in Europa (vor allem in Portugal). Es ist ziemlich offensichtlich, dass sich Boslonaro nicht als treuer Verfassungsfreund erwiesen hat, sondern ihm schlicht die Felle davon geschwommen sind.

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      1. Niemand hat Sie diskreditiert aufgrund Ihres Namens, der erst nach Internet-Recherche als portugiesischer erkennbar wird.

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  3. Natürlich hat sich jeder vernünftig denkende Mensch viel lieber Bolsonaro, als einen mit begründeten Korruptionsvorwürfen behafteten Sozialisten gewünscht. Dennoch ist es ein Zeichen von Stärke, dass Bolsonaro sachlich und ohne Aggression auf das Wahlergebnis reagiert, auch wenn es bestimmte Meinungsmacher gern anders gesehen hätten.
    Billigste Polemik ist es dann, wenn hier Kommentatoren versuchen, auch das noch zu verdrehen und für ihre politische Propaganda und festgefahrene Meinung zu missbrauchen.

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