Apartheid in Israel: Ja, nein, vielleicht?

Die Vollversammlung des ÖRK geht zu Ende. Am letzten Tag nehmen die Delegierten eine Nahosterklärung an, in der auch der Apartheidsbegriff im Sinne des Völkerrechts vorkommt.
Israel

Der Weltkirchenrat hat zum Abschluss seiner in Karlsruhe tagenden Vollversammlung zu einem gerechten Frieden im Nahen Osten aufgerufen. „Wir sind der Meinung, dass nur durch ein Ende der Besatzung und eine gerechte, umfassende und dauerhafte Friedensregelung die Sicherheit sowohl der Palästinenser als auch der Israelis gewährleistet werden kann“, heißt es in einer am Donnerstag von den 655 Delegierten entgegengenommenen Erklärung.

Uneinig sind die 352 Mitgliedskirchen allerdings bei dem Begriff „Apartheid“, der in der Erklärung enthalten ist. Darin erklärt der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) Israel nicht zum Apartheidstaat. Vor einer Bezeichnung Israels als Apartheidstaat durch den ÖRK hatten vor der

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Tagung vor allem Antisemitismus-Beauftragte und jüdisch-christliche Verbände gewarnt. In dem Statement wird allerdings darauf hingewiesen, dass internationale, israelische und palästinensische Menschenrechtsorganisationen die Politik und die Maßnahmen Israels als „Apartheid“ im Sinne des Völkerrechts beschreiben.

In einer überarbeiteten Fassung wird betont, dass einige ÖRK-Mitgliedskirchen eine solche Bewertung für richtig halten, andere diese Bezeichnung als unangebracht ablehnen. Dazu sagte die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, am Dienstagabend vor dem Plenum: „Aber, das sage ich an dieser Stelle in aller Deutlichkeit, als Leiterin der EKD-Delegation: Wir werden von Israel nicht als einem Apartheidstaat sprechen.“

Verbundenheit mit Juden

 „Ich weiß, dass diese tiefe Verbundenheit mit unseren jüdischen Geschwistern, die zur DNA unserer deutschen protestantischen Kirchen und unserer deutschen Gesellschaft insgesamt gehört, für viele internationale kirchliche Partner schwer nachvollziehbar ist“, heißt es in der schriftlichen Erklärung Bosse-Hubers weiter, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.

Diese tiefe Verbundenheit mit Israel sei für die deutschen Kirchen „ein kostbares und unverdientes Geschenk: Sie ist auf dem Boden unendlicher deutscher Schuld, auch der Mitschuld unserer eigenen Kirchen, entstanden“, fügte Bosse Huber in ihrer Erklärung hinzu. Auf dem Hintergrund „dieser doppelten Solidarität mit Israel und Palästina werden wir auch in Zukunft zusammen mit unseren Geschwistern auf beiden Seiten des Konflikts für einen verlässlichen und gerechten Frieden im Nahen Osten kämpfen“.

Der Ökumenische Rat der Kirchen, auch Weltkirchenrat genannt, steht seit Jahren in der Kritik, im Nahost-Konflikt einseitig Partei für die Palästinenser zu ergreifen. Immer wieder weist der Weltkirchenrat diese Vorwürfe zurück. Der ÖRK verurteile „jegliche Form von Gewalt, egal ob sie in den besetzten palästinensischen Gebieten vom Staat Israel ausgeht oder von bewaffneten palästinensischen Gruppen auf dem Gebiet des Staates Israel“, erklärte der geschäftsführende ÖRK-Generalsekretär Ioan Sauca zuletzt nach einem Besuch in der Krisenregion Mitte Juli.

Auf der neuntägigen ÖRK-Vollversammlung trafen sich vom 31. August bis 8. September 655 Delegierte und mehr als 2.000 weitere Teilnehmer aus allen Regionen der Welt zum Thema „Die Liebe Christi bewegt die Welt zu Versöhnung und Einheit“.

epd
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10 Antworten

  1. Der ÖRK als christliche Dachorganisation muss doch wissen, dass Israel, eine besondere Bedeutung im christlichen Verständnis hat, was aber auf der anderen Seite Menschenrechtsverletzungen nicht rechtfertigt, die von israelischer Seite gemacht werden. Israel muss kritisiert werden, auf der anderen Seite muss das Existenzrecht Israels anerkannt werden. Es darf in den palästinensischen Gebieten keine Grundstückbesetzungen durch Juden mehr geben. Genauso müssen aber auch die Nadelstiche aus dem Gaza aufhören. Wegen dieser Gemengelage der Gedanke, die Politik von Israel als Apartheid zu vergleichen absolut unverständlich. Zudem leben in Israel selbst so viele Muslime mit eigenen Parteien. Wer von Apartheid heute redet sollte vielleicht die Situation der Sinti und Roma anschauen oder der Umgang mit muslimischen Minderheiten im Ostasien wie in China.

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  2. Ganz egal wie man nun das Wort beurteilt: Es gibt in dem Konflikt eine haushoch überlegene Seite und eine haushoch unterlegene Seite. Ernsthafte Impulse zur Lösung des Konflikts, können eigentlich nur von der stärkeren Seite ausgehen. Leider hat diese Seite aber kein Interesse daran, da die negativen Auswirkungen für sie verschmerzbar sind. Das liegt auch daran, das die Kosten von anderen getragen werden.

    Faktisch müssten also UNO und EU die stärkere Seite zur einer Konfliktlösung drängen. Leider sind aber auch diese beiden Institutionen unfähig oder unwillig. Somit liegt eine Lösung leider noch in weiter Ferne.

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    1. Die „stärkere Seite“ hat schmerzlich erfahren, wohin die Initiative „Land für Frieden“ sie gebracht hat, als sie den Gazastreifen räumte.

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      1. Die Siedlungen im Gazastreifen waren nur ein kleiner Teil der illegalen Siedlungen. Die meisten illegalen Siedlungen im WJL blieben jedoch. Außerdem gab es keinerlei Verhandlungen und somit keinerlei Perspektive auf eine Lösung des Gesamtkonflikts.

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  3. „Wer Antisemitismus sehen will, muss in Berlin nur auf die Straße gehen oder in palästinensischen Schulbüchern blättern, mit denen auch an UN-Schulen gelehrt wird. Israel kommt dort nicht vor. Auch nicht der Holocaust. Dafür wird der Terror verherrlicht.“ FAZ
    Seltsam, dass der Fokus der ganzen Welt auf Israel und angeblicher Grausamkeiten gegenüber den Palästinenser gerichtet ist. Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten, einschließlich freier Presse, aber das Herz der Leute schlägt magischerweise für die Araber und man drückt beide Augen zu wenn es um Unterdrückung und Missachtung elementarer Menschenrechte geht. Frauen, Schwule, Juden, Christen, Fremdarbeiter, wer von den genannten kann in den Nachbarstaaten einigermaßen frei leben ?
    Lasst mich in Ruhe mit eurem feinem Sinnesorgan das jedes kleine Unrecht gegenüber den Arabern empfindlich misst. Ich nehme euch eure vorgetäuschte Empfindsamkeit nicht ab, ihr seid irregeleitet und leitet andere in die Irre !

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  4. „Israel kommt dort nicht vor.“

    Palästina und die Nakba kommen übrigens in israelischen Schulbüchern auch nicht vor.

    „…einschließlich freier Presse…“

    Allerdings mit einer Militärzensur, die für Demokratien höchst ungewöhnlich ist.

    „aber das Herz der Leute schlägt magischerweise für die Araber“

    Das ist die Empathie mit einem unterdrückten Volk. Eigentlich ganz normal und nicht „magisch“.

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    1. Eine Militärzensur würde Deutschland zur Zeit auch gut tun. Ich muss nicht alles breit treten was Richtung Ukraine geliefert wird. Wer in Israel war sieht wie es im kleinen zwischen Arabern und Juden gut funktioniert. Fraglich ist natürlich warum ein jüdischer Isareli nicht nach Bethlehem darf, der muslimische Busfahrer mit israelischem Pass aber problemlos in die Autonomiegebiete fahren kann.
      Vergessen werden auch die „nein von Karthoum“ in der seitens der arabischen Länder jede Zusammenarbeit und jede Anerkennung Israels ausgeschlossen wurde, das 1967 schon Gebietsrückgaben gegen Frieden vorgeschlagen hat. Das wurde von arabischer Seite abgelehnt. Die Westbank war vor 1967 jordanisch besetzt. Leider sind die jüdischen Truppen nicht bis zum Jordan gekommen im Jahr 1948. Was die meissten als Grenzen von 1967 bezeichnen sind ja nur die Waffenstillstandslinien.

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  5. Wer sich wirklich einmal informiert, wie Israel seinen Feinden hilft, medizinisch, mit Arbeitsstellen in Israel etc. -und diese Informationen kann man bekommen, wenn man will, im Netz und anderweitig-, wenn man sieht, mit welcher Feindesliebe Israel den Palästinensern begegnet, dann ist eine Bezeichnung wie „Apartheidstaat“ für Israel geradezu nur eine ganz, ganz tiefe Beleidigung – und völlig daneben. Wenn sich selbst ein Christen-Gremium wie der ÖRK meint, gegen Israel Stellung beziehen zu müssen, dann stimmt was nicht – in den Köpfen!!

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    1. Warum gibt es dann trotz aller „Feindesliebe“ keine ernsthaften Anstrengungen Israels zur Lösung des Konfikts?

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    2. Daher sind Seiten wie Israelnetz so wichtig die uns zeigen dass man als Araber in den Siedlungen das doppelte verdienen kann, wie bei arabischen Arbeitgebern.

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