Die FDP-Politikerin Sandra Bubendorfer-Licht, Lars Castellucci von der SPD und Konstantin von Notz von den Grünen dringen auf neue Gespräche über die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen. „Den eindeutigen Verfassungsauftrag weiter zu ignorieren, ist in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft immer weniger begründbar“, schreiben sie in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Die von Union und SPD getragene Bundesregierung plant derzeit keine Initiative zur Ablösung dieser staatlichen Zahlungen an die Kirchen, die auf die Enteignung kirchlichen Vermögens im Zuge der Säkularisierung Anfang des 19. Jahrhunderts zurückgehen.
Die drei Autoren des Beitrags waren bis zur Neuwahl des Bundestags im Februar als Berichterstatter ihrer Fraktionen für das Thema zuständig. Die Koalition von SPD, Grünen und FDP hatte 2021 vereinbart, eine gesetzliche Regelung für das Ablösen der Zahlungen an die Kirchen zu schaffen. Dazu kam es vor allem wegen Widerstands aus den Bundesländern aber nicht.
Bubendorfer-Licht, Castellucci und von Notz schreiben in dem Zeitungsbeitrag, eine Ablösung der Staatsleistungen läge im Eigeninteresse von Staat und Kirchen. „Im Interesse des säkularen Staates, der nicht die Aufgabe hat, Religionsgemeinschaften zu alimentieren, noch dazu auf so einseitige und wenig plurale Weise. Aber auch im Interesse der Kirchen, die sich nicht dem Vorwurf ungerechtfertigter Privilegien ausgesetzt sehen wollen“, argumentieren sie.
Finanzielle Freiräume für Bildung und innere Sicherheit
Schließlich wäre der gesamten Gesellschaft gedient, der schlussendlich mehr Steuergelder zur Verfügung stünde. Zwar hätte die von der Vorgängerkoalition geplante Ablösung der Staatsleistungen zunächst bedeutet, dass noch einmal Geld aufgewendet werden muss, schreiben Bubendorfer-Licht, Castellucci und von Notz: „Doch am Ende, nach der Ablösung, wären die Länderhaushalte um einen Betrag von jährlich 600 Millionen Euro ansteigend entlastet gewesen. Und damit wären dringend benötigte Freiräume geschaffen worden für die wichtigen Aufgaben, von Bildung über Integration bis zur inneren Sicherheit.“
Staatsleistungen erhalten die Kirchen als Entschädigung für die Enteignung kirchlicher Güter und Grundstücke im Zuge der Säkularisierung vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts. Geleistet werden die Zahlungen, die in der Weimarer Verfassung von 1919 geregelt wurden, von den Bundesländern. Sie summieren sich auf mehr als 600 Millionen Euro pro Jahr, wobei die Höhe von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfällt. Der Auftrag zum Ablösen der Leistungen steht im Grundgesetz.
Als einen zukunftsweisenden Vorschlag für eine Wiederbelebung der Debatte sehen die Politikerin der FDP und ihre Kollegen von SPD und Grünen, Kirchengebäude auf staatlichem Grund sowie Kirchen im Staatseigentum als Teil der Ablösungs- und Verhandlungsmasse zu sehen. „Man könnte staatlichen Grund, auf dem sich Kirchen oder kirchliche Gebäude befinden, übertragen. Im Staatseigentum stehende Kirchengebäude könnte man den Kirchen, die diese Gebäude tatsächlich nutzen, zum Tausch anbieten“, schreiben sie. Und es wäre aus ihrer Sicht denkbar, dass die Länder einen Teil der Ablösung der Staatsleistungen nicht als konkrete Summe zahlen, sondern umgekehrt Baulasten übernehmen und die Kirchen damit entlasten. „Dieser Vorschlag öffnet dem Staat zugleich die Möglichkeit, diese Bauwerke als Gemeinschaftsorte für die Gesamtgesellschaft zu sichern“, argumentieren Bubendorfer-Licht, Castellucci und Notz.