Meinung

Abtreibungsparagraf streichen: Warum es wohl nicht so weit kommen wird

Politiker von SPD und Grünen wollen den Abtreibungsparagrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch streichen. Doch so einfach ist das nicht. Und das liegt nicht nur am Widerstand der FDP.
Von Nicolai Franz
Positive Schwangerschaftstests

Tun sie’s oder tun sie’s nicht? Seit Monaten kündigen Politiker von SPD und Grünen an, eine Kommission einzusetzen. Diese soll unter anderem die Aufgabe haben, eine Streichung des Abtreibungsparagrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch zu prüfen. Doch wohin man auch hört: Es geschieht nichts. Das beginnt bei der Frage der Zuständigkeiten. Wer setzt die Kommission eigentlich ein? Die Finger zeigen auf das Gesundheitsministerium. Doch das antwortet auf PRO-Anfrage: „Die Abstimmungen hierzu laufen noch.“

Der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch regelt Abtreibungen in Deutschland, zum Beispiel die Fristenlösung oder die Beratungspflicht (218a). Grüne und SPD hatten schon in ihren Wahlprogrammen auf eine Streichung des Paragrafen gedrungen. Als das Werbeverbot für Abtreibung fiel (219a), hatten sie noch die FDP an ihrer Seite. Doch Abtreibungen ganz aus dem Strafgesetzbuch verbannen? Da machen die Liberalen nicht mit. Sie konnten sich im Koalitionsvertrag nur dazu durchringen, eben jener Kommission zuzustimmen.

Paragraf 218 ist durch die Verfassung geboten

Doch selbst wenn es diese Kommission irgendwann gibt, stehen die Karten für eine ersatzlose Abschaffung des Abtreibungsparagrafen denkbar schlecht. Dem entgegen steht nämlich eine wegweisende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, zum Beispiel aus dem Jahr 1993. Eindeutig urteilte das Gericht, dass das „vorgeburtliche/werdende Leben“ geschützt werden müsse. Die beiden Paragrafen im Strafgesetzbuch hatten also die Funktion, eine Balance zu schaffen zwischen dem Selbstbestimmungsrecht von ungewollt schwangeren Frauen und dem Lebensrecht des ungeborenen Menschen.

Das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen hat die Ampel bereits gestrichen. Das Schutzkonzept des Staates hat damit bereits einen Teil verloren. Wenn die Beratungspflicht und die Fristenlösung ebenfalls wegfallen, tut der Staat nichts mehr dafür, um ungeborenes Leben zu schützen.

Wenn die Bundesregierung also weiter Hand anlegen will an das Schutzkonzept, müsste sie zumindest an anderer Stelle ein ähnliches Gesetz erlassen. Das wollen die Protagonisten in dieser Frage aber nicht. Kurz: Eine ersatzlose Streichung des Abtreibungsparagrafen wäre eindeutig verfassungswidrig. Und um das zu erkennen, braucht es auch keine Kommission.

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4 Antworten

  1. Hoffentlich fällt er NICHT, der § 218 StGB. Ich hoffe und glaube nicht, dass er fällt. Obwohl er letztlich nicht DAS ist, was ich mir vorstelle.

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    1. Zum Urteil des BVerfG siehe hier:
      „Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, menschliches Leben, auch das ungeborene, zu schützen. Diese Schutzpflicht hat ihren Grund in Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde)“
      „Der Schwangerschaftsabbruch muß für die ganze Dauer der Schwangerschaft grundsätzlich als Unrecht angesehen und demgemäß rechtlich verboten sein (Bestätigung von BVerfGE 39, 1 [44])“
      „Der Schutzauftrag verpflichtet den Staat ferner, den rechtlichen Schutzanspruch des ungeborenen Lebens im allgemeinen Bewußtsein zu erhalten und zu beleben.“
      https://servat.unibe.ch/dfr/bv088203.html

      Zumindest in Bezug auf das Lebensrecht haben sich Grüne und SPD als verfassungsfeindliche Parteien entlarvt.

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  2. Bleibt die Frage, ob uns das Grundgesetz tatsächlich vor der Barbarei schützen kann?

    Immerhin legt ja das Bundesverfassungsgericht den Zusammenhang des Lebensrechts des Ungeborenen mit dem Menschenrecht nach Art. 1 GG, Menschenwürde, dar. Dieser Grundsatz darf niemals aufgegeben werden (Ewigkeitsklausel des GG).

    Dennoch hat der Verfassungsrichter Böckenförde darauf verwiesen, dass nur der gemeinsame Wertekonsens eines Volkes Rechtssicherheit und Menschenrechte sicherstellen kann:
    „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.
    Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt,
    von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen
    und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert.“

    Eine Gesellschaft, die ihre christliche Überzeugung aufgibt wird eine kalte und rücksichtslose Gesellschaft werden. Eine Gesellschaft, in der das Recht des Stärkeren zum Maßstab wird.

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    1. „Eine Gesellschaft, die ihre christliche Überzeugung aufgibt WIRD eine kalte und rücksichtslose Gesellschaft werden. […] in der das Recht des Stärkeren zum Maßstab WIRD.“

      Sie schreiben im Futur. Und machen diese Entwicklung abhängig von der Frage der Abtreibung.
      Unsere Gesellschaft IST bereits kalt, rücksichtslos und seit Jahrtausenden gilt das Recht des Stärkeren! Wir haben in wesentlichen Lebensbereichen inmernoch nicht die christliche Überzeugung verankert, die Jesus vorgelebt und gelehrt hat.
      -Wir leben in einer egozentrischen LEISTUNGsgesellschaft, in der es immer darum geht, besser zu sein als der andere, die Ellenbogen auszufahren, um sich das Beste zu sichern etc.
      – Wir leben in einer KONSUMgesellschaft, die inmernoch glaubt, es sei Inhalt und Ziel einer Wirtschaft, immer mehr zu produzieren und zu konsumieren. Das geschieht schon sehr lange sehr rücksichtslos auf Kosten der Schwächeren dieser Welt, durch Ausbeutung, Sklaverei, Kinderarbeit…
      – Wir leben inmernoch in einer vom Patriarchat geprägten Gesellschaft, in der das Recht des vermeintlich stärkeren Mannes über die schwächeren Frauen & Kinder gilt. Übrigens auch hinsichtlich der Abtreibung. Denn einer der meistgenannten Gründe für Abtreibung ist der Druck des Kindsvaters auf die Frau. Und dann machen auch noch allen voran (ältere) Männer Druck auf diese Frauen, nicht abzutreiben. Die nie in der Lage waren und sein werden, schwanger zu sein oder ob ihres Alters in einem Lebensabschnitt der Familienplanung sind – also Menschen, die gar nicht in der Lage der Frauen sind. Das finde ich kalt und rücksichtslos.

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