Rassismus ist in der Kirche verwurzelt – Podcast mit Sarah Vecera

Rassismus ist tief in der Kirche verwurzelt, sagt Sarah Vecera, Autorin des Buchs „Wie ist Jesus weiß geworden?“. Im PRO-Podcast spricht sie darüber, wie sie selbst Diskriminierung erlebt hat und plädiert für sensible Sprache – auch im Bücherregal.
Von Anna Lutz
Sarah Vecera und Anna Lutz

Für die meisten Menschen in Mitteleuropa ist Gott ein weißer alter Mann mit langem Bart. Davon ist die Antirassismustrainerin Sarah Vecera überzeugt – und versucht, es zu ändern. Sie selbst stelle sich Gott als schwarze Frau vor, erklärt sie im PRO-Podcast. Vecera ist auch Religionspädagogin und hat zuletzt den Silvestergottesdienst in der ARD mitgestaltet.

Glaube. Macht. Politik.
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(17) Rassismus ist in der Kirche verwurzelt (mit Sarah Vecera)
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Das Bild eines weißen Jesus bekämen viele, sogar sie selbst, nur schwer aus dem Kopf, auch wenn es historisch falsch sei. In Kirchen, Kinderbibeln und in der Kunst werde Jesus bis heute oft als Mitteleuropäer mit weißer Haut und hellen Haaren dargestellt. 

Zufall ist das nicht, sagt sie. In der Kolonialzeit sei es nicht gewollt gewesen, dass Jesus wie diejenigen ausgesehen hätte, die unterdrückt wurden, in der Nazizeit sei er als Arier gezeigt worden. Immer entsprechend der Machtbestrebungen der politisch Herrschenden. 

Dass nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Kirche ein Rassismusproblem habe, sei Vielen nicht bewusst. Doch eine Kirche, die in einer pluralen Gesellschaft bestehen wolle, müsse sich damit auseinandersetzen. Ein Fünftel der Menschen in Deutschland hätte eine Migrationsgeschichte. „Wir in der Kirche haben die Lebenswirklichkeit vieler Menschen nicht im Blick“, sagt Vecera deshalb. Sie wünscht sich, dass die Kirche mehr Finanzen bereitstellt und auch Stellen schafft, die sich mit dem Thema Rassismus beschäftigen. 

Sie selbst habe als Person of Colour, also als nichtweißer Mensch, Zeit ihres Lebens gemerkt, dass sie „anders“ sei und Vorurteile erfahren, schon in der Schule. Unter anderem aus diesem Grund sei sie heute keine Pfarrerin. Sie habe sich das Theologiestudium schlicht nicht zugetraut. 

Deshalb legt sie heute besonderen Wert auf sensible Sprache. Im Bücherregal ihrer Kinder finde sich weder Pipi Langstrumpf noch Jim Knopf oder Winnetou. „Der Vater von Pipi herrscht über schwarze Menschen“, erklärt Vecera das. Sie wolle rassistische Stereotype nicht aktiv an ihre Kinder weitergeben.

Dennoch ist sie gegen Verbote und Verbannungen. Stattdessen müsse sich die Gesellschaft dahin entwickeln, die Stereotypen in diesen Büchern anzusprechen und zu erklären. Denn jeder sei mit ihnen konfrontiert. „Mein Traum ist es, in einer Gesellschaft zu leben, in der es diesen Rassismus nicht mehr gibt. Aber so lange das nicht so ist, müssen wir mit Kindern darüber reden.“

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7 Antworten

  1. Für mich hört sich diese Vorbehalte gegen „Pippi Langstrumpf“ etc. mehr nach zeitgeistigem Jakobinertum an, als nach Offenheit, Toleranz und Bildung.
    Denn Bildung wäre durchaus in der Lage Stereotype im Kontext einzuordnen und würde den eigenen Kindern nicht einen Teil der Literatur vorenthalten.

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  2. Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde“… das lernte ich in der Sonntagschule gemeinsam mit dem Zusatz: „Du sollst dir kein Bildnis von Gott machen.“
    Ich bin in einer Freikirche sozialisiert, in der es weder Bilder von Gott, Jesus oder irgendwelchen Heiligen gab, noch ein Kreuz.
    Aber – und das ist für mich in dem Zusammenhang mit dem Artikel – der springende Punkt, wenn ich nach Gottes Bild geschaffen bin, ein weißes kleines Mädchen, heute eine alte weiße Frau, ist auch Gott, wenn ich mir schon eine „leibliche Vorstellung“ von ihm und Jesus mache, den Menschen meines Kulturkreises ähnlich. Als nördliche Mitteleuropäerin entsprachen am ehesten „weiße“ (wer ist schon wirklich weiß oder wirklich schwarz oder wirklich braun?) Menschen darum meiner Vorstellung von Jesus…
    Ich finde, die Rassismus-Debatte geht an dieser Stelle viel zu weit. Allerdings gebe ich zu, dass „natürlich“ Missionare ihre „Bilder“ auch nach Afrika, Asien oder Amerika transportierten. Man kann das Schuld nennen, aber ich gebe doch zu bedenken, dass die damaligen Verhältnisse grundsätzlich anders waren als heute, das Sendungsbewusstsein der Missionare dem Missionsbefehl Jesu entsprach und nicht einem nach heutiger Sicht rassistisch geprägten Dünkel.
    Im Licht der heutigen Aufklärung sind wir schnell bereit, alles unter „Rassismus“ zu sortieren.
    Sollten wir nicht lieber den Grundsatz der „Gottesebenbildlichkeit“ für alle Menschen ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellen, statt mit Schuldzuweisungen die wunderbare Zusage „wir sind alle Gottes Kinder“ in aller Schärfe dahingehend zu beurteilen, wer wem in aller Naivität der damaligen Zeit Unrecht getan hat?
    Mache ich es mir damit zu einfach?

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  3. Anstatt sich mit solch weltlichen Themen zu beschäftigen, sollte man sich vielleicht einfach in Bescheidenheit und Demut üben, still mit Geschwistern Gottesdienst halten, die Heilige Schrift lesen und sich Biblisches predigen lassen. Das ist aber heute unmodern – Gott reicht nicht, man möchte unbedingt weltliche Politik machen.

    Yeshua Ha’Mashiach war weder schwarz noch ein abgemagert aussehender Norweger mit blonden oder rotbraunen Haaren. Er sah schlichtweg so aus, wie die Juden in Israel aussehen: weiße oder hellbraune Haut. Israel liegt in Asien, nicht in Afrika und auch nicht in Europa. Selbst Syrer, Libanesen & Co haben ziemlich oft helle bis weiße Haut. Daß der weiße Jesus sich als Bild in der Welt verbreitet hat, liegt auch nicht am bösen Kolonialismus, sondern schlichtweg daran, daß es damals noch keine Fotos gab und sich die ersten Christen immer mehr und auch recht schnell in den europäischen Raum ausgebreitet haben. Die Menschen hatten in der überwältigenden Mehrheit schlichtweg nicht das Wissen darüber, wie nun alle möglichen Menschen auf der ganzen Welt aussehen oder aussehen könnten. Insofern verwundert es nicht, daß sich die Christenheit, die als erstes in Europa (!) riesengroß wurde, im Laufe der Jahrhunderte Jesus eben „nordisch“ vorgstellt hat. Adam und Eva werden auf Bildern sehr früher Jahrhunderte übrigens mit Bauchnabel dargestellt; ziemlich unlogisch. Sehr viele wußten nichts über Geburten und was es mit der Nabelschnur auf sich hat.

    In meine Brüdergemeinde in FFM gehen afrikanische Geschwister, die sich nicht so wichtig nehmen. Wir lieben einander.

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    1. Das Problem um das es hier für mein Verständnis geht ist, dass für viele Jesus weiß IST. Das war er aber nicht. Mit dem weißen Jesus wird dann, oft natürlich unbewusst, ein Herrschaftsanspruch der Weißen verknüpft. Die Problematik ist nicht einfach zu lösen. Denn es ist einerseits gut, dass jede Kultur Jesus zu sich holt, eine Krippe im alpenländischen Stil, Gottesdienst auf schwäbisch sind für meinen Glauben hilfreich, genauso wie ein schwarzer Jesus wahrscheinlich für Menschen mit dieser Hautfarbe. Andrerseits muss man immer mehr von Zeit und Umwelt Jesu erforschen, damit ich verstehen kann, was da berichtet wird. Als ich jetzt die Hochzeit zu Kanaan in der Serie „the chosen“ angeschaut habe, wurde mir wieder bewusst, wie sehr meine Vorstellung europäisch geprägt ist, eine orientalische Hochzeit ist ganz anders als ich es mir vorgestellt habe. Um auf Ihren Kommentar zurück zu kommen: vielleicht sollten wir weißen uns mal nicht so wichtig nehmen…

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  4. Das geht einfach zu weit!!! Ein weisser Herrscher über Schwarze ist schlecht und umgekehrt ist es dann gut? Es geht darum wie jemand sein Amt ausübt. Ein schwarzer Kriegstreiber wird kein besserer Mensch durch seine Hautfarbe. Hier muss einfach klar und deutlich widersprochen werden. So löst man die bestehenden Probleme mit dem Thema nicht.
    Wir sollten bei anderen Themen anfangen. Bei vielen jungen Männern unter 35 fällt auf dass Frauen weniger Wert sind wie Männer und Kinder heute auch noch so erzogen werden. Wir haben nicht mal das geschafft und jetzt schmeißen wir Winnetou aus den Kinderzimmern. Der respektvolle Umgang zeigt sich nicht in vielen Worten oder Sprachverboten sondern ganz praktisch wie Beziehungen im Alltag gepflegt werden.

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    1. Wo steht, dass Frau Vecera es umgekehrt will? Das ist mal wieder die altbekannte Methode von Populisten: übertreiben! Es geht doch darum, dass jede Gesellschaft wählen darf, wer besondere Ämter hat und nicht Sieger=Kolonialisten über die Besiegten bestimmen.

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  5. Ich stelle mir Gott nicht lieblich vor. Weder als weißen Mann noch schwarze Frau. „Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten“, hat uns Jesus im Johannes Evangelium Kapitel 4 gelehrt. „Der Vater sucht solche Anbeter.“
    Ich weiß auch nicht wie ich mir Gott, der über aller Schöpfung und größer als das Universum ist, irgendwie als leibliche Person vorstellen sollte. Komische Ideen haben die Leute.

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