400 evangelikale Pastoren in Russland verurteilen Ukraine-Krieg

Mehr als 400 evangelikale Leiter in Russland haben sich in einem offenen Brief gegen die Kriegshandlungen in der Ukraine ausgesprochen. Ein amerikanischer Journalist bemerkte anerkennend, dass diese Menschen Strafe durch die russische Regierung fürchten müssen.
Von Jörn Schumacher
Eine Frau demonstriert für die Ukraine und gegen Putin

In einem offenen Brief, den sie im Internet veröffentlichten, haben 400 evangelikale geistliche Leiter aus verschiedenen Orten in Russland das „sinnlose Blutvergießen“ unschuldiger Menschen in der Ukraine verurteilt. Zu den Unterzeichnern gehören laut einem Bericht der amerikanischen Nachrichtenwebseite Christianity Today Pastoren aus Baptisten- und Pfingstkirchen sowie andere geistliche Leiter aus Moskau, Sankt Petersburg und anderen Städten in Russland.

Der Text war am 2. März auf der Webseite des evangelikalen Verlages „Mirt Publishing House“ in Sankt Petersburg veröffentlicht worden. Das Schriftstück bekam nach zwei Tagen mehr als 400 Unterschriften, dann wurde es von der Website entfernt.

„Unsere Armee beteiligt sich an feindlichen Handlungen in anderen Ländern, sie wirft Bomben und Raketen auf Städte in unserem Nachbarland Ukraine“, heißt es in dem Brief. „Kein politisches Interesse kann den Tod von Unschuldigen rechtfertigen. Alte Menschen und Kinder sterben.“ Nicht nur militärische Ziele würden bombardiert, sondern auch Krankenhäuser und Wohnhäuser. Als Gläubige verurteilten die Unterzeichner das, was derzeit in der Ukraine geschehe, als „schwere Sünde“, als „Sünde Kains“, der seinen Bruder Abel tötete.

Der offene Brief zitiert Bibelstellen, die gegen den Krieg sprechen, etwa Jeremia 18,7-8:

Bald rede ich gegen ein Volk und Königreich, dass ich es ausreißen, einreißen und zerstören will; wenn sich aber das Volk, gegen das ich geredet habe, von seiner Bosheit bekehrt, so reut mich auch das Unheil, das ich ihm gedachte zu tun.“

Die Unterzeichner betonen: „Die Heilige Schrift ruft uns auf, unsere Finger vom Bösen zu lassen und den Frieden zu suchen, sie ermahnt uns, dass jeder, der Böse sät, ebensolches ernten werde.“

Der Brief endet mit den Worten „Wir müssen Reue zeigen für das, was wir getan haben, an erster Stelle gegenüber Gott, und dann auch gegenüber dem Volk der Ukraine. Wir müssen Lügen widerstehen und Hass zurückweisen. Wir rufen die Obrigkeit unseres Landes auf, dieses sinnlose Blutvergießen zu beenden!“

„Hass wurde zwischen unseren Völkern gesät“

Angehörige von Pfingst- und Baptistengemeinden hatten zuvor bereits einen Brief an den russischen Präsidenten Wladimir Putin geschrieben, in dem sie ihn aufrufen, sich um Frieden zu bemühen. Die Christen betonten zudem, dass es sich bei der Operation um eine Invasion in den souveränen Staat der Ukraine handele, man verletze damit die freie Selbstbestimmung der Bürger dort.

„Hass wurde zwischen unseren Völkern gesät“, und der werde in der Zukunft weitere Feindschaft bedeuten. „Der Krieg zerstört nicht nur die Ukraine, sondern auch Russland, seine Menschen, seine Wirtschaft, seine Moral und seine Zukunft.“

In dem Brief heißt es weiter: „Wenn wir uns wirklich auf geistliche Werte setzen wollen, dann sollten wir uns an die Worte Jesu Christi erinnern: ‚Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der wird durchs Schwert umkommen.‘ (Matthäus 26,52).“ Außerdem heiße es in der Bibel bei Prediger 8,11: „Weil das Urteil über böses Tun nicht sogleich ergeht, wird das Herz der Menschen voll Begier, Böses zu tun.“

Der amerikanische Journalist Mark Elliott vom christlichen Journal „East-West Church Report“ sagte gegenüber Christianity Today anerkennend: „Dies ist ein außergewöhnlicher, mutiger Schritt für Evangelikale, die unter der Regierung Putins leben. Ich bin begeistert und bewegt davon, dass diese tapferen Menschen die Ukraine verteidigen. Sie werden dafür wahrscheinlich bestraft werden, wenn Putin nicht entmachtet wird. Herr, erbarme dich.“

Einer der Pastoren, die den Brief unterzeichnet haben, schrieb in einem inzwischen nicht mehr auffindbaren Facebook-Post, an erster Stelle der Aufgabe der Kirche stehe die Verkündigung des Wortes Gottes, und das geschehe auf unterschiedliche Weisen. „Jeder von uns muss seinen Ruf hören und ihm folgen und ihn ehrlich vor Gott erfüllen und ihm dienen.“

Er fügte hinzu: „Ein Krieg kann von Gott gestoppt werden. Deswegen rufen wir zu ihm.“

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

9 Antworten

  1. Ich habe großen Respekt vor dieser Courage und diesem Mut und bete für euch. Gleichzeitig war es soo wichtig als Christ mit deutlichen Worten aus der Bibel Stellung zu beziehen. 🙏💞🙏💞🙏

    0
    0
    1. Die netten evangelikalen Christen sollen lieber ihren Mud aufmachen wenn in Südbrasilien Angehörige traditioaller Religionen der Indianer (Guarani) oder der Maya in Guatemala derzeit von fanatischen Christen als „Hexer“ lebend verbrannt werden.

      0
      1
  2. Sehr mutig, sehr ermutigend. Es ist an uns Christen unseren Friedensfürst Jesus Christus zu proklamieren und darin zusammenzustehen mit unseren ukrainischen und russischen Geschwistern!

    0
    0
  3. Auch für diese mutigen Christen sollten wir beten.
    Sie richten sich wohl nach einem Wort aus 2. Könige: „dass wir Gott fürchten sollen, ER der uns aus der Hand der Feinde erretten kann“.
    Sehr mutiges Handeln dieser Pastoren.

    0
    0
  4. Ein wahrhaft mutiger Schritt, dem Unrecht mit Gottes Wort zu trotzen, und nicht zu wissen, wie das ausgeht.
    Möge unser Herr Jesus ihnen beistehen. Lasst uns für solche mutigen Menschen beten und lasst uns im Gebet für den Frieden zusammenstehen. Und Jesus fordert uns auf, auch für „die Feinde“ zu beten, gar die Feinde zu lieben. Wir dürfen und sollen wirklich alle Menschen Gott anbefehlen.

    1
    0
  5. Respekt! Die haben ja wirklich Mut – riskieren eine Haftstrafe. Gegensatz zu der berüchtigten „Ehe zwischen Thron und Altar“ wie sie wieder mal von der Orthodoxen Kirche praktiziert wird!

    0
    1

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen