Zwischen Frömmigkeit und Kriegsrhetorik

Der Auftritt Donald Trumps beim „National Prayer Breakfast“ ist mit Spannung erwartet worden. Der US-Präsident hat gewohnt martialisch über eine Welt gesprochen, die „im Argen“ liege, und die Bedeutung von Religionsfreiheit betont. Bei einer Bemerkung zu Beginn dürften die Organisatoren zusammengezuckt sein.
Von Nicolai Franz
Wenn es nach Trump geht, wird er das Nationale Gebetsfrühstück „noch weitere sieben Mal“ besuchen (Archivbild)

Einmal im Jahr neigen sie gemeinsam ihre Köpfe zum Gebet. Das „National Prayer Breakfast“, das Nationale Gebetsfrühstück, ist eine Institution im politischen Amerika. Seit 1953 kommen jährlich mehrere Tausend Menschen des öffentlichen Lebens zusammen, um zu frühstücken und gemeinsam zu beten. Im Mittelpunkt steht dabei der Präsident, der an diesem Termin so deutlich wie sonst nie zu religiösen Fragen Stellung nimmt.

Auch zahlreiche ausländische Gäste waren anwesend, so auch am Donnerstag, wenige Wochen nachdem mit Donald Trump ein Präsident an die Spitze des Landes kam, der nicht unbedingt für besinnliche Rituale bekannt ist.

Auftritt mit gewisser Brisanz

Natürlich ist es dem Immobilienmogul bewusst, dass es ohne die Nähe zu Christen im Land nicht geht. Bei einem Auftritt in der christlich geprägten Liberty University vor einem Jahr hatte er den zweiten Brief des Paulus an die Korinther zitiert, da dort auch das Wort „Liberty“ – „Freiheit“ – vorkam. Anstelle der korrekten Aussprache „Second Corinthians“ (Zweiter Korinther) sprach er jedoch mehrfach von „two Corinthians“ – und sorgte so für Gelächter im Publikum. Auf YouTube zirkulieren Videos von Wahlkampfauftritten, in denen Trump von Menschen umringt wird, die ihm in freikirchlicher Manier die Hände auflegen und laut für ihn beten. Trump ließ das über sich ergehen, auch wenn er, wie auch bei seiner Amtseinführung, es nicht immer schaffte, die Augen geschlossen zu halten. Seinen Amtseid legte er auf gleich zwei Bibeln ab. Ob Trump tatsächlich als überzeugter Christ handelt, lässt sich freilich schwer sagen. Jedenfalls gab er noch kürzlich gegenüber dem christlichen TV-Sender CBN an, als Präsident nun mehr zu beten.

Die Limousine des Vizepräsidenten Mike Pence auf dem Weg zum National Prayer Breakfast Foto: Thomas Schirrmacher
Die Limousine des Vizepräsidenten Mike Pence auf dem Weg zum National Prayer Breakfast

Die Gelegenheit hatte Trump nun auf dem Nationalen Gebetsfrühstück – und welche Worte er an die gläubigen Besucher richten würde, wurde mit Spannung erwartet. Die Organisatoren waren sich darüber im Klaren, dass der Auftritt des Präsidenten eine gewisse Brisanz beinhaltet. Vor dem offiziellen Teil wiesen sie darauf hin, dass die Reden in viele verschiedene Sprachen für die internationalen Gäste übersetzt würden – unter anderem ins Arabische: „Lasst uns einander als Gottes Kinder ansehen“, sagten sie. Angesichts der aktuellen Kritik an der US-Regierung wegen des Einreiseverbotes für Menschen aus ausgewählten überwiegend muslimischen Staaten wirkte dieser Hinweis wie eine Mahnung an den Präsidenten, ebenfalls wie die Bemerkung, dass man sich sehr über die Anwesenheit des jordanischen Königs Abdullah freue.

Ein Seitenhieb gegen Arnold Schwarzenegger

Als Barry Black, Adventist und Seelsorger des US-Senats, seine bewegende und mit Bibelversen gespickte Predigt beendete, war der Präsident an der Reihe. Gleich zu Anfang dürften die Organisatoren zusammengezuckt sein, als Trump es sich nicht verkneifen konnte, die schlechten Quoten Arnold Schwarzeneggers in Trumps früherer Reality-Show „The Apprentice“ als „totales Desaster“ zu bezeichnen und anzukündigen, für seinen Nachfolger zu beten.

Schwarzenegger bot Trump nach dessen Kritik umgehend auf Twitter an, sie könnten doch gerne Jobs tauschen, wenn Trump als TV-Star so erfolgreich sei. Er selbst wäre dann Präsident – „und die Menschen könnten endlich wieder gut schlafen“.

Schließlich ging Trump auf seinen persönlichen Glauben ein. „I am praying for you“ – „Ich bete für Sie“ – seien die fünf Wörter im Wahlkampf gewesen, die ihn nie unberührt gelassen hätten, wenn die Leute sie zu ihm gesagt hätten. Er habe seinen Amtseid auf die Bibel geschworen, aus der seine Mutter ihm den Glauben nahegebracht habe, der heute noch in ihm weiterlebe.

Das National Prayer Breakfast ist seit 1953 eine Institution im politischen Amerika Foto: Thomas Schirrmacher
Das National Prayer Breakfast ist seit 1953 eine Institution im politischen Amerika

Wahrer Reichtum hänge nicht von materiellem Wohlstand ab, erklärte Trump. Er sage das bewusst als reicher Mann. Menschen bestünden nicht nur aus Fleisch, Blut und Knochen, sondern auch aus einer Seele. „Viele der glücklichsten Menschen sind sehr arm. Aber sie haben eine Familie, sie haben einen Glauben und sie sind glücklich. Das sind für mich die wirklich erfolgreichen Menschen“, sagte der US-Präsident.

„Wir dürfen niemals aufhören, nach Gottes Willen zu fragen“

Weniger nachdenklich zeigte Trump sich, als er über die Sicherheitslage der Welt sprach: „Die Welt liegt im Argen“, wiederholte er einen seiner am häufigsten genannten Sätze der vergangenen Wochen. Passend zum Anlass bezog er seine Aussagen zum islamistischen Terrorismus auf die Religionsfreiheit: „Religiöse Minderheiten werden abgeschlachtet. Der Terrorismus ist eine fundamentale Bedrohung für die Religionsfreiheit. Er muss beendet werden. Und er wird beendet werden.“

Solche harte Rhetorik ist man von Reden beim Gebetsfrühstück normalerweise nicht gewohnt. Trotzdem erhält Trump mehrfach Szenenapplaus, vor allem für Sätze wie diese: „Wir dürfen niemals aufhören, Gott zu fragen, dem Gemeinwohl entsprechend seinem Willen zu dienen.“

„Frömmstes Nationales Gebetsfrühstück im vergangenen Jahrzehnt“

Der Theologe Thomas Schirrmacher, Vorsitzender der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz, sprach im Anschluss gegenüber pro vom „frömmsten“ Nationalen Gebetsfrühstück, das er im vergangenen Jahrzehnt erlebt habe: „Nicht nur wegen Trumps Bekenntnis, sondern vor allem weil der Redner, Rear Admiral Barry Black und Senate Chaplain, seit langem erstmals wieder eine eigentliche Predigt hielt und nicht – wie sonst – einen Sachvortrag über die eigene Arbeit und das eigene Thema.“ Mit seiner Ansprache habe Black „auch sehr eindrücklich und aus tiefstem Glauben heraus“ erklärt, „welchen Sinn das Gebetsfrühstück eigentlich hat, nämlich Gottes Segen, Weisheit und Korrektur für das Staatsoberhaupt zu erbitten“.

Erfreulich sei das „unheimlich deutliche Bekenntnis Trumps zur Religionsfreiheit für alle Religionen“ gewesen, sagte Schirrmacher. „Meine Gespräche gestern im Außenministerium bestätigen, dass das ein Schwerpunkt auch unter dem neuen Außenminister werden wird.“ Das schließe auch ausdrücklich für Trump alle friedlichen Muslime ein. (pro)

Von: nf

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