Wie Christen auf Tiktok andere in die Hölle schicken wollen

Strafen für Homosexuelle oder Kreuzritter als „echte Männer“: Youtuber Rezo deckt auf, wie einige Christen auf Tiktok unterwegs sind. Und macht klar: Für Gott sind alle Menschen gleich wertvoll.
Von Swanhild Brenneke

„Tiktok sagt, warum du in die Hölle kommst.“ So hat Youtuber Rezo auf seinem Kanal „Renzo“ sein neuestes Video betitelt. Er kommentiert darin Tiktok-Videos von Christen, die ihren Missionsauftrag auf Tiktok scheinbar besonders ernst nehmen – und das nicht im positiven Sinn.

Auf Tiktok findet man bekanntlich Videoclips zu allem Möglichen. Auch viele Christen sind dort unterwegs. Und manche davon würden einen zweifelhaften Auftrag verfolgen. So zeigt Rezo zum Beispiel Ausschnitte von Tiktoks, in denen junge Christen behaupten, Gott hätte aus bestimmten Gründen die Titanic sinken lassen, „echte Männer“ im christlichen Sinn seien die Kreuzritter mit ihren Kriegen gewesen oder dass Gott wolle, dass Frauen nur lange Haare tragen.

Auch Videoclips, in denen behauptet wird, bei Konzerten der Popsängerin Taylor Swift komme es zu „hexerischen Ritualen“ und die Sängerin Beyoncé sei dämonisch, hat Rezo ausgegraben.

Das seien zwar alles verrückte Theorien und meist Unsinn, aber erst einmal nicht weiter gefährlich, sagt er. Viel kritischer hingegen ordnet der Youtuber diverse Clips ein, die davon sprechen, dass zum Beispiel Homosexuelle bestraft werden müssten „wie Hitler und Stalin“ und dass anderen Christen ihr Glaube abgesprochen wird, weil sie queer sind, feiern gehen oder einfach rauchen.

Er selbst sei zwar nicht tief gläubig, stamme aber aus einer Pfarrersfamilie, sagt Rezo. Daher kenne er sich etwas mit dem Glauben und der Bibel aus. Und dann beginnt der Youtuber mit den blauen Haaren beinahe zu predigen:

„Erster im Himmel sind nicht diejenigen, die Waffen glorifizieren, herrschen und in Kriege ziehen. Sondern diejenigen, die anderen Leuten dienen. Wer an Kreuzritter und Soldaten denkt, wenn er an Christen denkt, der hat Christentum im Kern nicht verstanden“, sagt er.

Besonders schlimm finde er es auch aus christlicher Sicht, wenn Christen gegen queere Menschen Stimmung machten. Solche Videos seien nicht mehr harmlos und einfach nur „Unsinn“, sondern gefährlich. Denn die Statistiken zeigten, dass Straftaten gegen Queere schon jetzt stiegen. Entsprechende Aufrufe auf Tiktok von „Christen“ befeuerten so etwas.

Es sei unverantwortlich und leichtfertig, Videos zu machen, in denen Strafen für Homosexuelle gefordert würden. „Wenn man Personengruppen verfolgt, weil sie ‚nicht ok‘ wegen ihrer Sexualität sind, dann ist das nicht tolerierbar“, sagt Rezo. Und das sei auch alles andere als christlich.

Christentum kein „Psychopatenverein“

Natürlich könne man Queerfeindlichkeit aus der Bibel ableiten, erklärt Rezo. Zum Beispiel aus der Schöpfungsgeschichte und der Tatsache, dass Gott die Menschen als Mann und Frau geschaffen habe. Außerdem gebe es im Alten Testament Bibelstellen, die zum Töten von Schwulen aufrufen. „Aber wisst ihr, wer in der Bibel noch getötet werden soll?“, fragt Rezo. Er zählt verschiedene Stellen aus dem Alten Testament auf: Menschen, die fremdgegangen sind; wenn man mit einer Frau schlafe, die gerade ihre Periode habe; wenn man an einem Sonntag arbeite.

„Ich hab das nicht aufgelistet, um zu zeigen, dass das Christentum ein Psychopathenverein ist“, stellt Rezo klar. Und dann erklärt er, welche Möglichkeiten es gäbe, die Bibel in der heutigen Zeit zu verstehen und auszulegen und warum einige Bibelstellen, besonders aus dem Alten Testament, in der heutigen Zeit nicht mehr wörtlich genommen werden könnten: Wegen damaliger kultureller Wertvorstellungen, weil Jesus im Neuen Testament viele Regeln aus dem Alten Testament außer Kraft gesetzt habe und dass viele Christen sich auch den Originaltext anschauen würden und feststellten, dass man einzelne Begriffe auch anders übersetzen könne.

„Ich glaube, Jesus und Gott sind cooler als das, was einige Tiktoks darstellen.“

Rezo zieht ein Fazit: „Gott hat dir einen freien Willen gegeben. Gläubige sind individuell und jeder legt einzelne Bibelstellen anders aus.“ Nicht in Ordnung sei es allerdings, einen Gott zu proklamieren, der andere Menschen aufgrund ihrer Sexualität, ihres Aussehens oder ihrer Herkunft als weniger wert erachtet.

„Religion sollte etwas sein, wo man bei der eigenen Sinnsuche weiterkommt. Wo man Glück findet, Nächstenliebe auslebt. Religion sollte aber nicht dafür da sein, anderen Leuten, die man nicht mal kennt, ihr intimstes, persönlichstes Privatleben vorschreiben zu wollen“, sagt er.

Das Schöne sei, dass es auch Christen auf TikTok gebe, die ihren Glauben positiv feierten. „Es gibt so viel Gutes, worauf man sich fokussieren kann. Christliche Songs zum Beispiel. Oder Menschen, die von ihren eigenen Erfahrungen mit ihrem Glauben sprechen.“ So könne man doch Christentum den Menschen näherbringen. 

Der YouTuber schließt damit: „Ich glaube, Jesus und Gott sind cooler als das, was einige TikToks darstellen. Gott segne euch!“ 

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