Wenn Europa als kulturelle und Wertegemeinschaft Bestand haben will, muss es sich über seine Identität klar werden. Davon ist der Pädagoge und Sozialwissenschaftler Wolfgang Sander überzeugt. Das sei unter anderem notwendig, um die Zugehörigkeit und den Zusammenhalt auf eine tragfähige Basis zu stellen. Das betreffe auch Spannungen zwischen den westlichen und den östlichen EU-Mitgliedern, aber auch Überlegungen, ob und welche weiteren Staaten in Verbund aufgenommen werden.
Sander, bis 2019 Professor für Didaktik der Gesellschaftswissenschaften an der Universität Gießen und nun im Ruhestand, plädiert dafür, dass Europa seine christlichen Wurzeln wieder entdecken sollte. Diese seien im Selbstverständnis der Europäischen Union und dess Westens in den Hintergrund gerückt. Die Wurzeln, die das heutige Europa in der antiken griechischen Philosophie und im römischen Rechtssystem hat, seien hingegen sichtbarer.
Der Professor für Didaktik der Gesellschaftswissenschaften sieht etwa im christlichen Freiheits- und Bildungsverständnis einen wesentlichen Beitrag, den das Christentum für ein erneuertes Europa leisten kann. Ebenso sei die christliche Vorstellung davon, wie das Individuum in der Beziehung zu Gott und zur Welt steht, eine wichtige Quelle dafür, wie Gesellschaft gestaltet werden kann.
Im PRO-Podcast erklärt Sander, wie genau eine solche Erneuerung Europas aussehen kann und warum der Bezug auf geteilte Werte wie die Grundrechtecharta oder gemeinsame politische und wirtschaftliche Interessen als Basis für eine europäische Identität nicht ausreichen. Er erläutert, ob die Türkei einen Platz in der EU haben sollte und welche Rolle die Kirchen spielen müssten. Für Christen hat er den Rat: klarer darüber sprechen, was der Glaube für sie bedeutet.