Vom Kind des Sozialismus zum Kind Gottes

Das Gesicht von Andrea Ballschuh kennen Millionen Zuschauer aus ZDF-Formaten. Schon im DDR-Fernsehen war sie ein Star. Ihre „innere Sehnsucht“ konnte die Journalistin im letzten Jahr stillen. Durch die Serie „The Chosen“ hat sie zum Glauben gefunden.
Von Johannes Blöcher-Weil
Die Journalistin Andrea Ballschuh

Die Fernseh- und Radiomoderatorin Andrea Ballschuh ist nach eigener Aussage „ein typisches Kind des Sozialismus“. Ihre heile Welt in Ost-Berlin bekommt aber schon bald Risse. Als sie drei Jahre alt ist, lassen sich ihre Eltern scheiden. Die Mutter zieht Andrea und deren neun Jahre ältere Schwester danach alleine groß. Das Mädchen macht die „übliche DDR-Karriere“: Sie geht zu den Pionieren und wird Mitglied der Jugendorganisation FDJ. Hier möchte der Staat Kinder sinnvoll beschäftigen und sozialistisch schulen.

Und hier liegt die Basis für Ballschuhs Karriere. Weil ihre Schule nur eine Schieß-AG anbietet, schließt sie sich einer Laien-Spielgruppe an. Dass diese vom DDR-Kinderfernsehen unterstützt wird, erfährt das Mädchen erst später. Als der Sender Kinder-Ansagerinnen sucht, nimmt Ballschuh erfolgreich an den Auswahlverfahren teil. Mit elf Jahren moderiert sie ihre erste Live-Sendung im DDR-Fernsehen. Das ebnet ihren weiteren Weg als Fernsehmoderatorin.

Christlicher Glaube und Kirche spielen in der Familie Ballschuh gar keine Rolle. Eine klare Vorstellung von Gott hat das Mädchen als Kind trotzdem: „Gott hat weiße Haare, einen langen Bart und kontrolliert, ob ich brav bin.“ Natürlich kennt sie die Bilder von Jesus am Kreuz: „Ich habe erst als Erwachsene begriffen, dass er keine Erfindung der Kirche war, sondern wirklich gelebt hat.“

Kurz vor Ballschuhs Abitur fällt die Mauer. Das Jahr als Au-pair in den USA, dem Land der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten, ist ein kultureller Schock, lässt die junge Frau aber enorm reifen. Und es führt zu ihrer Einstellung, dass sie in ihrem Leben alle Probleme gerne selbst lösen möchte. Antworten auf ihre Lebensfragen sucht sie unter anderem in der Esoterik. „Ich hatte eine innere Sehnsucht“, sagt sie.

Hinweis von Gott

Erst mit ihrer Bekehrung 2022 begreift sie, dass sie ihre Probleme bei Gott abgeben darf. Auf dem Weg dorthin helfen ihr wichtige Impulse von vielen Menschen. Die Geigenbauerin ihrer Tochter sensibilisiert Ballschuh in einem Gespräch, in dem sie biblische Inhalte verständlich erklärt, für den Glauben. Sie empfiehlt ihr, „Gott um ein Zeichen zu bitten, dass es ihn gibt“.

Obwohl sie es für Quatsch hält, macht sie es trotzdem. Als sie über eine Tierschutzorganisation einen neuen Hund bekommt, trägt dieser den Namen Shia. Das kommt aus dem Hebräischen und bedeutet auf Deutsch: Geschenk Gottes. Für die heute 51-Jährige ist das ein erster Hinweis von Gott.

Die Geigenbauerin ihrer Tochter erzählt Ballschuh irgendwann von der Serie „The Chosen“. An einem verregneten Sonntag schaut sie die erste Staffel, die sich mit Jesu Leben und Wirken beschäftigt, und ist fasziniert: „Eigentlich wollte ich meine Tochter Lia für das Thema begeistern“, sagt Ballschuh. Doch jetzt ist sie selbst offen und neugierig für Glaubensfragen.

Sie kauft sich Fachliteratur en masse und eine Bibel, aber versteht meistens nur Bahnhof. Als sie das Buch „Jesus Christus Quantenphysiker“ liest, erinnert sie sich an einen Traum, den sie zehn Jahre zuvor hatte: „Ich stand in einem gleißend weißen Licht und habe ein tiefes Gefühl von Liebe gespürt. Ich bin mir sicher, dass Gott schon da bei mir angeklopft hat.“

Andrea Ballschuh als Mädchen: Schon mit elf Jahren trat sie im Fernsehen auf (Foto: privat)

Als sie vorigen Sommer plötzlich Existenzängste bekommt, rät ihr ein Bekannter, sie solle Gott um Hilfe bitten. „Ich war unsicher, weil ich Gott ja 50 Jahre ignoriert habe.“ Es sei komisch gewesen, als dieser Bekannte zum ersten Mal für sie gebetet habe: „Aber da habe ich begriffen, dass ich ganz normal mit Gott reden kann.“ Ballschuh liest und liest und fragt anderen Christen „Löcher in den Bauch“ – bis ihre Entscheidung für Gott fällt. Dass sich so viele Menschen für ihre Geschichte interessieren, wundert sie dann doch.

Ballschuhs bevorzugtes soziales Netzwerk ist „Linked In“. Dort habe sie „ganz unbedarft“ etwas zum Thema Glaube im Beruf veröffentlicht – und war überrascht von den Reaktionen. „Die Menschen haben sich bedankt, dass ich das Thema so offen anspreche.“ Manche Reaktionen hätten ihr klargemacht, wie viel Angst Christen davor haben, abgelehnt zu werden. Viele Menschen hätten Ballschuh geschrieben, dass sie durch ihre Geschichte wieder zurück zu Gott gefunden hätten.

Sogar im familiären Umfeld führt ihr Schritt zu erstaunlichen Entdeckungen. Ihre eigene Mutter offenbart ihr, dass sie getauft ist und seit etlichen Jahren jeden Abend betet. Wegen der Hochzeit mit Ballschuhs Vater habe sie aus der Kirche austreten müssen. Andere Verwandte stellen ihr viele Fragen: „Sie wussten, dass ich etwas gefunden habe, was mir Kraft gibt.“

Aktuell coacht Ballschuh Menschen oder Firmen für ein selbstbewussteres Auftreten in Videos und auf der Bühne. Damit diese wissen, worauf sie sich einlassen, erwähnt sie punktuell auch ihren Glauben. Um Dinge zu verdeutlichen, erzählt sie biblische Geschichten oder zitiert Bibelverse. Dann komme auch im dienstlichen Kontext ein Gespräch über den Glauben zustande.

Freier als je zuvor

Ballschuh verschweigt im Gespräch mit PRO nicht die finanziellen Sorgen und Nöte, die sie seit vergangenem Sommer gedrückt haben. Sie hat lukrative TV- und Werbeverträge verloren, hat viel in ihre Arbeit als Videocoach investiert und musste eine sehr hohe Nachzahlung beim Finanzamt leisten. Obwohl sie in ihrer Karriere immer gut verdient hat, wusste sie einige Monate lang nicht, wie sie ihre Rechnungen begleichen soll.

In dieser Situation half ihr der Bibelvers aus dem zweiten Timotheusbrief, dass Gott den Menschen nicht den „Geist der Angst, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ gegeben hat: „Wenn mir eine Situation wieder die Kehle zuschnürt, erinnere ich mich daran.“

Genau so, wie sie es selbst erlebte, bemerkt Ballschuh, dass viele ihrer beruflichen Kontakte unter einer „inneren Leere“ leiden. Der christliche Glaube scheint für sie keine Alternative zu sein, hätten sie doch Angst davor, sich als Christen massiv einschränken zu müssen. Ballschuh kennt beide Seiten und sieht das anders: „Ich bin heute freier als je zuvor. Vor allem als die vielen Prominenten, die sich jeden Abend mit Alkohol und Drogen zudröhnen müssen.“

„Ich habe erst als Erwachsene begriffen, dass Jesus keine Erfindung der Kirche war, sondern wirklich gelebt hat.“

Andrea Ballschuh

Wer ihr Fragen zum Glauben stelle, dem gebe sie gerne Auskunft: „Ich erzähle von mir, käme aber nicht auf die Idee zu sagen: ‚Das ist das Beste für dich!‘“ Beim Versuch, Menschen zwanghaft zu missionieren, erreiche man oft nur das Gegenteil: „Wenn ich bei Menschen merke, dass sie offen für Themen sind, komme ich gerne mit ihnen ins Gespräch.“

Um andere für den christlichen Glauben zu begeistern, brauche es vor allem Menschen, die von ihren Begegnungen mit Gott erzählen. Aus dem Leben vor ihrer Bekehrung vermisst die Moderatorin nichts: „Ich habe ja nur dazugewonnen.“ Es fordere sie aber heraus, im Tagesablauf Zeiten für das Gebet und intime Gespräche mit Gott einzukalkulieren.

Christen müssten eigentlich „nur“ das umsetzen, was in der Bibel stehe. Jesus würde in einer kniffligen Situation keine Notlügen erfinden, so wie sie es immer getan habe. Wer sich an Jesus orientiere, laufe nicht egoistisch durchs Leben, sondern könne anderen vergeben, sagt Ballschuh, die ihre geistliche Heimat in Mainz bei „Bibel Coaching“ gefunden hat.

Sie ist froh, dass sie sich mit ihrer eigenen Tochter im Teenager-Alter „wohl dosiert“ über ihre Fragen und den Glauben austauschen kann. „Bei meiner Taufe in Köln hat sie mir als erste mit Tränen in den Augen gratuliert“, erzählt sie. Kürzlich durfte sie in einer schwierigen Situation sogar für ihre Tochter beten. Eine Veränderung in ihrem Leben fällt Ballschuh dann doch noch ein: „Früher habe ich morgens nach dem Aufstehen als Erstes meine Nachrichten auf dem Handy überprüft. Heute lese ich als Erstes meine Bibel-App. Das tut richtig gut.“

Eines der größten Komplimente habe ihr ein Geschäftspartner gemacht, für den der Glaube nicht „ins Business“ gehört: „Du hast dich total verändert. Ich erkenne dich gar nicht wieder“, habe er ihr gesagt. Andrea Ballschuh hat es dankbar zur Kenntnis genommen.

Andrea Ballschuh wurde 1972 in Dresden geboren. Die Radio- und Fernsehmoderatorin trat bereits mit elf Jahren im DDR-Fernsehen als Kinderansagerin auf. Mit 13 Jahren moderierte sie die Sendung „Ein Bienchen für …“. Ballschuh hat eine Tochter aus ihrer Ehe mit dem englischen Musiker Jem Atai. Seit 2019 arbeitet Ballschuh als Videocoach. Dem deutschen Fernsehpublikum ist sie unter anderem bekannt als Moderatorin des Servicemagazins „Volle Kanne“. Im ZDF moderierte sie außerdem Formate wie „drehscheibe“, „Leute heute“ und „hallo deutschland“.

Der Artikel ist erstmals in der Ausgabe 5/2023 des Christlichen Medienmagazins PRO erschienen. Das Heft können Sie hier kostenlos bestellen.

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