Am Freitag wählt der Bundestag drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht. Auf Vorschlag der SPD steht auch Frauke Brosius-Gersdorf zur Wahl. Das hat am Montagabend nach Informationen der „Welt“ der Wahlausschuss des Deutschen Bundestages festgelegt. Drei Richterstellen sind nachzubesetzen. Die Union nominierte den Richter am Bundesarbeitsgericht, Günter Spinner, die SPD die beiden Rechtsprofessorinnen Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold. Alle drei bekamen demnach die nötige Zweidrittelmehrheit im aus zwölf Mitgliedern bestehenden Wahlausschuss des Bundestags.
Kritik, aber auch wohlmeinende Stimmen
Das ist deshalb bemerkenswert, weil sich gegen Brosius-Gersdorf erheblicher Widerstand vonseiten der Union geregt hatte. Brosius-Gersdorf war stellvertretende Koordinatorin der von der damaligen Bundesregierung eingesetzten Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin. Jener Kommission also, die sich schließlich für eine neue Regelung von Abtreibungen in Deutschland aussprach und für deren Liberalisierung. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zitierte anonyme Stimmen aus der Fraktion, etwa: „Unsere Kandidaten trafen in der Vergangenheit auf Ablehnung, weil sie zu migrationskritisch waren. Frau Brosius-Gersdorf ist lebenskritisch. Die Personalie ist für uns niemals wählbar.“
Doch es gab auch wohlmeinende Stimmen aus der Fraktion. Am Montag im Vorfeld der Nominierung erklärte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann laut Deutschlandfunk: In Zeiten, in denen im Bundestag die radikalen Ränder stark wie nie seien, brauche es ein geschlossenes Votum der Parteien der Mitte, um die Funktionsfähigkeit des höchsten deutschen Gerichts sicherzustellen.
Deal: Richterin, aber nicht Präsidentin?
Nun haben sich die Christdemokraten offenbar doch auf die Wahl der neuen Richterin geeinigt. Allerdings mithilfe eines Kompromisses, wie die „Welt“ erfahren haben will. So soll Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) in der Sitzung erklärt haben, Brosius-Gersdorf würde nicht, wie gemutmaßt, Vizepräsidentin des Verfassungsgerichts. Im Gegenzug stimme man für sie und lasse die Richterwahl nicht als Ganzes platzen.
Die SPD dementierte: „Über die Frage, wer Prof. Dr. Doris König letztendlich als Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts nachfolgt, entscheidet aber nicht der Bundestag, sondern souverän der Bundesrat. Hier gibt es folglich keine Vorfestlegung“, zitiert die „Welt“ den Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Dirk Wiese.