Typisch evangelikal: Allianzgebetswoche

pro-Kolumnist Jürgen Mette ist ein überzeugter und begeisterter Allianzler. Auch wenn scheinbar so manches dagegen spricht, hält er an der von Jesus geschenkten Einheit des „Leibes Jesu“ fest.
Von PRO
Der Theologe Jürgen Mette leitete viele Jahre die Stiftung Marburger Medien. 2013 veröffentlichte er das Buch „Alles außer Mikado – Leben trotz Parkinson“, das es auf die Spiegel-Bestsellerliste schaffte. Für pro schreibt er eine regelmäßige Kolumne.

… damit die Welt glaubt

Ich bin von Kindesbeinen ein Allianzmensch. Meine Eltern haben die Sorge um die Einheit der Christenheit in die Wiege gelegt. Ich bin zwar im Pietismus „stationiert“, aber 45 Jahre ambulant (umherziehend) hauptberuflich gemeindeübergreifend um Brückenbau bemüht unterwegs. Weil die Einheit der Kirche, die Einheit des Leibes Christi längst da ist, wir müssen sie nur noch ernst nehmen. Und das gegen und trotz der Wirklichkeit, die ich ganz anders wahrnehme: Die Methodisten, eine weltweit große, in Deutschland eher kleine Freikirche, stehen nach jahrelangem Ringen mitten in einem schmerzhaften „einvernehmlich geordneten“ Trennungsprozess. Das ist kein methodistisches Phänomen, es betrifft die Kirchen und evangelikale Bewegung insgesamt.

In der Allianzgebetswoche bekommen wir einen Vorgeschmack auf das Finale der geeinten und vollendeten Gemeinde Jesu Christi. Wir müssen das, was Jesus als HERR der Kirche längst gestiftet hat, nicht mehr erfinden, wir müssen es einfach nur noch überzeugt leben. Damit die Welt endlich glaubt, dass Christus der Gesalbte Gottes, der Messias der Welt ist. Damit endlich klar wird, dass wir nicht zu einer zersplitterten Rückzugstruppe von Rechthabern und Frömmlern werden, die bald von der Welt nicht mehr wahrgenommen wird.

Irgendwann läuft jede Ermahnung ins Leere: Dann hilft nur noch beten

Jesus betet auf dem Weg zum Kreuz, um Einheit seiner Jünger, seiner Fans und seiner Schüler, um Einheit der Enthusiasten und Bedenkenträger, um Einheit der Zweifler und der Draufgänger, der Verräter und der letzten wahren Freunde unterm Kreuz. Jesus betet! Er debattiert nicht mehr, er appelliert nicht mehr. Irgendwann läuft jede Ermahnung ins Leere. Dann hilft nur noch beten. Laut beten, dass es die Weggefährten hören.

Jesus betet um Einheit derer, die Gott ihm anvertraut hat, weil er ahnt, dass im Jüngerteam ein hochgradiges Spaltpotenzial steckt. Diese Männer könnten das Evangelium kaputt machen, bevor es richtig zum Laufen kommt. Das ist die eigentliche Sorge Jesu, selbst im Angesicht des nahen Todes.

… dann wird Kirche wirkungslos sein

Eine zertrennte, auf Separation und Isolation bedachte Gemeinde wird eine harmlose Kirche sein, wirkungslos, kraftlos und mit sich selbst beschäftigt. Der Gedanke der Allianz soll uns dafür begeistern, dass das Reich Gottes vielfältiger und bunter ist, als uns bewusst ist. Und dass die Vielfalt und Buntheit lutherischer, römisch-katholischer, reformierter, freikirchlicher, charismatischer, liberaler, hochkirchlicher und „bibeltreuer“ Ortsgemeinden nur dafür gut ist, dass wir von unseren unterschiedlichen Traditionen und Prägungen lernen. Einfach nur staunen und lernen und wertschätzen, was Gott anderen Gemeinden an geistlichem Erbe anvertraut hat. Damit die Welt erkennt, dass Christus die Hoffnung der Welt ist.

Das ist Evangelische Allianz: einander wahrnehmen, einander wertschätzen, einander ertragen, miteinander beten, miteinander theologischen Disput pflegen und miteinander dienen. Die „MEHR“-Konferenz in Augsburg war ein gutes Beispiel für diese Christus-Ökumene. Allianz und Ökumene im Sinne Jesu bedeutet, keine Ruhe zu geben, bis alle Christen, die Jesus Christus als HERRN bekennen, wenigstens einmal im Jahr konkurrenzlos zusammenkommen und Gottesdienst feiern. Damit die Welt erkennt, dass Jesus keine hölzerne Krippenfigur ist, die gerade mit Lametta für die nächsten elf Monate verstaut wird, sondern der lebendige, auferstandene HERR ist, dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden.

Jürgen Mette

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