Evangelisch-methodistische Kirche steht vor Spaltung

Seit Jahrzehnten schwelt in der Evangelisch-methodistischen Kirche ein Streit über den Umgang mit Homosexualität. Jetzt steht die Kirche kurz vor einer Trennung. Ein kürzlich vorgelegter Kompromiss spricht sich für diesen Schritt aus. Er sei „das beste Mittel, um unsere Differenzen zu lösen“, heißt es in dem Schreiben.
Von PRO
John Wesley gilt als Gründervater der methodistischen Glaubensbewegung. Jetzt steht der Kirche eine Spaltung bevor.

Sie wollen sich lieber respektvoll trennen, als endlos weiter zu streiten. Die Evangelisch-methodistische Kirche reagiert damit auf eine lange Debatte über den Umgang mit dem Thema Homosexualität. Zum Umgang mit der Frage hat eine international besetzte Arbeitsgruppe einen Bericht vorgelegt. Die endgültige Entscheidung über das Papier fällt die Generalkonferenz. Das oberste Kirchenparlament der Bewegung tagt im Mai in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota.

Nach jetzigem Stand wird damit die weltweite Evangelisch-methodistische Kirche (United Methodist Church) als Kirche fortbestehen, teilte die Evangelisch-methodistische Kirche (EMK) am Sonntag mit. Dort soll es wie bisher Platz für verschiedene Frömmigkeitsausprägungen und Überzeugungen geben. In Bezug auf die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und die Ordination Homosexueller wird sich die bestehende Kirche öffnen. Dazu sollen aus der weltweit gültigen Kirchenordnung die bisherigen restriktiven Passagen entfernt werden.

Neue methodistische Kirche soll 22,4 Millionen Euro erhalten

Die Teile der Kirche, die sich nicht mit dieser Öffnung anfreunden können, sollen künftig die neue, traditionell orientierte methodistische Kirche („new traditionalist Methodist denomination“) bilden. Diese wird sich von der EmK trennen und unabhängig strukturieren. Aus dem bisherigen gemeinsamen Kirchenvermögen erhält diese neue methodistische Kirche 25 Millionen Dollar (umgerechnet 22,4 Millionen Euro).

Dem Vorschlag zur Lösung des Konflikts waren internationale Gespräche vorausgegangen. Daran waren seit August 2019 16 Vertreter der Kirche beteiligt. Neben acht Bischöfen waren acht weitere Mitglieder der Arbeitsgruppe als Meinungsführer von in den USA aktiven Gruppierungen entsandt worden, die in theologischen Fragen weit auseinanderliegende Überzeugungen vertreten. Mediator Kenneth Feinberg moderierte den Prozess.

Die Gruppe einigte sich einstimmig auf den Vorschlag einer geordneten und einvernehmlichen Trennung. Diese sei „das beste Mittel, um unsere Differenzen zu lösen“, heißt es in der veröffentlichten Erklärung. Damit könne jeder Teil der Kirche „seinem theologischen Verständnis treu bleiben und gleichzeitig Würde, Gleichheit und Integrität anerkennen sowie den Respekt gegenüber jeder Person bewahren“.

Trennung als „unausweichliche Realität“

Der für Deutschland zuständige Bischof, Harald Rückert, hob die Einmütigkeit hervor. Der Konflikt könne damit befriedet werden. Er empfinde „viele Schmerzen, weil es um die Trennung unserer Kirche geht, aber es ist wohl die unausweichliche Realität“. Für die aktuell in Deutschland an einem Runden Tisch diskutierte schwierige Lage der Kirche sei dieser Vorschlag eine gute Nachricht, „weil wir Teil der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche bleiben können“. Im Entscheidungsprozess sei es erstmals gelungen, stärker die Sicht von Teilen der Methodisten von außerhalb der Vereinigten Staaten zu Gehör zu bringen.

Der für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Pastor Klaus Ulrich Ruof antwortete auf pro-Anfrage: „Es ist schwer vorhersehbar, wie die Spaltung ausfallen wird. Unsere Kirche ist weltweit strukturiert. Von daher wird die Trennung nicht entlang von Landesgrenzen verlaufen.“ Überrascht habe ihn die Einmütigkeit des 16-köpfigen Gremiums, das eine extreme theologische Bandbreite abdecke. Für die Abstimmung im Mai hoffe er, dass die Mitglieder des Gremiums die gefundene Position in ihrem Umfeld unterstützten.

Die endgültige Entscheidung trifft die Generalkonferenz im Mai. Außerdem sollen dann die Strukturen in und außerhalb der USA so angepasst werden, dass vermieden werden kann, dass sich regional bedingte konfliktträchtige Themen zu weltweiten Kirchenkonflikten auswachsen. Der jetzige Konflikt schwelt schon seit 1972. Damals hatte die Generalkonferenz restriktive Kirchenordnungsparagrafen beschlossen, wonach „Homosexualität unvereinbar mit der christlichen Lehre“ sei.

Kirchenparlament bestätigt Lehrgrundsatz von 1972

Im Februar 2019 wurde eine außerordentliche Generalkonferenz einberufen. Ihre Mitglieder lehnten den vom Bischofsrat der Kirche favorisierten Vorschlag einer Öffnung der Kirche durch Streichung der restriktiven Kirchenordnungs-Passagen mit 438:384 Stimmen ab. Außerdem wurde der 1972 beschlossene Lehrgrundsatz bestätigt, dass Homosexualität als „unvereinbar mit der christlichen Lehre“ bezeichnet wird.

Von: Johannes Blöcher-Weil

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