Theologie über dem Tellerrand: Neues Online-Magazin

Ein neues Online-Magazin bringen Schweizer Theologen ab sofort heraus. Die kostenlose Zeitschrift „transformatio;“ richtet sich sowohl an ein Fachpublikum als auch an interessierte Laien.
Von Jörn Schumacher
Kirche, Kaleidoskop, Muster

„transformatio;“ – so nennt sich eine neue theologische Online-Zeitschrift. Das Semikolon sei bewusst Teil des Namens, betonen die Herausgeber. Das Satzzeichen werde zwar kaum noch benutzt, lasse aber den Leser innehalten, sagt Birgit Jeggle-Merz, Professorin für Liturgiewissenschaft an der Hochschule Chur und der Universität Luzern. Der Theologe Joachim Hake erklärt im Vorwort der ersten Ausgabe: „Das Zeichen mahnt zum Zögern in dem immer schnelleren Lesetempo. Das Semikolon scheint zu träumen. Mit somnambuler Sicherheit wird es von den Nachdenklichen geschätzt, als jenes Zeichen, das der Unsicherheit und Irritation Raum gibt.“

Das neue Online-Magazin will nach Aussage der Herausgeber „gegenwärtige spirituelle Suchbewegungen, die Umbrüche religiöser Praxen, den Gestaltwandel kirchlichen Lebens und die Chancen interreligiöser Kontakte beobachten“. Die Inhalte bestehen aus theologischen Grundsatzartikeln, Reportagen, Essays, Buchbesprechungen, Predigten und Praxisimpulsen.

Die Zeitschrift ist kostenlos und erscheint zweimal jährlich. Die Herausgeber konnten Drittmittel einwerben, um etwa die Designerin zu bezahlen; die Redaktion und die Autoren arbeiten unentgeltlich. Über die Zielrichtung ihres Magazins schreiben die Herausgeber: „Transformation, Verwandlung ist das Thema von Bibel und Liturgie. Es ist der Kern der christlichen Botschaft. Als Grundzug des Lebens und der Kultur ist Transformation eine Schlüsselaufgabe von Politik und Gesellschaften.“

Neben der Liturgiewissenschaftlerin Birgit Jeggle-Merz gehören zu den Herausgebern Hildegard Scherer, bis vor kurzem Professorin für Neues Testament in Chur und nun in Essen, Michael Hartlieb vom Theologisch-pastorales Bildungsinstitut (TBI) in Zürich und Georg Steins, Professor für Altes Testament in Osnabrück. Das Magazin solle gesellschaftliche Strömungen aufgreifen, und dabei sei „ein ganzheitlicher Zugang zu allen Themen der Theologie“ wichtig, sagte Jeggle-Merz im Interview mit dem Schweizer Webportal Portal kath.ch. Für die theologische Reflexion sei es wichtig, über den Tellerrand hinauszuschauen, so die Theologin. Das Magazin sei interdisziplinär, interkonfessionell und interreligiös.

Der Magazin-Name „transformatio;“ basiere darauf, dass Liturgie Wandlung bedeute. „Liturgie will Menschen im positiven Sinne verändern“, sagt Jeggle-Merz. „Der Mensch will zu seinem eigentlichen Sein kommen und das eigentliche Sein findet er nur in Relation zum Schöpfer. Wir möchten mit unserem Journal auch helfen, dass der Mensch zum eigenen Sein kommen kann.“

Musik gegen Depressionen und das Bling-Bling von Harald Glööckler

In der ersten Ausgabe, die 114 Seiten umfasst, geht es um „Liturgie und Körper“. Der Körper gewinne theologisch als Leib, als beseelter Körper Bedeutung, etwa beim Feiern von Gottesdiensten. Im Heft kommt etwa Isgard Ohls zu Wort, eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die zugleich einen Doktortitel in Theologie hat. Sie schreibt über die Wirkung von Musik auf den Körper und das Gehirn. „Kulturgeschichtlich zeigt sich die affektive, therapeutische und soziale Kraft vor allem des Singens, aber auch der instrumentalen Musik“, stellt Ohls fest und spannt einen Bogen von der Musik in der Bibel und der „depressionslindernden Harfenmusik Davids“ bis zur heutigen liturgischen Rezeption von Musik.

Zwei Wissenschaftler schreiben über das Projekt „Mensch-Gott-Schnittstellen“, bei dem sieben in der katholischen Kirche beheimatete Rituale aus Sicht des Industrial Design neu interpretiert wurden. Heraus kamen dabei Objekte wie etwa die „Flame of Prayers“, bei dem Gebete auf Zettel niedergeschrieben werden, die dann in einem Kaminfeuer verbrannt werden, wobei sich die Farbe der Flamme in einer unerwarteten Weise verändert. Bei der „Candle of Sins“ werden Wachspellets in unterschiedlichen Farben nach der Beichte für jede Sünde ausgewählt und in einen Sammelbehälter abgelegt. Dann werden die gesammelten Sünden verwandelt und zu einer Osterkerze geformt.

In einer der nächsten Ausgabe sei das Titelthema „Pracht“, kündigte die Herausgeberin an. Es gehe um liturgische Kleidung, Farben, Stoffe, und auch um Edelsteine, also sowohl um die „Bling Bling-Kultur“, um Diamanten von Aldi und den Modeschöpfer Harald Glööckler, sagte Jeggle-Merz gegenüber kath.ch. „Es ist doch hochinteressant, dass heute eine schöne bunte Welt inszeniert werden will. Schnell wird damit einseitig Dekadenz und Kitsch assoziiert. Aber was steckt für eine Sehnsucht dahinter?“

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