Taliban übernehmen die Macht

Die Taliban haben den Krieg am Hindukusch für beendet erklärt. Westliche Länder fliegen ihre Staatsangehörigen und afghanische Helfer aus. Am Flughafen Kabul spielen sich chaotische Szenen ab.

Zwanzig Jahre nach dem Ende ihres Schreckensregimes haben die Taliban erneut die Macht in Afghanistan übernommen. „Der Krieg ist vorbei“, sagte Taliban-Führer Mohammed Naim dem TV-Sender Al Dschasira. Taliban-Kämpfer kontrollierten am Montag alle Polizei-Checkpoints in Kabul. Ein Taliban-Sprecher bezeichnete die Lage in der Hauptstadt auf Twitter als „normal“. Am Sonntag hatten die Aufständischen den Präsidentenpalast in Kabul eingenommen, nachdem Staatschef Aschraf Ghani aus Afghanistan geflohen war.

Derweil lief die Evakuierung deutscher Staatsbürger und örtlicher Bundeswehr-Helfer an. Im niedersächsischen Wunstorf startete am Montag ein erstes Bundeswehr-Transportflugzeug vom Typ A400M nach Kabul. „Fest steht: Es ist ein gefährlicher Einsatz für unsere Soldaten“, twitterte das Verteidigungsministerium. Oppositionspolitiker kritisierten die Rückhol-Mission als verspätet.

Am Sonntag war das Personal der deutschen Botschaft an den militärisch gesicherten Teil des Flughafens in Kabul verlegt worden. Außenminister Heiko Maas (SPD) zufolge sollte noch ein Teil von ihnen am Sonntag ausgeflogen werden. Ein operatives Team werde dort bleiben, um die Handlungsfähigkeit zu erhalten, sagte Maas.

Chaotische Szenen am Flughafen Kabul

Am Flughafen von Kabul befanden sich am Montag Tausende Menschen, die verzweifelt versuchten, einen Platz in einem Flugzeug zu finden, um Afghanistan zu verlassen. Auf Fernsehbildern ist zu sehen, wie Hunderte in Panik zwischen stehenden Flugzeugen hin- und herlaufen. US-Soldaten gaben Warnschüsse ab, um zu verhindern, dass Menschen die Landebahn blockieren. US-Spezialkräfte sollten die Evakuierung westlicher Diplomaten sichern.

Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin warf der Bundesregierung eine Mitverantwortung für die Entwicklung in Afghanistan vor. Sie habe deutsche Soldaten immer wieder wider besseres Wissen und ohne eine politische Strategie in einen lange verlorenen Einsatz ziehen lassen, sagte Trittin dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Montag). Außenminister Maas müsse im Bundestag erläutern, „wie es zu diesem Versagen in einem so absehbaren Fall kommen konnte“.

„Ortskräfte in akuter Lebensgefahr“

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff kritisierte Versäumnisse der Bundesregierung bei der Evakuierung früherer Bundeswehr-Helfer. Es sei „beschämend“, dass die Bundesregierung unfähig gewesen sei, Ortskräften beispielsweise in Masar-i-Sharif eine rechtzeitige Ausreise zu ermöglichen.

Auch in den Regierungsparteien regt sich Kritik. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) zeigte sich erstaunt, dass die Verteidigungsministerin „sich offensichtlich jetzt erst Gedanken über die Evakuierung macht. Die Ortskräfte befinden sich in akuter Lebensgefahr, das war absehbar“, sagte er der „Welt“.

Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, kündigte eine kritische Aufarbeitung der Vorgänge in Afghanistan an. „Es wird immer deutlicher, wie verheerend die Auswirkungen des überhasteten Abzugs der internationalen Streitkräfte aus Afghanistan sind“, sagte Wadephul der „Welt“.

epd
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6 Antworten

  1. Eine krachende Niederlage nach 20 Jahren sinnlosem Krieg. Nun hat auch Deutschland sein Vietnam. Hoffentlich zahlen wir im Gegensatz zu den Amerikaner wenigstens Reparationen für die Schäden, die wir in dem Land angerichtet haben. Das irgendein Politiker dafür zur Verantwortung gezogen wird, ist natürlich leider nicht zu erwarten.

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    1. Wer alles Schuld hat an der jetzigen Misere in Afghanistan wage ich noch nicht zu sagen. Aber anscheinend gibt es nach 20 Jahren NATO Einsatz immer noch keine afghanischen Kräfte, die sich den Taliban in den Weg stellen. Mir tun alle leid, die jetzt unter diesen diktatorischen, skrupellosen Menschen zu leiden haben. Man kann nur sagen HERR erbarme dich! Allerdings sollte sich Deutschland tatsächlich um die Leute kümmern, die mit ihnen verbündet waren und jetzt Rache zu befürchten haben.

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  2. Bei den engen Verflechtungen zwischen Taliban, Iran, Russland und China wird es noch sehr spannend was in dieser Region passiert. Der Iran ist ein wichtiger Partner für die Südroute der neuen Seidenstraße Chinas und in Chinas Interesse den Iran zu stärken. Deshalb war es sowohl ein Fehler der USA aus Afghanistan in der Situation rauszugehen wie auch die Gespräche mit dem Iran nicht wieder aufzunehmen. Die EU und die USA wollen gegen die neue Seidenstraße dagegenhalten. Hier hat man eine große Chance vertan

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  3. Was hier nach 20 Jahren NATO-Einsatz geschieht ist beschämend. Die Menschen die hier wieder Opfer und Spielball einer verfehlten Politik geworden sind können einem nur leid tun. Und die deutsche Regierung hat wieder bewiesen das sie nicht in der Lage ist die reale Lage richtig einzuschätzen und entsprechend zu handeln. Afghanistan ist ein besonderes Land das hat schon Alexander der Große erfahren vor Jahrhunderten und vor der NATO die damalige Sowjetunion in den 80er Jahren. Es ist trotzdem erstaunlich mit welchem Tempo und welcher Ausrüstung die Taliban durchmarschiert sind. Also der Einsatz der NATO war ein totales Fiasko ohne irgenwelche Erfolge. Hier sind tausende Menschen sinnlos gestorben und nun staunen unsere Spitzenpolitiker wieder wie die Welt funktioniert. Vielleicht ist es gar keine so gute Idee einem Land wie Afghanistan die Demokratie aufdrücken zu wollen. In Europa war die Errichtung der Demokratie ein langer Prozess der Geschichte. Jedes Land sollte seinen Weg selbst gehen und wir als Europäer sollten diesen Weg respektieren und akzeptieren zumal gerade bei uns die demokratischen Grundrechte auf dem Prüfstand stehen

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  4. Nach 9/11 musste ein Schlag gegen die Taliban und Al Kaida in Afghanistan geführt werden, es war aber ein Fehler zu versuchen halbwegs demokratische Zustände schaffen zu wollen.
    Es hätte bei einer Strafaktion bleiben sollen.
    Langfristige europäische und deutsche Unterstützung hätte verweigert werden sollen.
    Jetzt hat man 20 Jahre vergeblich investiert und muss zum Schluss beschämt abziehen.
    Die letzten Tage waren ein Schauspiel deutschen Politik-Versagens !
    Rücktrittsforderungen Richtung Maas und AKK sind völlig berechtigt .
    Viele Ortskräfte und liberale Afghanen werden nun leiden müssen, eine Flüchtlingswelle ist zu erwarten.
    Ich bin ein weiteres Mal schwer enttäuscht von unseren Politikern, Gott sei Dank bietet das Leben auch eine geistliche Dimension sonst würde ich verzweifeln !

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  5. Nachtrag: Mit den Taliban muss genauso geredet werden, denn wenn der Vormarsch so schnell ging und die Armee so wenig verteidigungsfähig war gibt es sehr viel Unterstützung aus der Bevölkerung. Wir wissen eben nur nicht wieviele das sind. Es muß über Verhandlungen auch ein gutes Leben für die erreicht werden, die nicht flüchten wollen und können. Da viele Flüchtlinge in der Region bleiben muss alles dafür getan werden was geht. Denn der Türkei oder dem Libanon noch mehr Flüchtlinge aufzubauen wäre verheerend

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