Strukturen der Evangelischen Kirche förderten Missbrauch

Die Evangelische Kirche sollte Strukturen überprüfen, die sexuellen Missbrauch sowie seine Vertuschung in ihren Einrichtungen ermöglicht haben. Das hat die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs gefordert. Sie empfiehlt der Kirche, dazu eine eigene wissenschaftliche Studie durchführen zu lassen.
Von Jonathan Steinert
Die Evangelische Kirche hat durch sexuellen Missbrauch in ihren Reihen an moralischer Integrität verloren

In der Evangelischen Kirche und ihren Einrichtungen hat sexueller Missbrauch nach Angaben der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs auch strukturelle Ursachen. Wie die Kommission in einer Stellungnahme mitteilte, verweisen die Berichte Betroffener auf Strukturen, „die täterschützend gewirkt haben“. Deshalb sei es notwendig, „die eigenen institutionellen Strukturen konsequent zu reflektieren und zu verändern, die den Missbrauch zu einem systemischen Problem haben werden lassen“.

Die Kommission emfiehlt der Kirche, eine wissenschaftliche Studie zu sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in ihren Einrichtungen in Auftrag zu geben, ähnlich derjenigen in der Katholischen Kirche. Unabhängige Fachleute sollten dafür ohne Einschränkungen Zugang bekommen zu Archiven und Akten der Landeskirchen. Für die Aufarbeitung innerhalb der Landeskirchen brauche es verbindliche Kriterien.

Es sei zudem notwendig, auf „Täter und Täterinnen mit allen Mitteln des Strafrechts“ zu reagieren. Interne kirchliche Disziplinarverfahren zu solchen Fällen müssten extern daraufhin überprüft werden, ob die angemessenen Konsequenzen gezogen wurden. Die Kommission mahnte zudem an, die seelsorgerliche Praxis zu überprüfen, damit nicht Täter, sondern Kinder geschützt werden.

EKD berät Missbrauch zur Synode

Sexueller Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen „und vor allem dessen Verschweigen und Vertuschen hat die moralische Integrität auch der evangelischen Kirche schwer beschädigt“, stellte die Kommission fest. Nur wenn sie ihre Schuld anerkenne und die Vorfälle konsequent aufarbeite, könne sie Vertrauen zurückgewinnen. Die Anhörungen der Kommission zeigten, dass gerade Betroffene innerhalb der evangelischen Kirche Missbrauch bisher nicht angezeigt hätten.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wird in der kommenden Woche auf ihrer Synode unter anderem zum Thema sexueller Missbrauch beraten. Unter anderem geht es dabei um eine zentrale Anlaufstelle für Betroffene. Auch Studien zur Aufarbeitung seien geplant, erklärte Präses Irmgard Schwaetzer in dieser Woche. Die EKD beabsichtige zudem, mit dem Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, zusammenzuarbeiten.

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs wurde 2016 nach einem Bundestagsbeschluss vom Beauftragten der Bundesregierung ingesetzt. Ursprünglich war ihre Tätigkeit bis März 2019 vorgesehen. Im Oktober verlängerte die Regierung die Laufzeit der Kommission bis 2023.

Von: Jonathan Steinert

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