Steinmeier würdigt Kampf gegen Missbrauch in Kirche

Für ihr Engagement gegen Missbrauch hat Bundespräsident Steinmeier den Betroffenenaktivisten Matthias Katsch und Jesuitenpater Klaus Mertes ausgezeichnet. Er sprach von „abscheulichen Verbrechen“.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Fälle von sexuellem Missbrauch „dürfen nie wieder nur als innere Angelegenheiten der betroffenen Institutionen, auch nicht der Kirchen, behandelt werden“. Das sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag bei der Verleihung von zwei Verdienstkreuzen an den Betroffenenaktivisten Matthias Katsch und Jesuitenpater Klaus Mertes in Berlin. Sexueller Missbrauch sei eine schwere Straftat, die strafrechtliche Verfolgung verlange, betonte das Staatsoberhaupt.

Es müsse verhindert werden, dass derselbe Täter an immer neuen Orten immer neue Opfer finde. Gutes Zureden und Forderungen nach individueller Buße reichten zudem nicht aus, sagte Steinmeier. In seiner Ansprache verwies er auf die Diskussion um das jüngst im Erzbistum Köln vorgestellte juristische Gutachten zum Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsfällen.

Katsch und Mertes ist wesentlich die Aufdeckung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche zu verdanken. Das Missbrauchsopfer Katsch wandte sich 2010 mit weiteren Betroffenen und Ex-Schülern an den damaligen Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, der die sexuelle Gewalt an der katholischen Schule öffentlich machte. In der Folge wurden eine Reihe weiterer Missbrauchsfälle in weiteren Einrichtungen der Kirche bekannt. Die Aufarbeitung dauert bis heute an.

Das Schweigen gebrochen

Katsch und Mertes hätten sich mit Mut und Beharrlichkeit für die Aufdeckung und Aufklärung abscheulicher Verbrechen engagiert, sagte Steinmeier. Katsch ist Mitgründer der Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“ und Mitglied der Aufarbeitungskommission beim Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen.

Steinmeier würdigte dessen Mut, das Schweigen trotz vermeintlicher Tabus und Scham gebrochen zu haben. In diesem Mut wurzele es, wenn heute der Kampf gegen sexualisierte Gewalt als gesellschaftliche Aufgabe größter Bedeutung begriffen werde und der Schutz des Individuums Vorrang vor dem Schutz der Institution erhalte, sagte der Bundespräsident. Katsch sagte, die Auszeichnung bedeute ihm sehr viel. Sprechen helfe, „aber es muss auch jemand zuhören und handeln“, sagte er.

Bei Mertes stellte Steinmeier dessen Kampf gegen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche heraus. Sexualisierter Missbrauch von Macht sei oft Ergebnis „in sich geschlossener Einrichtungen, intransparenter, hierarchischer Strukturen, einer falsch verstandenen Loyalität, die Taten vertuscht, um ein glänzendes Bild nach außen hin aufrechtzuerhalten“, sagte Steinmeier und betonte zugleich, dass auch in anderen Institutionen wie Vereinen, Chören und Bildungseinrichtungen solche Taten stattfinden. Mertes selbst dankte in seiner kurzen Rede unter anderem Katsch. Erst 2010 habe er wirklich begriffen, was sexualisierte Gewalt in der Kindheit für Betroffene bedeute.

epd
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