Religionsfreiheit auch in Deutschland umkämpft

Der Deutsche Bundestag hat am Freitag die Religionsfreiheit zum Thema gemacht. Dabei ging es nicht nur um die Verfolgung von Christen weltweit, sondern auch um den Kreuz-Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder.
Von Anna Lutz
Am Freitag war die Religionsfreiheit Thema im Bundestag. Die Parlamentarier nahmen dabei auch jüngste Entwicklungen in Bayern in den Blick.

Über die weltweite Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit diskutierten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages am Freitag. Der Fraktionsvorsitzende der Union, Volker Kauder, erklärte: „Wir sehen eine Entwicklung, bei der man schon fast deprimiert sagen will: Hört das denn niemals auf?“ Er verwies auf Indonesien, wo ein arabisch geprägter Islam versuche, die Macht zu übernehmen. Oder Pakistan, wo die Christin Asia Bibi seit Jahren im Gefängnis sitze. In China arbeite die Regierung daran, Kindern Religion vorzuenthalten und an dessen Stelle Patriotismus zu setzen. „Ohne Religionsfreiheit werden die schweren Konflikte, die wir jetzt im Orient haben, nicht beendet“, sagte Kauder. „Wir sind das Land der Religionsfreiheit.“ Deshalb müsse Deutschland diese Freiheit auch in den entsprechenden Regionen der Welt einfordern.

Der religionspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, Volker Münz, bedauerte, dass der Bericht der Bundesregierung von 2016 zu dem Thema Christen nicht als die am stärksten verfolgte religiöse Gruppe der Welt ausweise. Deren Bedrückung finde überwiegend in islamischen Staaten statt. Auch in Deutschland litten Christen oder Juden. Recht und Ordnung seien nicht mehr gewährleistet.

Sein Amtskollege von der SPD, Lars Castellucci, griff Münz direkt an. Er nutze das Thema, um gegen andere Religionen aufzustacheln. Mit Bezug auf die Aktion „Berlin trägt Kippa“ sagte er, auch hierzulande müsse jeder mit seiner Überzeugung auf die Straße gehen können. Er griff den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder an: Dieser instrumentalisiere das Aufhängen von Kreuzen in Behörden für den Wahlkampf. „Finger weg davon“, mahnte Castellucci.

Söder verstaatlicht Glauben

Stefan Ruppert, religionspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, sagte: „Dort, wo man nicht beten kann, kann man in der Regel auch nicht wählen.“ Religionsfreiheit hänge eng mit anderen Freiheiten zusammen. „Es kann nicht sein, dass auch in unserem Land die Religionsfreiheit nicht gelebt werden kann, dagegen müssen wir uns einsetzen.“ Religion sei keine Privatsache. Auch er nahm kritischen Bezug auf Söder: „Er sagt mir, dass er meine Religion in Bayern verstaatlicht.“ Damit stelle er das Symbol der Christen in den Dienst seiner politischen Agenda.

Christine Buchholz, Religionssprecherin der Linken, sagte, es gebe keine Rangfolge der Glaubensüberzeugungen. Alle seien gleich schutzwürdig. Die AfD benutze das Thema, um ihren Hass auf den Islam zu transportieren. Buchholz wies auf eine zunehmende Diskriminierung von Muslimen hin. Einig sind sich Linke und AfD allerdings bei ihrer Ablehnung deutscher Waffenexporte in Länder, die Religionsfreiheit nicht zulassen.

Den Ruf der Verfolgten hören

Der Beauftragte für Religionsfreiheit, Markus Grübel (CDU), wies auf die Lage der Christen im Nordirak hin. Dort müssten Christen wieder sicher leben können. Auch Deutschland müsse sich die Frage stellen, wie es dazu beitragen könne. Die Rufe der Verfolgten dürften nicht ungehört bleiben.

Anlass der Debatte war ein Antrag des Menschenrechtsausschusses. Dieser empfiehlt, bei der Wahrung der Religionsfreiheit künftig verstärkt auf Entwicklungszusammenarbeit mit anderen Staaten zu setzen. Auf EU-Ebene soll sich die Regierung im Dialog mit Drittländern für die Religions- und Glaubensfreiheit einsetzen. AfD und Grüne trugen den Antrag nicht mit, FDP und Linksfraktion enthielten sich. Die FDP begründet dies damit, dass die Religionsfreiheit keinen Sonderstatus vor anderen Menschenrechten habe. Mit den Stimmen von SPD und Union wurde er angenommen.

2016 hatte die Bundesregierung ihren ersten Bericht zur Lage der Weltanschauungs- und Religionsfreiheit weltweit vorgelegt. Demnach müssen Gläubige Repressalien erleiden, die von administrativen Hindernissen bei der Eheschließung oder beim Bau eines Gebetshauses bis hin zu drakonischen Strafen beim Glaubenswechsel wie der Todesstrafe reichen. Das sei nicht auf Regionen oder Rechtssysteme beschränkt. Der Bericht erinnert unter anderem an die Situation der Christen in der Türkei, denen etwa der Bau religiöser Stätten untersagt sei, oder auch an deren Glaubensgeschwister im Irak. Der größte Teil der Christen habe das Land nach 2003 verlassen, diejenigen, die geblieben seien, müssten in Angst leben, etwa die Jesiden im Norden des Landes. Die Bundesregierung legt in diesem Jahr ihren nächsten Bericht zum Thema vor.

Von: Anna Lutz

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