Es braucht nicht immer die dicken Politiker-Biografien, um etwas über deren Protagonisten zu erfahren. Ein dünnes, aber sehr lesenswertes Buch ist jetzt im St. Benno-Verlag erschienen. Darin schreibt der amtierende Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), wie wichtig es ihm ist, persönliches Leben und politisches Handeln aus einem Guss zu gestalten.
Das Buch ist Bestandteil der Reihe „Spiritualität der Begegnung“. Haseloff legt dar, für welche christlichen Werte er eintritt. In kurzen Kapiteln erläutert er, welch tiefe Spuren das SED-Regime in seinem Leben hinterlassen hat. Als gläubiger Katholik in der Diaspora sei er auch in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit von der Stasi unter Druck gesetzt worden.
Prägend für ihn waren auch der Kampf um einen Schul- und den Studienplatz. Viele in der DDR hätten resigniert, andere gegen das System angekämpft. Er habe seine Kirche und die Gemeinde als Zuhause erlebt, weil dort viele für die Freiheit gekämpft und ihm Halt gegeben hätten.
Demokratisches System kann nicht den guten Menschen erzeugen
Seine spätere Politik habe er immer darauf ausgerichtet, möglichst große Schnittmengen zu finden, um gemeinsame Ziele umzusetzen. Haseloff beobachtet aber auch, wie anfällig Menschen für die Verführung und Ideologie sind: „Das demokratische System kann nicht den guten Menschen erzeugen.“
Er sei froh, dass sich Paragraph 1 des Grundgesetzes auf Gott beziehe. Das sei nicht nur eine fromme Formulierung, sondern habe auch weitreichende Konsequenzen für seine eigene Politik gehabt, wenn er als Christ wisse, dass er sein Leben einem Schöpfer zu verdanken habe. Nach 34 Jahren auf der politischen Bühne wisse er um kein besseres Fundament oder eine tragfähige Alternative zu seinem Glauben. Er versuche mit den Kardinaltugenden Klugheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit gute und richtige Entscheidungen zu treffen.
Auch auf die Auseinandersetzungen rund um die Corona-Politik geht Haseloff ein. Er warnt davor, nur bestimmte Dinge sehen zu wollen und so den Blick für das Große und Ganze zu verlieren. Ziel müsse es sein, eine „vernünftige, offene und plurale Demokratie zu praktizieren“. Auch während der Pandemie habe er glaubwürdig bleiben wollen. Grundrechtseinschränkungen sollte es nur da geben, wo sie durchzusetzen und zu kontrollieren waren.
Menschen und Gemeinden müssen zuhören
Gedanken macht er sich, welche gesellschaftlichen Auswirkungen diese Debatten bis heute haben. Er möchte seinen eigenen Weg beherzt und konsequent zu gehen, auch wenn Menschen unbeugsam an ihrer eigenen Position festhalten. Dabei setzt er auf den heilsamen Einfluss von Menschen, aber auch der Kirche, die sich einmischen, anderen zuhören und ihnen Mut machen soll.
Haseloff zeigt auf den knapp 100 Seiten sehr eindeutig auf, dass es kein Widerspruch ist, als gläubiger Christ Politik zu gestalten. Sowohl die Kirchen als auch jeder Einzelne könnten in einer zunehmend säkularen Gesellschaft ihren Teil dazu beitragen, dass diese ihre Orientierung nicht verloren geht und sich Menschen auf das zurückbesinnen, was eine Gesellschaft tragen kann: der Glaube.

Reiner Haseloff, Christliche Werte leben – Politik gestalten, 96 Seiten, St. Benno Verlag, ISBN 9783746268606, 14,95 Euro.