Ramadan stellt Lehrer vor Probleme

Im Fastenmonat Ramadan machen viele muslimische Schüler schlapp. Auch die Lehrer sind dadurch herausgefordert. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes fordert für die Pädagogen Hilfe von Politik und Islam-Konferenz.
Von Norbert Schäfer
Immer mehr muslimische Grundschüler an deutschen Schulen fasten während des Ramadan (Symbolbild)

Das Fasten gehört zu den im Koran verankerten Pflichten der Muslime. Während des Fastenmonats Ramadan, der im neunten Monat des Jahres nach islamischem Kalender begangen wird und dieses Jahr am 24. Juni endet, essen und trinken Muslime nicht von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. Einem Bericht der Tageszeitung Die Welt vom Dienstag zufolge halten sich neuerdings bereits muslimische Grundschüler an deutschen Schulen mit hohem Anteil an Muslimen an das Fastengebot, und beeinträchtigen so ihre schulischen Leistungen und ihre Gesundheit. Viele Lehrer sind demnach mit der Situation überfordert.

Dem Artikel zufolge berichten Lehrer von „regelrechten Fasten-Wettbewerben und gegenseitiger Kontrolle“ unter den muslimischen Schülern während des Ramadans. Weil sich die Lehrer von der Schulverwaltung im Stich gelassen fühlten, fordert Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Hilfe von Kultusministerkonferenz und Islam-Konferenz in Form einer gemeinsamen Empfehlung zum Ramadan für den Unterricht. „Es gibt kein einheitliches Vorgehen. Die eine Schule verschiebt Sportfeste aus Rücksicht gegenüber den muslimischen Schülern, die andere sagt, dass sie darauf keine Rücksicht nehmen kann“, erklärte Kraus im Gespräch mit der Zeitung.

Seiner Meinung nach „passe Ramadan einfach nicht in die Schule“. Einer festen Regelung, etwa einer allgemeinen Befreiung der Schüler vom Fasten, verschlössen sich die maßgeblichen muslimischen Verbände. Für den Islamrat „schließen sich Ramadan und Schulalltag jedenfalls keineswegs aus“, berichtet die Zeitung.

Fasten kann Kinder gesundheitlich beeinträchtigen

In dem Artikel beschreiben Anna Kröning und Philip Kuhn unter anderem die Situation einer Grundschule im Berliner Bezirk Neukölln, an der die Mehrheit der rund 320 Schüler Muslime sind. Der Schulleiter hat demnach bei den muslimischen Schülern festgestellt: „Es gibt immer mehr Erst- und Zweitklässer, die schon fasten.“ Bis vor einem Jahr hätten sich vor allem ältere Schüler an die muslimische Fastenzeit gehalten. Dies habe sich geändert. Weil Kinder bereits mittags „völlig entkräftet“ gewesen seien, hätten sie von den Eltern geholt werden müssen.

Den Schulleiter ärgert die „Sorglosigkeit der Eltern“, zudem sorgt er sich um die Gesundheit der Schulkinder. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, hatte im Mai in einem Artikel auf T-Online davor gewarnt, dass strenges Fasten die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gefährdet und sich zudem negativ auf die schulischen Leistungen auswirke. Der Welt-Artikel beschreibt skurrile Blüten des Fastens: Eine Lehrerin berichtet, dass muslimische Schüler den Schwimmunterricht verweigerten, weil sie fürchteten, versehentlich Wasser zu trinken. Demnach haben die Lehrer Probleme, den normalen Schulalltag im Ramadan zu gewährleisten. In dem Berliner Stadtteil, in dem etwas weniger als ein Fünftel der rund 320.000 Bewohner Muslime sind, soll nun ein „spezieller Leitfaden den schulischen Umgang mit der muslimischen Fastenzeit regeln“. Dem Papier waren dem Artikel zufolge zähe Verhandlungen mit Moscheevereinen und Imamen vorangegangen. Breite Zustimmung von muslimischer Seite fand die Handlungsempfehlung demnach nicht.

Gisela Unruhe von der Regionalen Schulaufsicht in Neukölln erklärt gegenüber der Zeitung: „Religion wird zur Identitätsfindung und Abgrenzung genutzt.“ Unruhe erkennt darin einen möglichen Grund, warum viele Kinder religiöser als ihre Eltern sind. Schulleiter Robert Himberg ist der Meinung, dass „gestiegene Religiosität etwas mit Verunsicherung zu tun“ habe, hinter dem „sich der Wunsch der Kinder nach einem größeren Selbstbewusstsein“ verberge.

Koran regelt Fasten nicht eindeutig

Nach Angaben von „Orientierung: M“ (früher Orientdienst), einer christlich geprägten Ausländerhilfe, liegt die Entscheidung, ob ein Kind während des Ramadans fasten sollte, bei den Eltern, die je nach Bindung an ihre Moschee durch den Imam auch in dieser Frage eine Prägung erfahren. Sure 2,183ff. gehe demnach von fastenden Erwachsenen aus. Der Koran gebe keine eindeutigen Hinweise darauf, ab welchem Alter ein Kind beim traditionellen Fasten während des Ramadans teilnehmen soll. Nach Beobachtung von „Orientierung: M“ können Kinder vor der Pubertät freiwillig fasten. Manche Kinder wollten fasten. Die Organisation hat zudem beobachtet, dass muslimische Gläubige, um ihre Arbeitsverhältnisse nicht zu gefährden, manchmal lieber den Arzt aufsuchen, um sich während des islamischen Fastenmonats krankschreiben zu lassen. Andere nehmen nach Angaben von „Orientierung: M“ speziell für diese Zeit Urlaub. (pro)

Von: nob

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