Quellenschutz: Verfahren gegen „Berliner Zeitung“ eingeleitet

Der Presserat hat ein Verfahren gegen die „Berliner Zeitung“ eingeleitet. Es geht um den Quellenschutz und die mögliche Preisgabe eines Informanten.
Von Norbert Schäfer
Quellenschutz

Der Presserat hat ein Verfahren gegen die „Berliner Zeitung“ eingeleitet. Der Hintergrund ist, dass der Verleger der Zeitung, Unternehmer Holger Friedrich, den Springer-Verlag darüber informiert hatte, vom einstigen Chefredakteur der „Bild“, Julian Reichelt, interne Kommunikation erhalten zu haben.

Das Vorgehen – Reichelts Rolle könnte als die eines Informanten gewertet werden – stellt womöglich einen Verstoß gegen Paragraf 5 des Pressekodex dar. Dort lautet es: „Die Presse wahrt das Berufsgeheimnis, macht vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und gibt Informanten ohne deren ausdrückliche Zustimmung nicht preis. Die vereinbarte Vertraulichkeit ist grundsätzlich zu wahren.“

Der Chefredakteur der „Berliner Zeitung“, Thomas Kurianowicz, teilte Ende April in einer Stellungnahme mit, dass der Ex-Bild-Chefredakteur sich beim Verleger der Zeitung mit Informationen gemeldet habe, „die angeblich Mathias Döpfner und den Springer-Verlag […] belasten und Reichelt in der Machtmissbrauchsaffäre im Springer-Verlag entlasten könnten“.

Als Chefredakteur habe er, so schreibt Kurianowicz, die Dokumente gesichtet und die Berichterstattung nach erfolgter Prüfung aus journalistischen Gründen abgelehnt. Friedrich habe „als Unternehmer und Verleger unabhängig davon den Springer-Verlag über die Kontaktaufnahme von Reichelt informiert, um seinen unternehmerischen Standards zu entsprechen“.

Mascolo: „Bedrohung der Pressefreiheit“

Nun liegt die Causa also beim Presserat, weil nach „Spiegel“-Angaben von vergangener Woche beim Presserat zwei Beschwerden zu dem ganzen Vorgang eingegangen sind. Der Presserat bestätige auf PRO-Anfrage hin, dass er „ein Verfahren gegen die Berliner Zeitung insgesamt eingeleitet“ habe, aber „nicht persönlich gegen Holger Friedrich“, wie verschiedene Medien berichtet haben.

Georg Mascolo, der frühere Chefredakteur des „Spiegel“, nimmt die Einleitung des Presserats-Verfahrens zum Anlass, um Kollegen des eigenen Berufsstandes zur Wahrung der Anonymität von Quellen zu ermahnen. Der Journalist sieht in der Preisgabe vertraulicher Informationen eine „Bedrohung der Pressefreiheit“.

In einem Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ unter dem Titel „Bedrohung von innen“ appelliert Mascolo vergangene Woche zur Wahrung ethischer und handwerklicher Grundlagen im Journalismus, wie diese im Pressekodex niedergeschrieben sind.

Medien müssten durchaus über Missstände in Medien berichten können, aber für Verleger und deren sämtliche Angestellte müsse Quellenschutz eine „Pflicht“ sein. Es handele sich um ein Prinzip, eine Art Prüfstein für die Glaubwürdigkeit des Journalismus, das sich bewähren müsse – unabhängig von einer Person. Der Schutz des Informanten diene dem Schutz der Pressefreiheit und damit der Demokratie. „Wenn es um den Schutz der Vertraulichkeit geht, darf der Boden nicht schwanken, sonst gerät Großes in Rutschen.“

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