Quantensprung für den Glauben

Gott kann man nicht beweisen. Und doch erliegen immer wieder gläubige Menschen der Versuchung, Nichtgläubigen seine Existenz durch „Beweise“ vorrechnen zu wollen. Der studierte Physiker Daniel Bühne zeigt in seinem Buch, dass gerade Erkenntnisse aus der modernen Physik dem Versuch eines widerspruchsfreien Glaubens im wahrsten Sinne einen Strich durch die Rechnung machen.
Von Jörn Schumacher

Die Erkenntnisse der Quantenphysik geben immer wieder eine Steilvorlage für Spekulationen im metaphysischen Bereich. Auf nur 80 Seiten versucht Daniel Bühne in seinem Buch „Von Quanten und Konstanten“ Parallelen zwischen den überraschenden und immer noch schwer zu erklärenden Phänomenen der Physik mit Fragen der Theologie zu vereinen. Und das gelingt ihm auf überraschende und leicht nachvollziehbare Weise.

Bühne studierte in Münster Physik, Mathematik und Sport und ist heute Lehrer an einem Gymnasium im Hochsauerland. Die Fragen der Physik verknüpfte er schon seit seinem Studium immer auch mit seinem eigenen persönlichen Glauben an Jesus Christus. „Fast scheint es mir in einigen Bereichen so, als habe Gott absichtlich Gesetze in seine Schöpfung eingebaut, um uns Menschen zu helfen, geistliche Wahrheiten annehmen zu können“, schreibt Bühne. „An anderen Stellen wirkt es so, als habe Gott mit Humor unergründliche Geheimnisse in die Natur integriert, um uns Menschen zu zeigen, dass wir bei unserem Streben nach Perfektion und Allwissenheit gewisse Grenzen nie werden sprengen können.“

Wenn es derselbe Gott ist, der die Naturgesetze erdacht hat und der hinter den Geschichten in der Bibel steht, dann müsste doch die naturwissenschaftliche Forschung für den gläubigen Menschen eine Hilfe im geistlichen Leben bereit halten. Bühne will auf wenig Platz vielleicht etwas viel. So erklärt er einigermaßen detailliert die Relativitätstheorie Albert Einsteins und warum ein Myon (ein Elementarteilchen) deren Richtigkeit beweisen kann. Und auch wenn das Buch im Verlag „Christliche Literatur-Verbreitung“ erschienen ist, ist es weniger ein Traktat zum Verteilen auf der Straße, sondern vielmehr ein Diskursbeitrag für erfahrenere Christen.

Spannungsfelder in Physik und Theologie

Dann aber kommt Bühne rasch auf die zwei Kernaussagen seines Buches zu sprechen, die in der Tat jedem gläubigen Menschen zu Denken geben sollten. Erstens: Überall in der Physik stoßen die Forscher früher oder später auf Konstanten, Werte, die als Zahl unveränderlich festgeschrieben sind. Die Lichtgeschwindigkeit ist so eine Konstante, und Bühne ist überzeugt: „Es kann kein Zufall sein, dass Jesus genau dieses Phänomen (Licht) als Bild für sich selbst benutzt: ‚Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben‘ (Johannes 8,12).“

Nun überzeugt dies vielleicht nicht sofort jemanden, der ohnehin keine Notwendigkeit darin sieht, die Worte der Bibel für wahr zu halten. Aber Bühne stellt weiter fest, dass es in der Natur überall solche unangreifbaren, fest stehenden, also absoluten Konstanten gibt. „Auch im geistlichen Universum ist eine Konstante gesetzt, die unverrückbar zu finden ist in Jesus, dem Sohn Gottes, der absoluten Wahrheit und dem einzigen Weg zu Gott.“

Mit anderen Worten: Entweder diese Welt beruht wirklich auf einem tieferen Sinn, auf einem Anker, auf den man sich verlassen kann, oder es ist alles relativ, alles bedeutungslos. Die Relativitätstheorie zeige eben gerade nicht, dass alles willkürlich ist, auch wenn der Name es nahelegen könnte, sondern dass mit einer Konstante wie der Lichtgeschwindigkeit ein solcher Anker gesetzt ist. „Und nicht nur das!“, fährt Bühne fort. „Hinzu kommt, dass sämtliche Naturkonstanten unglaublich präzise aufeinander abgestimmt sind. Würde man nur eine der vielen Naturkonstanten minimal ändern, wäre sofort jegliches Leben auf unserem Planeten unmöglich.“ Das ist kein Beweis. Aber vielleicht ein Hinweis.

Am interessantesten werden Bühnes Ausführungen bei seinem Vergleich der „Spannungsfelder“ in der Physik und jenen in der Theologie. Eines der kontroversesten Spannungsfelder unter Christen ist vielleicht das zwischen Auserwählung und dem freien Willen des Menschen. Bühne erklärt: „Während die Calvinisten klar betonen, dass der Mensch von Natur aus absolut verdorben ist und gar nichts zu seiner Errettung beitragen kann und dass Gott seine Kinder vor Grundlegung der Welt vorherbestimmt und zum Glauben gerufen hat, legen die Arminianer Wert darauf, dass jeder Mensch die Wahl hat, sich für oder gegen Jesus zu entscheiden.“ Und ist Gott nun eigentlich einer, der uns Regeln vorsetzt und mit Strafe droht, wenn wir sie nicht befolgen, oder doch eher ein liebender Vater, der uns vergibt? Je nachdem, welcher Gott gepredigt wird, gibt es üblicherweise Einwürfe von Vertretern der jeweils anderen Seite.

Gott ist kein Logik-Rätsel

Was hat all das mit Physik zu tun? Der Glaube ist eben nicht logisch wie eine Beweisführung in der Wissenschaft, die auf Axiomen und einer gültigen Schlussfolgerung aufbaut. In der Logik gilt unumstößlich eigentlich: Von zwei Sätzen, von denen einer das Gegenteil des anderen aussagt, muss einer falsch sein. Doch in der modernen Physik gibt es von solchen widersprüchlichen Phänomenen viele, und es werden immer mehr! Und genau diese Bekenntnis zur Unschärfe möchte Bühne auch im theologischen Diskurs sehen: „Je mehr man darüber nachdenkt, desto mehr stellt man fest, dass fast alle Kernbereiche unseres Glaubens aus Spannungsfeldern bestehen, die wir nicht auf einen Nenner bringen.“

An manchen Stellen der Bibel finde man solch ein Spannungsfeld sogar komprimiert in einer Aussage wieder, so der Autor. Etwa wenn es in Philipper 2,12-13 heißt: „Bewirkt euer eigenes Heil mit Furcht und Zittern; denn Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken, zu seinem Wohlgefallen.“ Ja selbst die Grundfrage des christlichen Glaubens selbst fußt auf einem Widerspruch. Bühne: „Unser begrenzter menschlicher Verstand kann es wohl kaum auf einen Nenner bringen, dass Jesus gleichzeitig ganz Mensch und ganz Gott war und ist.“

An Beispielen wie dem verblüffenden Doppelspalt-Experiment oder der Unschärferelation, welche die Physik bis heute irritieren, zeigt Bühne: Es ist nicht immer so einfach. „Vielleicht ist die Lösung für die vielen Spannungsfelder, deretwegen sich Christen zu allen Zeiten entzweit haben, einfach die Erkenntnis, dass es Bereiche gibt, in denen man das oben aufgeführte ‚Entweder-oder-Axiom‘ nur bedingt anwenden sollte.“ Schon in der ersten Atomphysik-Vorlesung vor 20 Jahren sei dem gläubigen Studenten Bühne klar geworden: In der Quantenphysik gelten die Grundaxiome der Logik nur noch eingeschränkt. „Für mich war diese Vorlesung ein echter Quantensprung für mein geistliches Leben“, schreibt der Autor. „Die Natur ist einfach größer als unser begrenzter Verstand, und der Schöpfer der Natur lässt sich erst recht nicht mit menschengemachten Axiomen der Logik eingrenzen!“

Manche Christen gingen aber mit einem ähnlichen Selbstverständnis an das Bibelstudium heran wie Physiker nach dem klassischen Weltbild. „Sie pochen auf ihre geistliche Reife und das Verständnis, das Gott ihnen gegeben hat.“ Jeder kennt das Phänomen eines Streites unter Christen, bei dem Bibelstellen hin und her fliegen, die auch noch irgendwie alle gleichzeitig richtig zu sein scheinen. Wer hat denn nun am Ende Recht? Gott, so zeigt der Physiker, ist eben kein naturwissenschaftliches Rätsel, das man nach den Regeln der Logik lösen könnte. Glaube ist und bleibt eine Frage des Vertrauens.

Daniel Bühne: „Von Quanten und Konstanten, Wie physikalische Phänomene mir helfen, Gottes Wahrheit zu verstehen“, Christliche Literatur-Verbreitung (CLV), 80 Seiten, 4,90 Euro, ISBN: 9783866997462

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