Wirbel um Kita-Leitfaden

„Ene, mene, muh – und raus bist du!“ heißt eine Kita-Broschüre der Amadeu-Antonio-Stiftung über den Umgang mit rechten Tendenzen bei Eltern. Kritiker monieren staatliche Schnüffelei.
Von Nicolai Franz
Die umstrittene Kita-Broschüre wurde vom Bundesfamilienministerium gefördert

Eine Broschüre der Amadeu-Antonio-Stiftung soll Kita-Erziehern helfen, mit rechtspopulistischen Tendenzen bei Eltern umzugehen. Daran entzündet sich teils heftige Kritik. Von Gesinnungsprüfungen ist die Rede.

Besonders an einem Fallbeispiel erhitzen sich die Gemüter. Unter der Überschrift „Kinder aus völkischen Elternhäusern“ beschreibt die Broschüre zwei Geschwister, die im Morgenkreis schweigsam sind, aber „gut spuren“. Außerdem seien „traditionelle Geschlechterrollen in den Erziehungsstilen“ erkennbar: „Das Mädchen trägt Kleider und Zöpfe, es wird zu Hause zu Haus- und Handarbeiten angeleitet, der Junge wird stark körperlich gefordert und gedrillt. Beide kommen häufig am Morgen in die Einrichtung, nachdem sie bereits einen 1,5-km-Lauf absolviert haben.“ Eltern anderer Kinder bitten die Erzieher in dem Beispiel um Rat, weil sie nicht wissen, ob ihr Nachwuchs an der Geburtstagsfeier des Kindes mit den mutmaßlich rechten Eltern teilnehmen soll.

CDU-Politiker: Broschüre zurückrufen

Für die Bild-Zeitung ist der Leitfaden eine „Schnüffelfibel“. Mehrere Politiker wie Christoph Bernstiel (CDU) äußerten sich demnach kritisch, vor allem gegenüber Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), die das Vorwort für den Leitfaden schrieb: „Ich finde es unfassbar, dass eine mit Steuergeld finanzierte Broschüre junge Mädchen, die Zöpfe und Kleider tragen, als potenziell ‚völkisch‘ bezeichnet.“ Giffey solle die Broschüre „schnellstmöglich zurückrufen und überarbeiten lassen“.

Ganz anders sieht es der Watchblog „Übermedien“ und bezichtigt die Bild-Zeitung der Lüge. Die Broschüre wolle gar keine Tipps geben, wie man rechtsextreme Eltern erkennt. Es gehe „um einen fiktiven Fall, bei dem andere Eltern sich an die Kita-Mitarbeiter wenden, weil sie wissen, dass die Eltern eines Geschwisterpaares einer ‚rechtsextremen Kameradschaft‘ angehören“.

Familienministerin Giffey selbst erklärte gegenüber Bild, es sei nicht Aufgabe des Staates zu prüfen, wie Eltern leben und was sie denken. Pädagogen müssten aber erkennen können, ob das Kindeswohl gefährdet ist, etwa wenn die Eltern „radikalen Gesinnungen anhängen“. Pädagogen sei es manchmal nicht einfach, radikale Gesinnungen bei Eltern zu erkennen. „Es geht dabei allein um eins, das Wohl der Kinder.“

Auch die Amadeu-Antonio-Stiftung wies die Kritik zurück – „Rechtspopulistische Alternativmedien“ hätten der Handreichung unterstellt, die politische Einstellung von Eltern erfassen und kontrollieren zu wollen. Medien wie die Bild-Zeitung hätten dies „ungeprüft übernommen.“ Für die Stiftung sei dies „ärgerlich – und das ist noch eine wohlwollende Interpretation“.

Von: Nicolai Franz

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