Neue Friedensdenkschrift: Wadephul sieht ein Versäumnis der Kirche

Die evangelische Kirche hat ihre neue Friedensdenkschrift vorgestellt. Außenminister Wadephul hält diese für gelungen, sieht aber auch ein Versäumnis.
Von Martin Schlorke
Johann Wadephul

Der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat sich erfreut über die neue Friedensdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gezeigt. Diese habe „kluge Antworten“ auf schwierige Fragen gefunden. Denn sie erkenne an, dass die Anwendung von Gegengewalt durch einen angegriffenen Staat „nicht nur völkerrechtlich, sondern auch ethisch gerechtfertigt ist“, erklärte er am Donnerstag in Berlin. Anlass war eine Veranstaltung der Evangelischen Akademie zu Berlin zur neuen Friedensdenkschrift.

Zugleich akzeptiere die Denkschrift, dass „ein Pazifismus des kategorischen Gewaltverzichts als universale politische Ethik nicht zu legitimieren ist“. Als Außenminister und als Christ sei er für diese „umsichtig abwägenden, aber im Ergebnis klaren Positionierung“ der Kirche dankbar.

Wadephul nannte diese Abwägung einen „schwierigen Drahtseilakt“. Zum einen gelte es festzuhalten an den Grundkoordinaten des Glaubens. Zum anderen müsse die konkrete Bedeutung dieser grundlegenden Überzeugungen für jede Zeit neu gefunden werden. Diese Prozesse seien kein Zeichen von Schwäche. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur Selbstkorrektur sei eine große Stärke.

Kritik an Denkschrift

Am Montag hatte die EKD in Dresden eine erneuerte Position zur Friedensethik vorgestellt. In der Denkschrift mit dem Titel „Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick“ formuliert sie ihre Haltung zu den aktuellen Diskussionen um Aufrüstung, Wehrdienst, Atomwaffen und hybride Kriegsführung. In zentralen Punkten gibt es dabei Akzentverschiebungen.

Mit unterschiedlichen Auffassungen zu den Waffenlieferungen an die Ukraine hatte 2022 die Diskussion um die Friedensethik der evangelischen Kirche begonnen. Die Denkschrift rechtfertigt den Einsatz militärischer Mittel zum Schutz vor Gewalt. Das betrifft auch den Ausbau militärischer Kapazitäten zum Zweck der Verteidigung. Die EKD empfiehlt jeweils eine Einzelfallabwägung, was der deutschen Rechtslage entspricht.

Zwar gestand Wadephul dieser Position „eine gewisse versöhnende Kraft“ und eine „ethische Begründbarkeit“ zu. Doch in Bezug auf den „Einzelfall Ukraine“ hätte er sich eine „noch mutigere“ Positionierung gewünscht. Denn in der Ukraine seien die Voraussetzungen zur Unterstützung der rechtserhaltenden Gewalt „eindeutig“ erfüllt. Ohne Waffenlieferungen drohten der Ukraine Mord, Vergewaltigung, Folter und Entführungen.

In einer anschließenden Replik sagte die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs, dass es im Fall der Ukraine keine Frage des Mutes sei. Vielmehr halte sich die Denkschrift in konkreten Thematiken bewusst zurück. Ziel der Denkschrift sei nicht, einzelne Fälle zu kommentieren, sondern mit den Positionen einen Modellcharakter zu schaffen.

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