Mit den Peanuts auf der Suche nach Gott – 100. Geburtstag von Charles M. Schulz

Der Schöpfer der „Peanuts“, von Charlie Brown, Snoopy und Co, Charles M. Schulz, wäre am Samstag 100 Jahre alt geworden. Viele philosophische und religiöse Bezüge finden sich in den Geschichten. Kein Wunder: Schulz war sehr christlich geprägt.
Von Jörn Schumacher
Charles M. Schulz

Wohl jeder kennt sie: die „Peanuts“, Cartoon-Geschichten um eine Gruppe von Kindern, die manchmal gar nicht so kindlich, sondern eher erwachsen wirken. Da ist Charlie Brown, trauriger Held, tolpatschig, gutgläubig, etwas verträumt und sehr philosophisch veranlagt. Der Hund Snoopy, sehr gebildet, er sitzt häufig auf (!) seiner Hundehütte und schreibt auf seiner Schreibmaschine. Lucy, die dominante, rechthaberische und egoistische Freundin, die von Zeit zu Zeit als Psychiaterin auftritt und hinter ihrer Bude sitzend fünf Cent für ihre Dienste nimmt.

Lucys kleiner Bruder Linus vereint Intellekt und Spiritualität, er spricht viel über Kunst, Wissenschaft und Theologie, aber auch über Depression und Glaube. Sein Markenzeichen: eine Schmusedecke. Bekannt auch Charlies Freund Schroeder, der auf seinem Kinderklavier hingebungsvoll Ludwig van Beethoven spielt. Nicht zu vergessen: Peppermint Patty, die an Sport interessierte Freundin aus der Nachbarschaft, die in Charlie Brown verliebt ist.

Auch Jahrzehnte nach seinem Tod gehört Schulz zu den am besten verdienenden verstorbenen Künstlern der Welt – nach Michael Jackson, Elvis Presley und dem Sportler Arnold Palmer steht er an vierter Stelle. Schulz war für den Pulitzer Preis nominiert, einer seiner Filme („A Charlie Brown Christmas“) wurde mit einem Emmy ausgezeichnet. Zwei Tage vor seinem Tod stimmte der US-Kongress für die Vergabe der Congressional Gold Medal, der höchsten zivilen Auszeichnung der USA, an Schulz. Der verstarb wenige Tage vor der Verleihung, an seiner Statt nahm seine Witwe Jean die Auszeichnung entgegen.

Die wahre Bedeutung von Weihnachten

Schulz wurde am 26. November 1922 in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota geboren. Sein Vater stammte aus Stendhal in Sachsen-Anhalt, seine Mutter war norwegischer Abstammung. 1951 heiratete Schulz Joyce Halverson, das Paar bekam vier Kinder. Im Jahr 1970 wurde bekannt, dass Schulz eine Affäre mit einer 25-jährigen Frau hatte. Zwei Jahre später wurde seine Ehe geschieden. Schulz heiratete erneut, die Ehe hielt 27 Jahre. Aufgewachsen in einer Familie von Lutheranern, wandte sich Schulz als junger Mann der „Church of God“ zu, einer evangelikalen Freikirche. Später war er Laienprediger in der Methodistischen Kirche.

In den Peanuts-Comics von Schulz stecken bekanntermaßen viele Lebensweisheiten, aber auch viele religiöse Bezüge. Was viele nicht wissen: Der Schöpfer von Charlie Brown, Lucy und Co war christlich geprägt. Das stellte bereits der Autor Robert L. Short in seinem Buch „The Gospel According to Peanuts“ (auf Deutsch unter dem Titel „Charlie Brown fragt nach Gott“ erschienen) heraus.

„Viele, die die Peanuts-Comics kennen, hätten nicht gedacht, dass Charles Schulz ein christlicher Pionier war“, sagte Stephen Lind in einem Interview. Er schrieb das Buch „A Charlie Brown Religion: Exploring the Spiritual Life and Work of Charles M. Schulz“ (Das spirituelle Leben und Werk von Charles M. Schulz). „Doch in den amerikanischen Medien war er führend, was die Deutlichkeit und Häufigkeit von religiösen Bezügen angeht.“ Zu jener Zeit habe es kein anderer Comic-Autor gewagt, religiöse Bezüge in Cartoons zu machen. Schulz selbst sagte 1966: „Schon allein Bibelzitate waren in Comicstrips für lange Zeit praktisch verboten, niemand wollte auch nur in die Nähe dieser Themen geraten.“ Laut Lind sorgte Schulz mit den Peanuts dann dafür, dass geradezu ein Damm gebrochen wurde, denn nach ihm drückten auf einmal viele andere ihre spirituellen Gedanken in Comics aus.

Lind wies nach, dass von den 17.800 Peanuts-Comicstrips, die in Zeitungen erschienen, über 560 religiöse, spirituelle oder theologische Referenzen zeigten. Zum Vergleich: Die berühmte Szene, in der Lucy den Football wegzieht, sobald Charlie Brown ihn treten will, tauchte „nur“ in 61 Cartoons auf.

Eine der bekanntesten religiösen Szenen ist in der Fernsehsendung „A Charlie Brown Christmas“ zu finden, in der es „um die wahre Bedeutung von Weihnachten“ geht. Linus erkennt, dass das Fest, wie es gemeinhin gefeiert wird, nur noch wenig mit dem biblischen Ursprung zu tun hat und liest aus dem Lukas-Evangelium der King-James-Bibel die Geschichte von der Geburt Jesu vor. Peanuts-Kenner Lind rechnet vor, dass damals im amerikanischen Fernsehen weniger als neun Prozent der Weihnachts-Specials einen religiösen Bezug hatten.

„Ich predige in diesen Cartoons“, soll Schulz laut dem Magazin The Atlantic einmal gesagt haben. „Und ich beanspruche dasselbe Recht zu sagen, was ich will, wie ein Pastor auf der Kanzel.“ Doch in seinen Cartoons werde das Christentum nicht mit Höllenfeuer und Verdammnis gepredigt, stellt Lind fest. Er habe Skeptiker nie angegriffen oder verurteilt. Auch habe er sich nicht als Evangelist gesehen und nie versucht, andere zu bekehren. „In einem Cartoon kritisierte er Evangelisten sogar ein wenig, darin händigt Linus den Nachbarn ein christliches Traktat aus“, heißt es im Atlantic.

Peanuts zitieren aus der Bibel

Schulz habe sich dem christlichen Glauben zugewandt, nachdem er als Soldat im Zweiten Weltkrieg in Europa gekämpft hatte. Schulz arbeitete nach dem Krieg eine Zeit lang bei einer katholischen Zeitschrift namens „Timeless Topix“ als Schriftsetzer. Später malte er unter anderem Comics für die Zeitschrift „Youth“, die zum amerikanischen „Freikirchlichen Bund der Gemeinde Gottes“ gehörte. Er las viele theologische Bücher, und die Seiten seiner Bibel seien voller handschriftlicher Notizen gewesen, heißt es. Außerdem war er als Lehrer in Sonntagsschulen in Kalifornien und im Mittleren Westen tätig.

In einem Comicstrip aus dem Jahr 1952 seufzt ein deprimierter Charlie Brown die Worte aus dem Buch Prediger: „Alles ist eitel!“ An anderer Stelle findet Snoopy Trost in den Worten Jesu aus Johannes 16,33: „Sei guten Mutes!“ Als Charlie Brown einmal Snoopy erwischt, wie er Essen stiehlt, zeigt er dem Hund in der Bibel die Textstelle aus den Zehn Geboten: „Du sollst nicht stehlen!“ Snoopy nimmt sich das Buch, blättert darin und zeigt schließlich Charlie eine andere Stelle: „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden.“ (5.Mose 25,4).

In einem anderen Cartoon fragt Linus Snoopy: „Stört es dich nicht, dass die Bibel nicht sehr gut von Hunden spricht?“ Der Hund antwortet: „Doch, das stört mich, aber ich halte einfach die andere Schnauze hin.“ Schulz malte 40 verschiedene Szenen, in denen es um das Thema Gebet geht. Einmal gesteht Charlie Brown Lucy: „Ich frage mich, ob Gott jemals mit mir zufrieden ist.“ Lind ist überzeugt, Schulz habe hiermit den Kampf vieler Menschen ansprechen wollen, Gott auf irgendeine Weise gefallen zu wollen.

Später im Leben bezeichnete sich Schulz als „säkularen Humanisten“, seine Theologie wurde immer weniger traditionell. Das bedeute nicht, dass er kein Christ mehr war, ist Lind überzeugt, aber vielleicht hielt er ja andere Überzeugungen für ebenbürtige Wege, Gott zu finden. Je mehr er mit seinem Glauben rang, desto mehr habe er dies auch seine Comichelden tun lassen, so Lind.

In einem Cartoon aus dem Jahr 1985 fragt die kleine Schwester Sally Charlie Brown: „Wenn wir sterben, kommen wir dann in den Himmel?“ Charlie antwortet: „Das würde ich gerne annehmen.“

Der letzte Comicstrip von Schulz erschien am 13. Februar 2000. Er zeigt Snoopy, der einen Abschiedsbrief des Cartoonisten an seine Leser tippt. Schulz starb an Krebs, seine Frau berichtet, er sei friedlich eingeschlafen.

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6 Antworten

  1. „Als Charlie Brown einmal Snoopy erwischt, wie er Essen stiehlt, zeigt er dem Vogel in der Bibel die Textstelle aus den Zehn Geboten“ – na, euch könnt‘ man auch den Vogel zeigen: Weiß doch jeder, dass Snoopy ein Hund ist, kein Vogel. 😉

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  2. „Später im Leben bezeichnete sich Schulz als „säkularen Humanisten“…. Na ja, das relativiert natürlich alles vorher Gesagte erheblich…Ob da die richtige „Tiefe“ des Glaubens vorhanden war?

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    1. Bevor mir jetzt wieder Richtgeist vorgeworfen wird: Ich habe nicht gerichtet, ich habe eine Frage gestellt, die nicht mehr beantwortet werden kann, weil der Besagte verstorben ist.

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      1. „Na ja, das relativiert natürlich alles vorher Gesagte erheblich“ – wenn das kein Richtgeist ist ! Ich halte es sogar für Anmaßung und Hochmut. Denn was veranlasst Sie sonst, derartige Sätze zu schreiben und darüber zu spekulieren. Zur Tarnung haben Sie dann eine Frage hinterherschoben. Was bringt es aber, diese Frage zu stellen, wenn sie ja doch nicht beantwortet werden kann. Muss man denn wirklich zu allem und jedem einen Kommentar verfassen?

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  3. Wenn Snoopy zum Vogel und deutsche Städte zu französischen Schriftstellern werden, muss man den Rest auch nicht ernstnehmen, oder?

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