Fast zwei Drittel der 20- bis 30-jährigen Frauen in Deutschland stehen für ein modernes Rollenverständnis und lehnen ein traditionelles Rollenbild ab. Das zeigt die kürzlich erschienene Studie „Tradwives – mehr Hype als Realität“ des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB). Das Wort „Tradwives“ ist zusammengesetzt aus den englischen Wörtern „traditional“ und „wives“.
Die Autoren der Studie haben 2.709 junge Frauen befragt. Sie definieren Tradwives als Frauen, die für eine partnerschaftliche Arbeitsteilung bei Familie und Beruf stehen und gleichstellungsbezogene Grundsätze befürworten. Die Ergebnisse zeigen, dass sich der „Tradwife“-Trend auf Social Media nicht in den aktuell vorherrschenden Rollenverständnissen junger Frauen widerspiegelt.
Laut Studie hatten 18,5 Prozent der Befragten ein traditionelles Frauenbild. Dieser Teil der Befragten sehe Mutterschaft als existenzielle Lebensaufgabe der Frau und befürworte eine traditionelle Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann in einer Beziehung. Eine dritte Gruppe, rund 20 Prozent der Frauen, vereinte sowohl traditionelle als auch moderne Überzeugungen.
Negative Folgen kaum im Blick
Die Forscherinnen Sabine Diabaté und Leonie Kleinschrot untersuchten auch, warum junge Frauen dieses Rollenverständnis entwickeln. Besonders Mütter, religiöse Frauen und Teilnehmerinnen mit niedrigerem Bildungsniveau neigten dazu, diese Überzeugungen zu vertreten. Religion war dabei der stärkste Faktor. Die Möglichkeit, dass „sehr religiöse“ Frauen tradwife-ähnliche Überzeugungen entwickeln, war fast 20 Prozent höher, als bei nicht religiösen.
Die Studie bewertet den Trend der „traditionellen Frauen“ negativ. Die Forscherinnen kritisieren, dass kaum auf die negativen Folgen des traditionellen Rollenverständnisses verwiesen werde. Auch über die Folgen finanzieller Abhängigkeit und eine Anschlussfähigkeit an den rechten Populismus werde nicht ausreichend aufgeklärt.
„Tradwives“ sind ein bekanntes Social-Media-Phänomen. Es handelt sich um Frauen, die über Plattformen wie Instagram oder TikTok konservativ-traditionelle Werte verbreiten. In ästhetisch produzierten Videos und Posts vermitteln sie ihre Ideale und erreichen damit Millionen Nutzer. In ihren Beiträgen geben sie Tipps zum Kochen oder zur Kindererziehung. Sie befürworten, dass der Mann der Ernährer der Familie ist.