ARD-Journalist: „Wir wollen niemals belehren“

Aktivismus und Belehrungen haben in Nachrichten nichts verloren. Das hat der Chefredakteur von ARD-aktuell, Kai Gniffke, bei der Netzkonferenz Republica erklärt. Völlig objektiv sei aber keine Redaktion. Die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali bestand darauf, ihre Meinung offen sagen zu können – auch als Journalistin.
Von Anna Lutz
„Natürlich bemühen wir uns um Objektivität, auch in dem Wissen, dass wir sie nie ganz erreichen können“, sagte Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD-aktuell, im Gespräch mit Moderatorin Dunja Hayali

„Natürlich bemühen wir uns um Objektivität, auch in dem Wissen, dass wir sie nie ganz erreichen können“, sagte Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD-aktuell am Mittwoch bei der Netzkonferenz Republica in Berlin. Er wolle den Leuten aber nicht sagen, was sie zu denken haben. „Das wäre fatal, dann würden wir unsere Glaubwürdigkeit verspielen.“ Weiter erklärte er: „Wir wollen niemals belehren“, räumte aber ein, dass es auch innerhalb der ARD zur Anfangszeit der AfD einen „missionarischen Eifer“ gegeben habe, nach dem Motto: „Die müsst ihr doof finden.“ Er ist sich sicher: „Aktivismus hat in der Tagesschau nichts verloren.“ Aber auch Redaktionen wie die der ARD hätten einen Auftrag. Sie sähen sich etwa den Menschenrechten verpflichtet. Deshalb hätten sich deren Vertreter zum Beispiel für die Freilassung des zeitweise in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel eingesetzt.

Keine Reichweite durch Empörung erzielen

ZDF-Moderatorin Dunja Hayali sagte, trotz der ihr gebotenen Neutralität setze sie sich öffentlich für bestimmte Werte ein. Hayali ist dafür bekannt, sich in Sozialen Medien provokant und streitlustig mit Themen und Gegnern auseinanderzusetzen. In der Vergangenheit erntete sie dafür Kritik und auch zahlreiche Hasskommentare. „Jeder hat ein Recht darauf, seine Meinung zu äußern, wenn er sie kennzeichnet“, sagte sie. Kein Journalist aber sollte über Empörung Reichweite generieren. „Das Ziel ist nicht, die Gesellschaft zu spalten“, sagte sie. „Wir können nicht einfach so tun, als käme Hass und Häme im Netz immer nur von Rechts.“ Aber die Äußerungen aus dieser Richtung machten einen großen Teil aus. In Richtung ihrer Zuhörer äußerte sie die Bitte: „Geben Sie uns Zeit.“ Journalisten wollten in der Regel gute Arbeit leisten und Hintergründe darstellen. Wenn sie aber vorschnell mit dem Vorwurf der Fake News abgewatscht würden, werde das ihrer Mühe nicht gerecht.

Die Journalistin Silke Burmester ist sich sicher: „Es gibt keinen objektiven Journalismus.“ Jeder sei durch seine Umwelt geprägt. Sie selbst tue nicht so, als sei sie neutral, sondern beziehe in ihren Beiträgen Position. Das aber mache sie klar sichtbar, daher halte sie es für zulässig. Georg Restle, Leiter und Moderator des Politmagazins Monitor im Ersten, warf den Kollegen Unehrlichkeit vor. Auch die Tagesschau oder andere Nachrichtensendungen wählten ihre Themen nach bestimmten Kriterien aus und seien daher nicht per se neutral. Im Gegensatz zu bestimmten Debattenformaten täten sie aber so, als könnten sie es sein.

ZDF-Chef: ZDF macht keine Politik

Gast bei der Republica war auch ZDF-Intendant Thomas Bellut. Angesprochen auf die zögerliche Berichterstattung seines Senders etwa zu den Vorfällen der Silvesternacht 2015 rechtfertigte er die Journalisten: „Es konnte sich niemand vorstellen, dass so etwas passiert.“ Bellut räumte ein, dass sich das ZDF im Rahmen der Flüchtlingskrise zu lange nicht mit den Gründen für Gewalttaten auseinandergesetzt habe. Man müsse es ernst nehmen, wenn eine Bevölkerungsgruppe auch deshalb das Gefühl habe, ihre Anliegen würden durch ein großes Medium nicht vertreten.

Über die AfD sagte er: „Sie hat das Recht, auch in unseren Nachrichten vorzukommen.“ Er glaube nicht, dass das ZDF die Partei erst groß gemacht habe. Prominente Stimmen hatten dem Sender nach der Bundestagswahl vorgeworfen, durch eine politisch einseitige Berichterstattung dazu beigetragen zu haben, dass die AfD Anhänger gewann. Das ZDF habe keine Politik machen wollen, entgegnete er auf der Republica. Wenn sich einzelne Politiker aber rassistisch äußerten, „müssen wir das kritisch einordnen, dazu sind wir verpflichtet“.

Von: Anna Lutz

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