Ist selbstbestimmtes Sterben egoistisch?

Die ARD sendet am Montag einen Themenabend zum Thema Selbstbestimmtes Sterben. In dem Fernsehfilm „Die letzte Reise“ möchte eine 76-jährige Frau in einer Klinik in der Schweiz ihrem Leben ein Ende bereiten. Ihre beiden Töchter versuchen, dies zu verhindern.
Von Jörn Schumacher
Die Schauspielerin Christiane Hörbiger in der Rolle einer 76-jährige Frau, die in einer schweizer Klinik ihrem Leben ein Ende setzen möchte

Der Film „Die letzte Reise“ von Regisseur Florian Baxmeyer handelt von der pensionierten Lehrerin Katharina Krohn, die – vor allem seit dem Tod ihres Mannes – ihres Lebens überdrüssig ist. Nach einem glücklichen Leben möchte sie nun ihren Tod selbst bestimmen. Sie leidet an einer Arthrose und einer chronischen Lungenerkrankung, die es erfordert, dauerhaft ein Atemgerät mitzuführen. Sie will verhindern, dass sie zu einem Pflegefall wird und daher die Selbsttötung in der Schweiz mit Hilfe eines Sterbehilfearztes (Burghart Klaussner) durchführen lassen. Gespielt wird Katharina von Christiane Hörbiger.

Katharinas Töchter bringt sie in einen schweren Gewissenskonflikt. Sie wollen den Freitod der Mutter verhindern, und das geht nur, wenn sie der geistig topfitten Frau per Gericht eine Betreuung zuweisen lassen. Ihre Tochter Heike (Suzanne von Borsody), die Bauingenieurin ist, will für die Seniorin trotz ihres messerscharfen Verstandes per Gerichtsbeschluss eine Betreuung einrichten und sie somit quasi „entmündigen“ lassen. Die andere Tochter, Maren (Nina Kronjäger), die Anwältin ist, hofft, dass ihrer Mutter bald wieder zu neuem Lebensmut findet. Obwohl die Schwestern das gleiche Ziel haben, stehen sie sich schon bald in einem erbittert geführten Streit gegenüber.

Katharina ist bewusst, dass sie mit Hilfe der Medizin theoretisch noch weitere 20 Jahre leben könnte. Doch ist ihr dieses Leben nichts wert, da sie ihre Selbstbestimmtheit verloren hat und auf Pflege angewiesen wäre. „Was jetzt noch kommt, interessiert mich nicht. Das hat für mich keinen Wert.“ Der schweizer Arzt versucht noch, ihr Mut zuzusprechen und rät ihr, dem Leben noch einmal eine Chance zu geben, denn vielleicht hat es noch einige schöne Momente für sie bereit.

Der Film zeigt den Konflikt zwischen der Mutter, die ihrem Leben auch im Tod selbst bestimmen möchte, und ihren Töchtern, die nicht zulassen können und wollen, dass sich ihre Mutter selbst tötet, so groß ihr Lebensverdruss auch ist. Das Thema Glaube an Gott oder an ein Leben nach dem Tod kommt nicht zur Sprache.

Volker Herres, Programmdirektor des Ersten Deutsches Fernsehens, sagte zum Film: „Katharina Krohn leidet nicht an einer unheilbaren, schmerzvollen Krankheit. Was tut sie damit ihrer Familie an? Wie egoistisch ist ihr Handeln?“

Die Schauspielerin Christiane Hörbiger kann die Entscheidung der Katharinas aus dem Film nicht nachvollziehen, wie sie gegenüber der ARD sagte: „Nicht einmal in einer ausweglosen Situation kann ich einen solchen Schritt nachvollziehen. Ich persönlich habe übrigens schon als 12-Jährige meinem Vater versprochen, dass ich mich niemals umbringen würde. An dieses Versprechen halte ich mich. Außerdem bin ich katholisch, und Selbstmord gilt als Sünde.“

Dokumentation über echten Fall

Im Anschluss an den Film folgt die Dokumentation „Frau S. will sterben – Wer hilft am Lebensende?“ des SWR. Die Filmemacher Ulrich Neumann und Sebastian Bösel stellen die Frage, wie das Recht auf Selbsttötung im deutschen Gesetz geregelt ist. Er zeigt den Fall einer 78-jährigen Frau, die „multimorbid“ ist, wie Ärzte das nennen. Zeit ihres Lebens litt sie unter den Folgen einer damals noch nicht behandelbaren Kinderlähmung. Jetzt im Alter wird ihr das Leben mehr und mehr zur Last. Das Leben sei für sie nur noch eine Qual, daher hat sie beschlossen, ihrem Leben selbstbestimmt ein Ende zu setzen.

Ende 2015 beschloss der Deutsche Bundestag das „Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“. Aktivitäten von Sterbehelfern werden in Deutschland dadurch unmöglich gemacht. Auch Ärzte, die bei einem solchen Suizid helfen, laufen Gefahr, sich strafbar zu machen. Ärzte und Juristen kritisieren, dass das Gesetz schwerstkranke Menschen und deren Angehörigen in entwürdigende Situationen bringe. (pro)

„Die letzte Reise“, Montag, 2. Oktober, 20:15 Uhr, im Ersten

Von: js

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