Laschet: „EAK ist die eigentliche Werteunion“

Bei der Bundestagung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU ist Ministerpräsident Armin Laschet auf Distanz zur Werteunion gegangen. Die Menschen, die das christliche Menschenbild stattdessen lebten, seien ihm lieb, erklärte der CDU-Vorsitzende.
Von Norbert Schäfer
pro hat Armin Laschet in der Staatskanzlei in Düsseldorf getroffen

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident, CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Armin Laschet hat sich von der Werteunion distanziert. „Ihr seid seit Jahrzehnten die einzige und eigentliche Werteunion“, erklärte Laschet vor den Teilnehmern der Bundestagung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK).

Die CDU brauche keine Werteunion, die sich allenfalls so nenne, aber Ressentiments schüre und spalte, sagte Laschet am Mittwoch bei der 53. Bundestagung des EAK, die in diesem Jahr Corona-bedingt online stattfand. Die Werteunion ist ein eingetragener Verein, jedoch kein Teil der CDU/CSU, der für sich beansprucht, den „konservativen Markenkern“ der Unionsparteien zu vertreten.

„Politik aus dem christlichen Menschenbild heraus erklären“

In der EAK werde über „die reale Übersetzung des christlichen Menschenbildes in konkretes Handeln diskutiert […] mit Menschen aus der Diakonie, die sich jeden Tag für dieses christliche Menschenbild in ihrem persönlichen Alltag einsetzen“, sagte der CDU-Vorsitzende, und weiter: „Und deshalb sind mir Leute suspekt, die sich nur so nennen.“ Ihm seien die Menschen lieb, die das christliche Menschenbild jeden Tag lebten.

Traditionell treffen sich die Mitglieder des EAK am Rande des Kirchentages zur ihrer Bundestagung. Weil der Ökumenische Kirchentag, der am Donnerstag in Frankfurt beginnt und wegen der Pandemie vorwiegend online stattfindet, trafen sich die EAK-Mitglieder ebenfalls im virtuellen Raum.

Der CDU-Vorsitzende unterstrich die Notwendigkeit, Politik aus dem christlichen Menschenbild heraus erklären zu können. Laschet verwies in dem Zusammenhang auf die Diskussion um assistierten Suizid, Fragen des Klimaschutzes und der Pandemiebekämpfung. Das christliche Menschenbild und die daraus abgeleiteten Prinzipien gäben der Politik Profil, auch wenn immer weniger Menschen einer Kirche angehörten.


In seiner Rede vor der EAK-Bundestagung betonte der Kanzlerkandidat der Union die Einigkeit zwischen Katholiken und Protestanten bei politischen Fragen. Das sei in der Gründerzeit der CDU noch anders gewesen. Theologische Unterschiede zwischen den Kirchen müssten jedoch respektiert werden. In den Kernfragen, wie die Welt gestalten werden solle, etwa beim Einsatz für verfolgte Christen in der Welt, seien Christen in der Union „vielleicht weiter als die Kirchen in manchem, was sie theologisch erörtern“, erklärte der CDU-Vorsitzende. „Das Motto, das ‚C’ als Grundlage und Kompass unserer Politik, ist aktueller denn je.“

Kauder: „Das ‚C’ wieder nach vorne rücken“

„Ich habe in der letzten Zeit den Eindruck gewonnen, dass – ein bisschen vorsichtig formuliert – die Orientierung verloren gegangen ist und dass zu Viele etwas verschämt vom ‚C‘ in der CDU gesprochen haben“, sagte der ehemalige Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder. In der Partei seien verschiedentlich Stimmen laut geworden, man müsse wieder konservativer werden. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich in die Konservativ Demokratische Union eingetreten bin, sondern in die Christlich Demokratische Union“, sagte Kauder.

„Der Mensch, so wie er geht und steht. Das ist der wahre Mensch, für den machen wir Politik. Und dem wollen wir helfen, sein Leben selbstverantwortlich gestalten zu können“, erklärte der Unionspolitiker. Er wolle dazu ermutigen, in der Partei wieder das ‚C‘ nach vorne zu rücken. Die CDU habe sich nie als konservativ definiert. Im Zusammenhang mit der Debatte um assistierten Suizid kritisierte Kauder Diakonie- und Kirchenvertreter, die Suizidassistenz in ihren Einrichtungen für möglich erachten. „Wir haben in einer anderen moralisch-ethischen Frage schon viel verloren“, sagte der Unionspolitiker im Hinblick auf Schwangerschaftsabbrüche.

Bahr: „Dem ‚C‘ ist das Ethos des Sprechens eingeprägt“

Für Petra Bahr, evangelische Theologin und Regionalbischöfin, ist das „C“ kein museales Erbe, sondern eine Herausforderung in der Gegenwart und für die Zukunft. „In dem ‚C‘ sei ein tiefes Ethos des Sprechens eingeprägt“, erklärte die Theologin. Jesus habe mit diesem Ethos Polarisierer und Zuspitzer in die Stille und ins Stillewerden gezwungen. Die Union solle sich auf dieses protestantische Erbe besinnen im kommenden Wahlkampf und bei parteiinternen Debatten. „Dann würde das ‚C‘ so strahlen, dass es auch niemand über dem Adenauer-Haus abmontieren könnte, ohne dass es, egal wo es ist, rot leuchtet.“

„Christliches Identitätsverständnis ist ein offenes Identitätsverständnis, weil es sich immer von dem je größeren, von dem einladenden Gott versteht, der um unsere Begrenztheit weiß, sie aber in den Horizont der Hoffnung und der Versöhnung stellt“, sagte der evangelische Theologe und Professor für Systematische Theologie, Peter Dabrock. Deswegen widerspreche ein so verstandenes „C“ allen Versuchen, eine geschlossene Identität auszubilden. „Identität ja, aber Identität der Offenheit für andere aus einem starken Fundament – und nichts Identitäres.“ 

Dabrock warnte davor, „das hohe Lied von der autonomen Selbstbestimmung so singen, als ob wir nicht von Geburt bis ans Ende auf andere angewiesen“ seien, erklärte der Theologe im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Suizidassistenz. Dabrock forderte, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sichergestellt werden müsse, dass niemand Sterbehilfe wünsche, weil er sich als überflüssig empfinde. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 das Verbot organisierter Hilfe beim Suizid gekippt und das Recht auf selbstbestimmtes Sterben betont.
Petra Bahr forderte stärkere Aufmerksamkeit für die Lebensbedingungen kranker und alter Menschen. Das Thema Suizidassistenz sei auch mit einem guten Gesetz nicht aus der Welt. Die Frage bleibe, was es bedeute, hochbetagt noch gut zu leben.

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3 Antworten

  1. Die Werteunion tut meines Wissens eines nicht, nämlich „Ressentiments schüren und spalten“ (Laschet).
    „Wir wollen, dass sich die Union wieder auf ihre Grundwerte besinnt und unsere auf dem Christentum fußenden Überzeugungen im politischen Alltag umsetzt. Hierzu zählen vor allem Fragen des Lebensrechts, der Familie und der Würde des Menschen. Unser Bestreben gilt dabei auch der Bewahrung von Gottes Schöpfung.“ ( https://werteunion.net/konservatives-manifest/ )

    Unsere Gesellschaft wird dagegen durch ganz andere Kräfte gespalten:
    „Der Judenhass flammt in Deutschland wieder auf:
    In Gelsenkirchen hat die Polizei eine antisemitische Demonstration gestoppt. Der Hass kommt aus dem migrantischen Milieu und entzündet sich an der jüngsten Eskalation zwischen Israeli und Palästinensern.

    Aufgeheizte Atmosphäre, Stimmengewirr, und auf einmal ruft jemand: «Scheiss-Jude!» Die Menge stimmt ein und skandiert immer wieder: «Scheiss-Jude, Scheiss-Jude!» Männer schwenken die türkische und die palästinensische Fahne, Frauen mit Kopftuch recken die Arme in die Höhe.

    Der Zentralrat der Juden schrieb auf Twitter: «Zeiten, in denen Juden auf offener Strasse beschimpft werden, sollten längst überwunden sein. Das ist purer Antisemitismus, sonst nichts.»
    Weniger klare Worte fanden manche deutsche Medien, wie zum Beispiel das Nachrichtenportal «Spiegel Online». Dort war lediglich von «antiisraelischen Parolen» die Rede.

    In Berlin wurde laut der «Jüdischen Allgemeinen» in der Nacht auf Donnerstag eine israelische Flagge gestohlen, welche die CDU aus Solidarität vor ihrer Parteizentrale gehisst hatte. Zudem hatten unbekannte Täter versucht, eine vor dem Rathaus des Berliner Bezirks Pankow gehisste israelische Flagge anzuzünden.“
    https://www.nzz.ch/international/deutschland/demonstration-vor-einer-synagoge-in-gelsenkirchen-der-judenhass-flammt-in-deutschland-wieder-auf-ld.1625062

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  2. Was könnte man unter ‚konservativ‘ verstehen, wenn man sich so hart davon abwenden will? Aber die CDU hat mich schon vor Jahren verloren. Und was jetzt noch da ist, dass werden die nicht-konservativen an die bestimmt-nicht-konservativen GRÜNEN abtreten.

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  3. Wortklauberei ! Die Union hat bis Angela Merkel konservative Werte vertreten, steht dies neuerdings im Widerspruch zu christlichen Werten ?
    Eher nicht, aber der Linksruck der Union, jetzt noch verfeinert durch den Klimahype, hat doch wohl objektiv stattgefunden. Das hatte die Gründung der AFD zur Folge und auch die politische Heimatlosigkeit von vielen ehemaligen CDU- Wählern. Klar das kann man nicht mehr einfach rückgängig machen, aber man kann nachjustieren und auch die konservativen Wähler bedienen.
    Dazu scheint die Unionsführung nicht bereit was weitreichende Folgen hat. Die Verwerfungen in der Gesellschaft gehen auch auf das Konto der Union. shame on you !

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