Landesbischof Meister: „Sterbehilfe in kirchlichen Einrichtungen vorstellbar“

Landesbischof Ralf Meister hält Sterbehilfe in kirchlichen Einrichtungen für denkbar. Der diakonische Auftrag von Kirche bestehe in der Begleitung von Menschen und beinhalte auch den Wunsch, zu sterben.
Von Norbert Schäfer
Landesbischof Ralf Meister schließt Sterbehilfe in kirchlichen Einrichtungen nicht aus

Geht es nach dem Willen des evangelischen Landesbischofs von Hannover, Ralf Meister, soll die Kirche auch dann Menschen zur Seite stehen, wenn diese mittels Sterbehilfe ihrem Leben ein Ende bereiten wollen. In einem Interview mit der Zeit-Beilage „Christ & Welt“ erklärte Meister auf die Frage nach der Möglichkeit von Sterbehilfe in Einrichtungen der Kirche: „Sterbehilfe in kirchlichen Einrichtungen ist für mich vorstellbar.“

Dem Interview zufolge werde diese „Ausnahmesituation“ derzeit in der Kirche diskutiert. „Wenn ein Mensch sterben will und die Unterstützung von Dritten wünscht, muss ich das ernst nehmen“, erklärte Meister in dem Gespräch mit der stellvertretenden Chefredakteurin von „Christ & Welt“, Merle Schmalenbach.

Wunsch zu sterben nicht Sterbehilfevereinen überlassen

Sein Wunsch bleibe, dass ein Mensch von dem Vorhaben, durch Sterbehilfe aus dem Leben zu scheiden, Abstand nehme. „Aber wenn das nicht geschieht, muss ich ihm beistehen, auch in der Phase des Suizids“, sagte Meister, und weiter: „Warum sollte die Kirche das einem Sterbehilfeverein überlassen? Warum sollte der Patient dafür eventuell aus einer kirchlichen Einrichtung verlegt werden?“

Der Landebischof verwies in dem Interview zunächst auf die Vielzahl der kirchlichen Altenpflegeheime, zu denen oft Palliativversorgung und Hospitzarbeit gehörten und die Menschen „liebevoll und weitgehend schmerzfrei“ im Sterben begleiteten. Dort könnte nach seiner Ansicht von Ärzten „nach dem geäußerten Wunsch“ eines Sterbewilligen „und einem Prozess der Begleitung“, auch Sterbehilfe geleistet werden. Meister sieht in der Begleitung von Menschen eine diakonische Aufgabe. „Und dieser Auftrag endet nicht mit dem Sterbewunsch“, erklärte der Landesbischof in dem Interview.

Hintergrund

Meister hatte unlängst in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung ein Recht auf Selbsttötung nicht im juristischen Sinn, „sondern theologisch als eine Möglichkeit“ verstanden und das Recht jedes Menschen auf Selbstbestimmung verteidigt. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar das Verbot organisierter Suizidbeihilfe gekippt und geurteilt, dass das Gesetz verfassungswidrig sei, weil es das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Einzelnen einschränke. In einer gemeinsamen Stellungnahme hatten die Deutschen Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) das Urteil vom 26. Februar kritisiert. Meister hatte entgegen der Stellungnahme der Kirchen die Entscheidung der Verfassungsrichter gewürdigt und zu dem Urteil erklärt: „Es zeigt, dass die Würde des Menschen auch das Selbstbestimmungsrecht des Menschen beinhaltet.“

Von: Norbert Schäfer

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