Lage der deutschen evangelischen Gemeinde in Kiew angespannt

Nächtliche Drohnen-Angriffe und Gemeindemitglieder im Krieg: Die deutsche evangelische Gemeinde in Kiew kämpft mit vielen Herausforderungen – und feiert doch jeden Sonntag Gottesdienst.
St. Katharinen Kirche

Die deutsche evangelische Gemeinde in Kiew befindet sich laut Beobachtern in einer zunehmend schwierigen Lage. Dreieinhalb Jahre nach Kriegsbeginn in der Ukraine sei der Austausch mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) schwierig geworden, sagte Bruder Franziskus vom Berliner Rogate-Kloster nach einem zehntägigen Aufenthalt vor Ort.

Die frühere EKD-Auslandspfarrstelle in Kiew ist seit Kriegsbeginn nicht mehr besetzt. Die Gemeinde selbst sei im Unklaren über die Perspektiven: „Die Gemeindemitglieder suchen in der schlechter werdenden Situation in Kiew aber nach Trost und Unterstützung“, fügte Bruder Franziskus im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) hinzu.

Der 57-Jährige war bis Wochenbeginn während eines privaten Urlaubs für zehn Tage in der deutschen evangelisch-lutherischen St.-Katharinen-Gemeinde in Kiew zu Gast. Dort feierte er mit der Gemeinde Gottesdienste, führte Konfirmandenunterricht durch, übernahm bei Hausbesuchen Seelsorge und war in diakonischen Einrichtungen zu Gast, auch außerhalb Kiews.

Gemeindemitglieder im Krieg

Die lutherische Gemeinde in Kiew habe durch den Krieg einen beträchtlichen Teil ihrer Mitglieder verloren. So seien derzeit 13 Gemeindemitglieder im Fronteinsatz. Frauen und Kinder seien zudem innerhalb der Ukraine oder in andere europäische Länder geflüchtet. Gegenwärtig habe die Gemeinde noch rund 200 Mitglieder, sagte Bruder Franziskus. In die Gottesdienste kamen nach seinen Worten etwa 45 Menschen unterschiedlichen Alters: „Vor dem Krieg waren es wohl um die hundert Personen.“ Dennoch werde weiterhin jeden Sonntag Gottesdienst gefeiert, „egal, was ist“.

„Die Situation hat sich in den vergangenen Monaten durch die massiven Drohnenangriffe weiter verschärft“, sagte Bruder Franziskus. Für die Gemeinde seien Nachrichten über an der Front gefallene oder vermisste Mitglieder traumatisierend. Teilweise säßen im Gottesdienst junge Männer, die am nächsten Tag an die Front zurückmüssten. „Die Leute sagen, es wird spürbar schlimmer“, berichtete Bruder Franziskus von seinen Gesprächen. „Nicht zu wissen, ob man am nächsten Tag noch da ist, ist für uns unvorstellbar – und für die Menschen dort doch Alltag.“ Zugleich habe ihn der Wille beeindruckt, trotz der Einschränkungen durch den Krieg einen möglichst normalen Alltag zu leben.

Die deutsche evangelisch-lutherische Gemeinde in Kiew geht auf deutsche Auswanderer zurück. Im August 1767 hielt zum ersten Mal ein deutscher Pfarrer in Kiew für einige deutsche Einwohner einen lutherischen Gottesdienst. Die Liturgie heute ist zweisprachig, auf Deutsch und Ukrainisch.

epd
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