Am 10. Juli soll der Deutsche Bundestag über neue Verfassungsrichter entscheiden, drei Stellen sind zu vergeben. Eine Kandidatin auf Vorschlag der SPD ist Frauke Brosius-Gersdorf.
Seit 2015 ist sie stellvertretendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen, seit 2016 Mitglied der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer. Problematisch aber sehen manche eine andere Position, die sie bis 2024 innehatte: Brosius-Gersdorf war stellvertretende Koordinatorin der von der damaligen Bundesregierung eingesetzten Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin. Jener Kommission also, die sich schließlich für eine neue Regelung von Abtreibungen in Deutschland aussprach und für deren Liberalisierung.
Wie der „Welt“-Hauptstadtjournalist Robin Alexander berichtet, war in einem von Brosius-Gersdorf verantworteten Kapitel des Kommissionsberichts davon die Rede, es sprächen „gute Gründe“ für die Geltung der Menschenwürde „erst für den Mensch ab Geburt“.
Zudem stelle die 54-Jährige das staatliche Neutralitätsgebot infrage, indem sie muslimische Rechtsreferendarinnen das Tragen eines Kopftuchs erlauben wolle. Alexander kommentiert: „Dass Brosius-Gersdorf auch noch nach dem Plan der SPD stellvertretende Präsidentin des Verfassungsgerichts werden soll – und damit eine Integrationsfigur –, scheint aber fast absurd: Die Professorin wollte eine Impfpflicht einführen, will das Grundgesetz gendern und die AfD verbieten. Sie wäre, wenn überhaupt, eine Integrationsfigur für Rot-Rot-Grün.“
„Für uns niemals wählbar“
Protest gegen Brosius-Gersdorf kam auch aus der CDU, wenn auch anonym in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Unsere Kandidaten trafen in der Vergangenheit auf Ablehnung, weil sie zu migrationskritisch waren. Frau Brosius-Gersdorf ist lebenskritisch. Die Personalie ist für uns niemals wählbar.“ Auch PRO hat Stimmen aus der Union zur Causa angefragt, bisher wollte sich niemand öffentlich äußern.
Laute Kritik kam hingegen von der Gruppe „Christdemokraten für das Leben“ (CDL): Frau Brosius-Gersdorf trete für eine unterschiedliche Gewichtung des Lebensrechtes des ungeborenen Kindes je nach Entwicklungsstadium ein, teilte die Organisation am 2. Juli mit und weiter: „Jemand, der Kindern vor der Geburt die Menschenwürde nicht zuerkennen will, ist aus Sicht der CDL als Richterin oder sogar zukünftige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes nicht tragbar. Würde die CDU diese Kandidatur zulassen, würde sie an der Aufhebung des uneingeschränkten Lebensrechtes von Kindern vor ihrer Geburt mitwirken.“
Deshalb fordert die CDL die Unionsparteien auf, die Kandidatur nicht zu unterstützen und einen geeigneten Kandidaten auszuwählen, „der nicht als politischer Aktivist in roter Robe über Fragen unseres Grundgesetzes entscheidet, die zentrale gesellschaftliche Auswirkungen haben“.
Zum Hintergrund: Die 16 Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt, für die Wahl ist jeweils eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Das Vorschlagsrecht für die Kandidaten richtet sich nach Fraktionsstärke.