Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) wendet sich dagegen, Kritik an Corona-Maßnahmen vorschnell als unsolidarisch abzutun. Die Kirchen erhöben „Einspruch gegen die falsche binäre Logik, wonach das Hinterfragen von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen und die Einforderung von Diskurs über Alternativen als unsolidarisch diskreditiert werden“, heißt es in der vom GEKE-Ethikbeirat entworfenen Schrift „Gemeinsam Kirche sein in einer Pandemie – Reflexionen aus evangelischer Perspektive“, die am Dienstag von der GEKE in Wien und dem Brüsseler Büro der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) online vorgestellt wurde.
Die Kirchen riefen nicht zu zivilem Ungehorsam gegen staatliche Anti-Corona-Maßnahmen auf, verlangten aber einen „demokratischen Diskurs über angemessene alternative Maßnahmen“, heißt es in dem Papier. Die GEKE wertet zugleich die Einschränkung der gemeinschaftlichen Religionsausübung im Rahmen der Pandemiebekämpfung nicht als religiöse Diskriminierung. Man erkenne vielmehr „ein berechtigtes Abwägen zum Schutz der Verletzlichsten in der Gesellschaft“. Allerdings stelle man die Frage, ob die staatlichen Beschränkungen für Gottesdienste stets verhältnismäßig waren.
Das Papier ist nicht als Positionierung gegenüber der Politik, sondern als Handreichung an Kirchenverantwortliche gedacht, wie GEKE-Generalsekretär Mario Fischer bei der Vorstellung klarmachte. Es helfe, wenn Erfahrungen zum Umgang mit Krisen aus anderen Kontexten weitergegeben würden. Etwa aus Ländern wie der Schweiz, wo viele Pfarrerinnen und Pfarrer Erfahrungen mit dem Militär oder dem Katastrophenschutz hätten. Der GEKE gehören rund 100 lutherische, methodistische, reformierte und unierte Kirchen aus mehr als 30 Ländern in Europa und Südamerika an.