Kirchen diskutieren über Taufen von Flüchtlingen

Die Taufe von konvertierten Flüchtlingen bleibt ein aktuelles Thema. Die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland haben sich auf einer Fachtagung in Münster mit der Frage im Kontext des Asylverfahrens beschäftigt. Einig sind sich beide darin, dass einer Taufe ausreichend Vorbereitungszeit vorausgehen sollte.
Von PRO
In christlichen Gemeinden, wie hier in Berlin, werden Flüchtlinge heimisch. Wie Christen mit deren Wunsch nach Taufe umgehen sollen, haben die beiden großen Kirchen bei einer Fachtagung in Münster diskutiert.

Vertreter beider großer Kirchen halten eine lange Zeit der Taufvorbereitung von konvertierten Flüchtlingen für sinnvoll. Wie Flüchtlinge auf dem Weg zur Taufe begleitet werden, was passiert, wenn staatliche Behörden die Glaubwürdigkeit der Konversion bezweifeln und welche Gefahren ihnen in ihren Heimatländern drohen, damit hat sich die gemeinsame Fachtagung der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche Anfang dieser Woche in Münster befasst.

Die Konversion von Flüchtlingen werfe auch seelsorgliche, aufenthaltsrechtliche und existentielle Fragen auf, heißt es in der Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz. Wie vielschichtig die Diskussion ist, verdeutlichte die Fachtagung, an der Seelsorger, Praktiker der kirchlichen Flüchtlingsarbeit, Rechtsanwälte, Richter und Mitarbeiter staatlicher Behörden teilnahmen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass eine lange Vorbereitungszeit die Möglichkeit schaffe, auch die eigenen Motive für den Taufwunsch zu reflektieren.

Die Katholische Kirche sieht in solchen Fällen ein gründliches, mindestens ein Jahr dauerndes Katechumenat vor. In den evangelischen Landeskirchen gibt es ähnliche Regelungen. Die Pressemitteilung betont, dass die Kirchen und ihre Seelsorger sich der hohen Verantwortung bei diesem Thema bewusst seien.

Frage der Erwachsenentaufe rückt in den Fokus

Der systematische Theologe Klaus von Stosch von der Universität Paderborn zeigte die unterschiedlichen Perspektiven der Konversion im Christentum und im Islam auf. Für Konvertiten zum Islam gelte oftmals das Hören des Korans als Gotteserlebnis. Für christliche Konvertiten stehe die Begegnung mit einer konkreten Person im Mittelpunkt: „In Jesus Christus erfahren sie Gottes Gegenwart“, verdeutlichte von Stosch.

Er plädierte für Formen der Taufvorbereitung, die achtsam mit der religiösen Prägung von Konvertiten umgingen. Diese sollte es ihnen ermöglichen, sich mit dem früheren Glauben zu versöhnen. Der Münsteraner Theologe Christian Grethlein ging auf das Taufverständnis ein. Die Taufe habe inklusiven, einschließenden Charakter. Jeder Mensch sei dazu eingeladen – unabhängig von seiner Herkunft, seinem Geschlecht oder dem sozialen Stand. Die Taufe stelle die Grundlage und das Zentrum des Christseins dar und sei für die Identität des Christentums wesentlich.

Während über Jahrhunderte die Kindertaufe in den beiden großen Kirchen der Normalfall gewesen sei, sorge die Taufbegleitung der Geflüchteten dafür, dass Gemeinden mit Fragen der Erwachsenentaufe in Berührung kämen. Im anschließenden Podiumsgespräch tauschten sich Seelsorger verschiedener Denominationen über Gemeinsamkeiten und Besonderheiten in der Taufvorbereitung aus. Sie betonten, dass der Taufe eine intensive Vorbereitungsphase vorausgeht. Sie ermögliche es dem Bewerber, die christliche Botschaft immer besser zu verstehen und in die kirchliche Glaubenspraxis hineinzuwachsen.

Respekt vor der Gewissensentscheidung zentral

In einem weiteren Podiumsgespräch erörterten eine Entscheiderin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), ein Rechtsanwalt und ein Verwaltungsrichter Konversion aus aufenthaltsrechtlicher Sicht. Die Diskussion verdeutlichte, dass eine Konversion im Spannungsfeld zwischen kirchlichem Selbstverständnis und staatlicher Verwaltung steht.

Einen vertiefenden Blick auf die Herkunftsländer der Konvertiten warf der Direktor des Missionswissenschaftlichen Instituts Missio, Harald Suermann. Er nahm die rechtlichen, administrativen und persönlich-gesellschaftlichen Probleme in den Blick, mit denen sich Konvertiten in islamischen Ländern konfrontiert sehen. In der Pressemitteilung heißt es, dass für einen verantwortungsvollen Umgang mit Konversionsfällen der Respekt vor der Gewissensentscheidung und der Religionsfreiheit jedes Menschen zentral sei.

Die Deutsche Bischofskonferenz hatte zu der Thematik die Arbeitshilfe „Christus aus Liebe verkündigen. Zur Begleitung von Taufbewerbern mit muslimischem Hintergrund“ erarbeitet, die 2016 um das Teilkapitel „Aufenthaltsrechtliche Aspekte“ ergänzt wurde.

„Bemühen überall da und spürbar“

Peter Jörgensen, Baptistenpastor aus Berlin-Wedding und Teilnehmer an der Tagung, zog ein positives Fazit. Sowohl aus der Richterschaft, dem BAMF als auch von den Kirchen habe es positive Rückmeldungen gegeben: „Die Tagung war der gelingende Versuch, für eine verbesserte Qualität der Verfahren zu sorgen. Da haben alle Beteiligten immer wieder zu lernen, die ‚andere Seite‘ zu verstehen. Das Bemühen darum ist überall da und spürbar“, verdeutlicht Jörgensen. „Meines Erachtens ist die größte Herausforderung, einzuschätzen, eine Prognose zu erhalten, wie die Asylsuchenden ihren Glauben in der Heimat leben würden und was ihnen dann drohen würde. Die Seriosität des Taufgeschehens ist nicht hinterfragt.“

Auf pro-Anfrage zeigte sich der Menschenrechtsexperte und Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit, Thomas Schirrmacher, erfreut, dass die Veranstalter das Thema „aus dem Schatten oft emotionaler Diskussionen holen und aus verschiedenen Perspektiven gründlich beleuchten“. Schirrmacher, der selbst nicht bei der Tagung anwesend war, freut sich über die Einigkeit, dass die Konversion und Taufe vor Mitläufern und Ausnutzern geschützt werde, und zum anderen Konversionswillige offen empfangen würden. Es zeige sich aber auch an Fallbeispielen, dass es immer noch eine große Herausforderung sei, das kirchliche Vorgehen den Entscheidern des BAMF verständlich zu machen.

Von: Johannes Blöcher-Weil

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