Kirche beschäftigt sich mit Prostitutionsverbot

Eine Resolution auf dem Kirchentag sorgt dafür, dass die Evangelische Kirche sich neu mit ihrer Haltung zur Prostitution auseinandersetzen wird. Die Diakonie sieht ein Verbot kritisch, mindestens eine Landeskirche setzt sich aber dafür ein.
Von Anna Lutz
Prostitution ist in Deutschland: wie die Politik damit umgehen soll, darüber wurde heute wieder im Bundestag gestritten

Knapp 1.700 Stimmen erhielt die Resolution „Wertewandel in der Prostitutionsgesetzgebung“ in der vergangenen Woche beim Deutschen Evangelischen Kirchentag. Sie fordert unter anderem ein Nordisches Modell, also die Einführung der Freierbestrafung, und will Prostitution so faktisch illegal machen. Außerdem fordern die Initiatoren besseren Schutz von Prostituierten, „Ausstiegshilfen und Prävention sowie die generelle Bestrafung aller, die von der sexuellen Ausbeutung profitieren“.

Dass so viele Stimmen zusammenkommen, haben selbst die Verfasser der Resolution, das „Bündnis Nordisches Modell“ sowie die Vereine „Solwodi“ und „Gemeinsam gegen Menschenhandel“ nicht erwartet, erklärt einer ihrer Vertreter gegenüber PRO. Denn für das Thema Prostitution gab es keine große Veranstaltungsfläche auf dem Kirchentag, lediglich einige Stände auf dem sogenannten Markt der Möglichkeiten. 

Resolutionen auf Agenda der EKD

Doch ab 1.500 Stimmen zählt eine Resolution auch ohne Diskussionsveranstaltung als vom Kirchentag angenommen – und dieses Quorum ist erreicht. Das macht sie zwar nicht zu einer offiziellen Forderung des Kirchentages. Aber sie gelten als relevante Willensbekundung der Kirchentagsteilnehmer und werden als solche zertifiziert. Deshalb wird sich etwa der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland nun in seiner nächsten Sitzung mit den angenommenen Resolutionen auseinandersetzen, auch mit dem Sexkaufverbot. 

Dabei sind die Stimmen aus der Kirche zum Thema bisher mehrheitlich zurückhaltend bis kritisch. Das Diakonische Werk hat sich zuletzt im Jahr 2020 zum Nordischen Modell positioniert. „Verbote verhindern weder Prostitution noch dämmen sie ihre negativen Auswirkungen ein“, teilte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, damals mit. Für die Wirksamkeit des Nordischen Modells gebe es keine Belege. Und weiter: „Ein Sexkaufverbot erhöht das Risiko, ausgebeutet oder Opfer einer Gewalttat zu werden. Die Arbeitsbedingungen würden sich verschlechtern und die Stigmatisierung zunehmen.“

Die Evangelische Kirche (EKD) selbst werde sich nun in einer der nächsten Ratssitzungen mit dem Thema beschäftigen, erklärte ein Sprecher. Eine offizielle Haltung gibt es bisher also nicht, dennoch sei die Diakonie eine gewichtige Stimme innerhalb der Kirche, so die EKD.

Württemberger befürworten Sexkaufverbot

Anderes zeigt hingegen der Blick in vor allem eine Landeskirche: Das Württembergische Kirchenparlament forderte bereits im Jahr 2017 ein Verbot der Prostitution. „Die Evangelische Landeskirche in Württemberg spricht sich deutlich gegen Prostitution, Menschenhandel und den damit verbundenen käuflichen Sex aus. Denn Prostitution verletzt die Menschenwürde“, hieß es damals es in einer Stellungnahme. Die Landeskirche forderte eine Überarbeitung der Gesetzgebung und die Anwendung des schwedischen Vorbilds, also eine Freierbestrafung.

Im April dieses Jahres forderte auch die Landeskirche in Baden eine neue öffentliche Auseinandersetzung mit der „Legitimität von Prostitution“. Die Politik müsse einen besseren Schutz Prostituierter sichern. „Das Profitieren von der Prostitution durch Dritte muss stärker sanktioniert werden.“

Die Debatte um Prostitution und den gesetzlichen Umgang damit wird nun weitergehen. Auch im politischen Raum. Denn die Resolution richtet sich nicht nur an das Diakonische Werk und den Rat der EKD, sondern auch an die Bundesregierung. 

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