Jeder Dritte sieht religiöse Vielfalt als Bedrohung

Jeder Dritte in Deutschland empfindet religiöse Vielfalt als Bedrohung. Ungeachtet davon wird Religionsfreiheit hoch bewertet. Das hat der „Religionsmonitors 2023“ der Bertelsmann Stiftung zutage gefördert.
Von PRO
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Ein Drittel der Deutschen sieht religiöse Vielfalt offenbar skeptisch. 34 Prozent der Bundesbürger nehmen religiöse Vielfalt in Deutschland als Bedrohung wahr. Das ist ein Ergebnis des „Religionsmonitors 2023“ der Bertelsmann Stiftung, der am Mittwoch in Gütersloh veröffentlicht worden ist. Ein knappes Drittel sehe die Religionsvielfalt hingegen als Bereicherung (29 Prozent). 37 Prozent gaben an, dass weder das eine noch das andere zutreffe. Im Sommer vergangenen Jahres waren für den „Religionsmonitor“ bundesweit 4.300 Menschen befragt worden.

Grundsätzlich belege die Studie ein weiterhin hohes Maß an religiöser Toleranz, das aber im Vergleich zu 2013 leicht abgenommen habe, hieß es. 93 Prozent der Befragten bejahten die generelle Aussage, jeder solle die Freiheit haben, die Religion zu wechseln oder abzulegen. 80 Prozent sind demnach der Meinung, man solle gegenüber anderen Religionen offen sein. Zehn Jahre zuvor waren dies noch 89 Prozent.

Wenig wissen über andere Religionen

Die Studie kommt aber auch zu dem Ergebnis, dass insgesamt das Wissen über religiöses Leben in Deutschland relativ gering ausgeprägt ist. Dies gelte vor allem für Gepflogenheiten von anderen als der eigenen Religion. Von den Befragten gaben 60 Prozent an, (sehr) viel über christliches Leben in Deutschland zu wissen. Weniger als ein Drittel (27 Prozent) kennt sich mit muslimischen Leben aus. Nur etwas jeder Sechste (16 Prozent) hat Wissen über jüdisches Leben in Deutschland. Laut der Studie „nimmt mit dem subjektiven Wissen auch die Polarisierung in Hinblick auf religiöse Vielfalt zu“.

Von den Befragten gaben 41 Prozent an, häufig Freizeitkontakte zu Personen anderer Glaubenszugehörigkeit zu haben. Bei 49 Prozent ist das selten der Fall, elf Prozent haben nie Kontakt zu Menschen mit anderer Glaubenszugehörigkeit. Dabei stehe eine ausgeprägte religiöse Identität einem Brückenschlag zu anderen Religionen nicht im Weg. „Wer seiner eigenen religiösen und spirituellen Identität sicher ist, hat auch eher viele interreligiöse Kontakte“, lautet es in der Studie.

Individualisierung birgt Spaltungspotenzial

Die Zahlen zeigten, dass die Pluralisierung sowie die Individualisierung des religiösen Bereichs deutlich zugenommen hätten, erklärte die Religionsexpertin der Bertelsmann Stiftung, Yasemin El-Menouar. „Das birgt Spaltungspotenzial“, mahnte sie. Gegenseitige Wertschätzung und gelingendes Miteinander seien kein Selbstläufer, sondern eine Aufgabe für Religionspolitik und Religionsgemeinschaften. Laut Studie können persönliche Kontakte in der Freizeit Brücken zwischen Angehörigen unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften bauen.

1950 hätten noch fast 96 Prozent der Bundesbürger zu den beiden großen christlichen Konfessionen Katholizismus und Protestantismus gezählt, hieß es. Andersgläubige und Nichtreligiöse machten lediglich 4,4, Prozent aus. Laut „Religionsmonitor 2023“ ordneten sich inzwischen nur noch 50 Prozent der Befragten in Deutschland dem christlichen Glauben zu. Die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft in Deutschland ist der Islam mit 8,5 Prozent. Danach folgen in den Religionsgruppen Hinduismus (1,3 Prozent), Buddhismus (0,9 Prozent) und Judentum (0,3 Prozent). Über ein Drittel der Deutschen (35,9 Prozent) sehe sich keiner Religionsgesellschaft zugehörig. Diese Zahlen wurden bereits im März 2023 veröffentlicht.

Von epd/Norbert Schäfer

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