Heinrich und Bethke diskutieren über die Rolle der Kirche

In ihrem Buch „Vom Glauben abgefallen“ geht die Journalistin Hannah Bethke hart mit der evangelischen Kirche ins Gericht. In Berlin kam es nun zum Aufeinandertreffen mit der Präses Anna-Nicole Heinrich – die Unverständnis für einige Thesen zeigte.
Von Martin Schlorke
Anna-Nicole Heinrich und Hannah Bethke

„Ich weise das zurück“, sagte Anna-Nicole Heinrich am Dienstagabend in Berlin empört in Richtung der „Welt“-Journalistin Hannah Bethke. Diese hatte zuvor der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vorgeworfen, dass viele Predigten auf etwas Belangloses heruntergebrochen würden. Das sei „teilweise naiv und infantil“, sodass sie sich als Gläubige nicht ernst genommen fühle. Auch störe sie, wenn Pfarrer in der Predigt über ihren Alltag sprechen. Das habe mit der eigentlichen Tiefe biblischer Geschichten nichts zu tun.

Dem widersprach die Präses der EKD, Anna-Nicole Heinrich, vehement. Dieser Vorwurf der Banalisierung der Kirche sei ein „arrogantes Argument“. Ein zu anspruchsvoller Gottesdienst sei für kirchenfremde Menschen überhaupt nicht gut. Sie selbst stamme aus einer kirchenfernen Familie. Für sie wären solche Gottesdienste in ihrer Jugendzeit schwer verständlich gewesen. Zudem warnte Heinrich mit Blick auf Bethkes These davor, vom eigenen auf das kollektive Bedürfnis zu schließen.

Uneinigkeit herrschte bei der Podiumsveranstaltung mit dem Titel „Vom Glauben angefallen“ auch über die Rolle der Kirche. Bethke nannte die Kirche eine „unersetzbare Institution“. Nur sie könne ein Gemeinschaftserlebnis bieten. Aus dieser Position heraus könnte sie ein Selbstbewusstsein entwickeln, um den Glauben viel stärker sichtbar zu machen. Aus Sicht von Heinrich brauche es jedoch keine Kirche, um Menschen ein Gemeinschaftserlebnis zu bieten, das könne auch der Fußballverein. Vielmehr zeichne Kirche aus, dass sie Menschen unter einem anderen Vorzeichen zusammenbringe – nämlich auf dem christlichen Glauben basierend. Jeder sei willkommen, denn vor Gott seien alle gleich geliebt. Allein das sei bereits eine wertvolle Botschaft, ohne dass Glaubensvermittlung stattgefunden habe.

EKD und AfD

Die beiden Frauen diskutierten außerdem über die Positionierung der Kirche zu politischen Themen. Bethke kritisierte, dass Kirche häufig als politischer Akteur wahrgenommen werde, insbesondere durch ihre Positionierung bei Themen wie Klimapolitik oder Rechtsextremismus. Damit teilt sie die Kritik der Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU).

Bethke nehme in der Politisierung der Kirche eine Schlagseite wahr, die die integrierende Kraft der Kirche schwäche und konservative Gläubige entfremde, etwa wenn Vertrete der „Letzten Generation“ auf Synoden sprechen. Konservativen werde nicht so eine Plattform geboten.

Heinrich betonte wiederum die Bedeutung des Dialograumes, den Kirche schaffe. Zeitgleich sei Kirche aber ein Schutzraum für Menschen. Auch deswegen befürwortet sie, dass AfD-Funktionäre keine Ämter in der Kirche innehaben. Mit Blick auf den Nationalsozialismus sagte Heinrich, dass Kirche es schon einmal verpasst habe, sich klar abzugrenzen – auch personell.

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