Graffiti-Jesus erregt Aufsehen

Bei einem Treffen von Graffiti-Sprayern entstand in Mörfelden-Walldorf eine Jesus-Darstellung, die für Gesprächsstoff sorgte. Sogar eine Diskussionsveranstaltung gab es dazu in der Stadt. Die christlichen Gemeinden waren sich jedoch uneins über das Werk.
Von PRO
Dieser Graffiti-Jesus mit „Stinkefingern“ erregt zurzeit Aufsehen

Eine Jesus-Darstellung mit Tränen in den Augen und ausgestreckten Mittelfingern auf einem Trümmerhaufen ist seit einiger Zeit am Bahnhof Mörfelden in der Nähe von Frankfurt am Main zu sehen. Die Stadt Mörfelden-Walldorf teilte mit, das Motiv sei während eines Graffiti-Hip-Hop-Jams, also eines Treffens von Graffiti-Sprayern, der Jugendarbeit der Gemeinde entstanden.

Was der Künstler mit diesem Bild aussagen wollte, ist nicht bekannt. In einer Stellungnahme sagte er: „Kunst stellt einen Bruch mit der Wirklichkeit dar, indem sie überspitzt, übertreibt und provoziert. Dadurch werden Denkprozesse in Gang gesetzt.“

Der Graffito sorgte für Diskussionen. Die Freie evangelische Gemeinde Mörfelden-Walldorf kritisierte das Bild. Sie sehe sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt. Laut dem Radiosender FFH sagte der Pastor der Gemeinde, dass die „Stinkefingergeste“ unpassend und respektlos sei. Im Gegensatz dazu steht die Meinung der evangelischen Kirchengemeinde. Pfarrerin Meike Sohrmann findet es gut, dass Jesus jetzt in der Diskussion steht, außerdem „habe Jesus immer provoziert und Kritik an der Gesellschaft geübt“.

Bedeutung der Mittelfinger

Um dem Diskussionsbedarf Raum zu geben, hatte der Erste Stadtrat, Burkhard Ziegler, Anfang September zu einer Dialogveranstaltung eingeladen: „Die Meinungsfreiheit in Wort und Bild ist ein so hohes Gut, dass sie in unserem Grundgesetz geschützt ist. Ein Eingriff in diese Freiheit darf nur in begründeten Fällen erfolgen. Mir ist es wichtig, in dieser Angelegenheit mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen.“

Bei der Veranstaltung sei es hauptsächlich um die Frage gegangen, welche Bedeutung die Mittelfingergeste hat. Da der Künstler selbst bei der Diskussion nicht anwesend war, musste diese Frage offen bleiben. Für die Christen der Freien evangelischen Gemeinde sei es unvorstellbar, dass Jesus sich so ausgedrückt hätte, und es werde ein falsches Bild von Jesus vermittelt.

Einige Teilnehmer der Diskussion hätten zwar Verständnis für diese Meinung geäußert, konnten sich aber vorstellen, dass „Jesus heute seine Enttäuschung über unseren Umgang mit Mitmenschen und Umwelt auf diese Weise ausgedrückt hätte“.

Die Diskussionsrunde habe in friedlicher Atmosphäre stattgefunden. Alle Teilnehmer hätten die Blickwinkel ihres Gegenübers kennengelernt, teilte die Stadt Mörfelden-Walldorf mit.

Von: Tobias Schneider

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Eine Antwort

  1. Kunst enthebt sich jeder Bewertung! Kunst muss, will, darf oder sollte nicht allen gefallen. Und an die Kritiker*innen und engstirnigen Menschen, die sich darüber aufregen, möchte ich ein paar Denkanstöße mit auch den Weg geben:
    Gott selbst hat (angeblich) schon heftigere Gesten und Aktionen „vollbracht“. Sodom und Gomorra, die Verbannung aus dem Paradies, … die Bibel ist voll von ähnlichen Geschichten.
    Außerdem ist ein Bild/Kunst doch bitte immer als Ganzes zu sehen und wenn ich im Hintergrund, das Böse und das Chaos sehe, dem Jesus‘ Geste zu gelten scheint, quasi nach dem Motto: „Egal wie böse, ich verbreite trotzdem meine Liebe!“, dann verstehe ich die ganze Aufregung erst recht nicht.
    Ich habe gerade im Radio bei FFH erfahren, dass das Bild stellenweise übersprüht wurde. Leute schämt euch! Verständnis und Toleranz predigen und selbst Sachbeschädigung betreiben, spricht für mich deutlich genug über deren Denkweise. Die Geste Kunst zu beschädigen finde ich verwerflicher, als die von Jesus!

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