Nach Militärputsch: Christen rechnen mit Einschränkungen

Nach der Machtübernahme durch Militärs in Myanmar am Montag fürchten sich Christen in dem Land vor Repressalien. In der Vergangenheit sei das Militär stets pro-buddhistisch eingestellt gewesen.
Von PRO
Der Buddhismus (Bild: buddhistische Shwedagon-Pagode) ist die dominierende Religion in Myanmar. Im ehemaligen Birma sind rund 87 Prozent der Menschen Buddhisten. Etwa sechs Prozent sind Christen, und rund vier Prozent der rund 53 Millionen Einwohner des Landes Muslime

Am Montag hat das Militär die Macht in Myanmar übernommen und zahlreiche Regierungspolitiker festgesetzt, darunter Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi. Christen in dem Land rechnen nach der neuerlichen Machtübernahme durch das Militär mit strengeren Einschränkungen für die Kirchen und einem Wiederaufleben pro-buddhistischer Voreingenommenheit.

„Eine Militärregierung könnte eine verstärkte Macht für die dominierende Religion bedeuten“, erklärte ein lokaler Partner der christlichen Hilfsorganisation „Open Doors“ (OD). Demnach habe die Militärregierung in der Vergangenheit immer ihre buddhistische Kultur und Tradition geschützt. „Wir erwarten, dass es erneut zu Einschränkungen für die Kirche kommen wird, obwohl wir noch nicht wissen, in welchem Ausmaß und in welcher Form dies geschehen wird“, erklärte der Open-Doors-Gewährsmann.

Ansturm auf Banken und Hamsterkäufe

Der OD-Informant befürchtet, dass das Militär nun noch mächtiger ist als vor dem Anbruch der Demokratie. Das sofortige Kappen der Telefonleitungen und der Internetverbindung durch die Militärregierung deute darauf hin. Die politische und wirtschaftliche Situation bewertet der Open Doors Kontaktmann als „sehr instabil und unbeständig“. Nach Angaben einer Pressemeldung der christlichen Hilfsorganisation vom Dienstag reagierten die Einheimischen in dem Land mit Panik. Es sei zu einem Ansturm auf Banken und Hamsterkäufen gekommen.

Der OD-Gewährsmann rechnet damit, dass finanzielle Unterstützung für die Kirche von außerhalb des Landes nicht mehr möglich sein werden, da die Banken geschlossen sind. Das Reisen im Land ist ebenfalls eingeschränkt, der Flugverkehr wurde eingestellt, Straßensperren und militärische Kontrollpunkte errichtet. Im aktuellen OD-Weltverfolgungsindex rangiert Myanmar auf Platz 18.

Regierungschefin Suu Kyi in Haft

Einen Tag nach dem Militärputsch in Myanmar hat die gestürzte Regierungspartei „Nationale Liga für Demokratie“ (NLD) die Freilassung von De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi und weiterer ranghoher Mitglieder verlangt. „Die Machtübernahme des Oberbefehlshabers wenige Stunden vor Einberufung des neuen Parlaments verstößt gegen die Verfassung und ignoriert die Souveränität des Volkes“, heißt es in der Erklärung der Partei vom Dienstag, die vom Magazin „Irrawaddy“ (Online) veröffentlicht wurde. Auch international wuchs der Druck auf das Militär. Die USA drohten mit Sanktionen.

Der Internationale Strafgerichtshof und der Internationale Gerichtshof führen Ermittlungen gegen Suu Kyi. Der Vorwurf lautet, dass es in der Regierungszeit Suu Kyis zu einem Völkermord an den Rohingya gekommen sein soll.

Das Militär verhängte für ein Jahr den Ausnahmezustand. Die Armee begründeten die Machtübernahme am Montag mit angeblichem Wahlbetrug, ohne dafür Beweise vorzulegen. Die Parlamentswahlen vom 8. November hatte Suu Kyis NLD klar gewonnen. Die Partei der Militärs, die USDP, unterlag. Die Militärführung kündigte an, für ein Jahr an der Macht zu bleiben, danach soll es Neuwahlen geben. Zum Übergangspräsidenten ernannte die Armee den Ex-Offizier und Vizepräsidenten Myint Swe.

US-Präsident Biden schaltet sich ein

„Die Vereinigten Staaten werden sich für die Demokratie einsetzen, wo immer sie unter Beschuss steht“, erklärte US-Präsident Joe Biden. Er forderte die Militärs in Myanmar auf, die Macht abzugeben, alle Aktivisten und Funktionsträger freizulassen und keine Gewalt gegen Zivilisten auszuüben. Der Weltsicherheitsrat in New York wollte sich im Lauf des Dienstags in nichtöffentlicher Sitzung mit der Situation in Myanmar befassen.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) äußerte die Befürchtung, dass der Militärputsch die ohnehin dramatische Situation der muslimischen Minderheit der Rohingya weiter verschärfen wird. Rund eine Million Rohingya sind vor der Gewalt des Militärs seit 2017 aus Myanmar nach Bangladesch geflohen. Eine Perspektive für eine sichere Rückkehr werde jetzt noch schwieriger, warnte Müller. Deutschland hat die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Myanmar bereits 2020 eingestellt. Flüchtlinge in Bangladesch werden dagegen unterstützt.

Das südostasiatische Land stand jahrzehntelang unter Militärdiktatur. Erst vor zehn Jahren begann eine politische Öffnung, die zu gewählten zivilen Regierungen führte. Das Militär sicherte sich jedoch eine Schlüsselstellung in der Politik. Bis zum späten Abend (Ortszeit) sei die Lage im Land ruhig geblieben, berichtete die Zeitung „Myanmar Times“ am Dienstag. Internet- und Mobilfunkdienste seien zumeist wieder hergestellt. Tagsüber hatten sich vor Lebensmittelläden und auf Märkten lange Schlangen gebildet. Menschenrechtler fordern nach dem Putsch ein globales Waffenembargo gegen das südostasiatische Land. Die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ appellierte an die EU, gezielte Sanktionen gegen Unternehmen zu verhängen, die von der Armee kontrolliert werden. Myanmars Militär habe in den mehr als 50 Jahren seiner Herrschaft ein Wirtschaftsimperium geschaffen, das Brauereien, Banken, Hotels, Häfen, Tabakfirmen, Textilunternehmen, Immobilien sowie Firmen zur Förderung von Jade, Rubinen, Saphiren und Kupfer umfasse.

Von: epd/Norbert Schäfer

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