Christenverfolgung in Zentralafrika – welche Rolle spielt der Glaube?

In der Zentralafrikanischen Republik ist die Lage für Christen schwierig. Vor Kurzem besuchte der Bundestagsabgeordnete Frank Heinrich (CDU) die Region und sprach darüber mit pro. Open-Doors-Pressesprecher Ado Greve schildert nun ebenfalls die Hintergründe des Konflikts in dem afrikanischen Land.
Von PRO
Ein Flüchtlingscamp in der Nähe des Flughafens von Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik

Im März 2013 eroberten Rebellen der sogenannten Séléka Bangui, die Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), und stürzten den amtierenden Präsidenten Bozizé. Die Gründung der Séléka (das bedeutet soviel wie „Allianz“, Anm. d. Red.) erfolgte im Dezember 2012 durch fünf muslimisch geprägte Rebellengruppen aus dem Nordosten des Landes. Sie unternahmen zunächst Angriffe auf große Städte im Norden, Osten und der Mitte der ZAR. Ziel war jedoch die Eroberung von Bangui und die Errichtung eines islamischen Gottesstaates. So schrieb der Anführer des Aufstandes, Michel Djotodia, am 17. April 2012 an die „Organisation of Islamic Cooperation“ (OIC): „Wenn wir, so Allah will, Bangui erreichen, werden wir einen islamischen Staat aufrichten unter Anwendung der Scharia. Selbst wenn wir es nicht schaffen, Bozizé zu vertreiben, wollen wir Teile Zentralafrikas, Tschad und Darfur in einen islamischen Staat umwandeln.“ Djotodia stellte sich als Verteidiger der Sache der Muslime im Tschad und der ZAR vor und bat seine „Brüder“ der OIC um Unterstützung. Etwa 25.000 Kämpfer aus dem Tschad und Sudan folgten zu Beginn der Unruhen diesem Aufruf.

Die Katholische Kirche der ZAR ging 2013 in einem Schreiben an Michel Djotodia auf dessen Brief an die OIC ein und äußerte große Besorgnis über das Leid der Christen im Land, das ihnen durch Séléka-Kämpfer zugefügt wird. „Wo auch immer Mitglieder der Séléka waren, bleibt die Bevölkerung in Tränen und Kummer zurück. Die Bewohner sind Vergewaltigungen, Plünderungen, Erpressungen, Raub, Überfällen, Zerstörung und anderen Verbrechen ausgesetzt.“

Ursprung der Gewalt gegen die muslimische Bevölkerung

Weil der Schutz der zumeist christlichen Bevölkerung nicht gewährleistet war, formierten sich lose Bürgerwehren unter dem Namen „Anti-Balaka“ (Anti-Machete). Die Kämpfer der Anti-Balaka rekrutierten sich aus der nicht-muslimischen Bevölkerung und nahmen für sich in Anspruch, die christliche Bevölkerung zu schützen. Sie betrachteten alle Muslime als Unterstützer der Séléka und gingen mit großer Brutalität gegen die muslimische Bevölkerung vor. Leiter aller christlichen Kirchen distanzierten sich bereits 2013 in mehreren Stellungnahmen von dieser Gruppe sowie jeglicher Gewalt und betonten in einer Erklärung: „Wir verurteilen jeden Versuch, […] die Menschen der ZAR auf Basis ihrer religiösen Zugehörigkeit gegeneinander aufzuwiegeln.“ Und: „Wir stellen fest, dass alle Anti-Balaka-Mitglieder keine Christen sind und kein Christ Teil der Anti-Balaka sein kann.“

Der Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik weist klare politisch-militärische Züge auf, hat jedoch auch religiöse Hintergründe. Viele Pastoren sagten 2014 in Interviews gegenüber Open Doors, dass sie nie erwartet hätten, von langjährigen Nachbarn plötzlich mit Waffen angegriffen zu werden. Auf die Frage nach den Ursachen für die brutale Gewalt gegen Christen und oftmals gezielt gegen Pastoren und Priester, antworteten viele übereinstimmend: „Wegen unseres Glaubens.“

Heutige Situation – islamistische Tendenzen in der Region

Im September 2013 löste ihr Anführer und der selbsternannte Präsident der ZAR, Michel Djotodia, die Séléka offiziell auf. Heute stehen sich mehrere Milizen – hauptsächlich im Kampf um Macht, Geld und Bodenschätze – unversöhnlich gegenüber. Die religiöse Zugehörigkeit spielt dabei weiterhin eine Rolle, auch wenn es in vielen Fällen nicht um eine religiöse Agenda gehen dürfte, sondern der Glaube primär als Identitätsmerkmal gilt. Der Einfluss islamistischer Eroberungsgedanken wie von Ex-Séléka-Führer Djotodia formuliert, sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Dies belegt auch das Erstarken islamistischer Strömungen und die damit einhergehende zunehmende Christenverfolgung in anderen Ländern der Region wie der Demokratischen Republik Kongo, Burkina Faso, Mosambik oder dem Tschad, um nur einige zu nennen. Open Doors beobachtet die Entwicklungen in der Region genau und ruft zu Gebet und Hilfe für die dort lebenden Christen auf.

Von: Ado Greve

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