Verdoppelung der Verfolgten-Zahlen

Open Doors hat im Weltverfolgungsindex 2017 neue Zahlen zu verfolgten Christen weltweit genannt. Sie sind doppelt so hoch wie in dem Bericht des Vorjahres. Das international aktive Gustav-Adolf-Werk kritisiert dies als teils schwer nachvollziehbar.
Von PRO
Kopten in Ägypten: Das Land am Nil rangiert dieses Jahr auf Platz 21 des Weltverfolgungsindex (Archivbild)

Das Hilfswerk Open Doors hat am Mittwoch den Weltverfolgungsindex für 2017 herausgegeben. Seine Schätzung der Anzahl weltweit verfolgter Christen hat sich darin im Vergleich zum Vorjahresindex von 100 auf 200 Millionen Menschen erhöht.

Das evangelische Gustav-Adolf-Werk (GAW) äußerte sich diesbezüglich gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) skeptisch. Generalsekretär Enno Haaks sagte: „Ich habe die sprunghafte Verdoppelung der Zahl um 100 Millionen mit Verwunderung wahrgenommen.“ Ihm sei „nicht klar, wie die Zahlen zusammenkommen und wie denn diese Liste zusammenkommt“.

Weltverfolgunsindex 2017: Platz eins bis 20 Foto: Open Doors
Weltverfolgunsindex 2017: Platz eins bis 20

Auf Anfrage von pro sagte Open Doors, die letzte Schätzung der 100 Millionen verfolgten Christen stamme aus dem Jahr 2008. Die neue Schätzung von 200 Millionen Betroffenen ist aus dem Jahr 2016. Dazwischen gebe es keine weitere Schätzung.

„Überproportional große Zunahme der Christenverfolgung“

Der Geschäftsführer von Open Doors, Markus Rode, erklärt gegenüber pro: „Der Begriff ,Einschätzung‘ zeigt, dass es nicht darum geht, eine genaue Zahl zu erheben.“ Dies sei laut Rode nicht möglich. „Es soll jedoch die Dimension des Problems sichtbar gemacht werden. Aufgrund der überproportional großen Zunahme der Christenverfolgung im Nahen Osten, Afrika und Asien in den letzten drei Jahren ist diese Neueinschätzung nun erforderlich.“ Er fügt hinzu: „Eine erneute Einschätzung würde dann vorgenommen, wenn es eine signifikante Veränderung der Kategorie geben sollte.“

„Es mag Kritikern um Definitionen gehen, verfolgten Christen geht es um Schutz und Hilfe.“ Markus Rode

Haaks zweifelt daran, dass es bei diesen Zahlen um eine konkrete Christenverfolgung gehe. Oft seien Christen in ihrer Religionsausüberung eingeschränkt oder sie hätten keine Religionsfreiheit. In solchen Fällen gehe es meist auch gesamtgesellschaftlich um die Verletzung anderer Menschenrechte, um Bewegungsfreiheit, freie Meinungsäußerung oder das Recht auf Bildung.

Christen leiden unter bewaffneten Konflikten und Drogenkrieg

Als Beispiel zählt der GAW-Generalsekretär Mexiko und Kolumbien auf, die sich auf Rang 41 und 50 des Weltverfolgungsindex finden. „Das sind katholische Länder, wo werden da Christen verfolgt?“ Dort litten Christen unter der Gewalt von bewaffneten Konflikten und dem Drogenkrieg sowie der Aushöhlung staatlicher Strukturen. Wenn Christen dort von ihren Ländereien vertrieben würden, „geht es nicht um Christenverfolgung, da geht es um massive Ungerechtigkeiten und Gewaltstrukturen“, äußerte sich Haaks. Die Verfolgung, die dort passiere, sei nicht im Glauben der Christen begründet.

Open Doors kann diese Aussage von Haaks „nicht nachvollziehen“. Rode sagte: „[Haake] selbst verweist darauf, dass Christen keine Religionsfreiheit haben und bezieht sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention und EU-Richtlinie. Die bildet allerdings genau das ab, was Herr Haaks an der Open-Doors-Definition kritisiert.“

„Kein Schweigen der Christen zu Gewalt“

Open Doors gehe es um Hilfe für Christen, die ausschließlich aufgrund ihres Glaubens Verfolgung erleiden. „Wenn sie den Dorfbrunnen nicht benutzen dürfen, Morddrohungen erhalten, aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen werden, verprügelt werden, weil sie Christen sind: Ist das Diskriminierung oder Verfolgung? Ist es ,konkrete Christenverfolgung‘, wenn ein Christ genau das erlebt? Es mag Kritikern um Definitionen gehen, verfolgten Christen geht es um Schutz und Hilfe.“ Haaks hält zum Begriff Verfolgung internationale Standards für sinnvoll.

Rode erklärt im Gespräch mit pro weiter, es sei richtig, dass Mexiko und Kolumbien überwiegend katholische Länder sind, in denen viele Bewohner, unabhängig von ihrer Religion, von Gewalt und ungerechten Strukturen betroffen sind. „Jedoch schweigen viele Christen nicht zur Ungerechtigkeit im Land und etliche Kirchengemeinden bieten gerade den Jugendlichen Alternativen zu einer Karriere im Drogengeschäft. Deshalb geraten Christen in die Schusslinie der Rebellen und Drogenbarone.“ Gerade in Mexiko hätte diese gegen Christen gerichtete Gewalt stark zugenommen, während in Kolumbien die Friedensgespräche mit der Rebellengruppe FARC bereits erste positive Auswirkungen hatten. „Zudem gehen Stammesführer und Behörden der indigenen Bevölkerung, die eine große Autonomie in beiden Staaten genießen, aktiv gegen den protestantischen Glauben vor.“

Stärken von Open Doors

Die Rolle von Open Doors beim Themenfeld Religionswechsel und christliche Konvertiten besonders im islamischen Umfeld lobte Generalsekretär Haake. Hier habe die Organisation Recht, „den Finger in die Wunde zu legen“. (pro)

Von: mab

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