Mit der Hölle gegen „warmgeduschte Wohlfühlgemeinden“

Gott rettet die Menschen aus Gnade, erkannte Martin Luther und kämpfte gegen eine kirchliche Praxis, die den Menschen Angst vor der Hölle machte. Dass heute manche Christen fordern, lieber vom Gericht als von der Liebe Gottes zu predigen, kann pro-Kolumnist Jürgen Mette nicht verstehen.
Von Jürgen Mette
Der Theologe Jürgen Mette leitete viele Jahre die Stiftung Marburger Medien. 2013 veröffentlichte er das Buch „Alles außer Mikado – Leben trotz Parkinson“, das es auf die Spiegel-Bestsellerliste schaffte.

Neulich fragte mich ein Veranstalter, ob ich auch über die Hölle, das Gericht und den Zorn Gottes predigen würde. Bevor ich ihn beruhigen konnte, dass ich sehr zurückhaltend mit diesen Themen umgehe, gab er mir zu verstehen, dass er nicht genug davon kriegen kann.

In letzter Zeit wird der Ruf nach Höllen- und Gerichtspredigten immer lauter, wir sollten mehr über den richtenden, strafenden und zornigen Gott sprechen. Gott sei nicht nur lieb, Gott sei auch zornig. Geradezu reflexartig melden sich die konkordanten Advokaten des Zornes Gottes und liefern Bibelstellen, die verhindern sollen, dass sich „Wohlfühlgottesdienste“ und „warmgeduschtes Wischi-Waschi-Christentum“ etablieren. Fast so, als müsse die Nachfolge Jesu wehtun. Kirche als Nagelbrett zur Verhinderung von spiritueller und wonniger Seelengemütlichkeit. Dass uns bloß keiner am Zorn Gottes zweifelt. So las ich vor ein paar Tagen dieses Predigtzitat: „Tod und Teufel, Jüngstes Gericht und Hölle haben keine Konjunktur mehr, alles kommt weichgespült daher.“

Sollen wir wirklich Angst predigen?

Welche Gottesbilder stehen hinter diesen Forderungen? Gott als grimmiger, jähzorniger alter Mann, der sich im eifernden Zorn über die hermacht, die auf Gnade und Barmherzigkeit gehofft haben? Wie soll das gehen, der Hölle mehr Konjunktur verleihen? Wir sollen denen, die jetzt schon die Hölle auf Erden erleben, mit mehr Höllenpredigten einheizen und ihnen mit dem Jüngsten Gericht drohen?

Ist jemals ein Kind unter der zornigen Strafe seines wütenden Vaters zurechtgekommen? War es nicht die Güte Gottes, die uns zur Umkehr getrieben hat? Wie vielen Kindern wurde im Zorn ihrer Väter das Rückgrat gebrochen. Wenn dann der Vater im Himmel auch so ausrastet, dann brauchen wir ihn nicht, denn das haben wir ja schon. Da denke ich an Menschen, die unter dem Zorn ihres Chefs leiden; Ehefrauen, die unter ihren zornigen Männern welk und bitter geworden sind, und Kinder, die den Zorn ihrer Väter fürchten. Denen sollen wir einen zornigen Gott predigen?

Gott hat nur ein Wesen: Liebe

Gott sei auch zornig, wird mit ernster Miene reklamiert. So, als hätte Gott zwei Gesichter. Wie grotesk und zynisch wirken solche Forderungen. Gott ist Liebe! Sein Zorn ist nicht das Gegenteil von Liebe, sondern Ausdruck seiner Liebe, Konsequenz seiner Sorge um seine Geschöpfe. Und diese Liebe (Agape) hat nichts mit romantischer Verzückung zu tun, sondern sie wurde im brutalen Kreuzestod Jesu teuer erkauft.

Es muss für manche ein unerträglicher Gedanke sein, dass Gott nur ein Wesen hat, nämlich Liebe. Seine Gerichte werden endlich Gerechtigkeit aufrichten. Allen, die hier Ungerechtigkeit erleiden mussten, werden gerecht beurteilt. Diesen Tag sehne ich herbei. Da werden die zornigen alten Männer, die Vertreter eines grimmigen Gottes von seiner Liebe überwältigt werden.

Auf dass das Heil Gottes Hochkonjunktur habe!

Von: Jürgen Mette

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