Glaubenszeugnis im moralischen Kampfgebiet

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat bei der Synode in Bonn eine erste Bilanz zum Reformationsjubiläum gezogen. Er sieht Anlass zu großer Dankbarkeit.
Von PRO
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Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat am Sonntag eine erste Bilanz zum Reformationsjubiläum gezogen. „In vieler Hinsicht ist dieses Jahr Anlass zu großer Dankbarkeit“, erklärte der EKD-Ratsvorsitzende in seinem Bericht vor der Synode der EKD, die derzeit in Bonn tagt. Man habe einen kraftvollen Reformationstag in Wittenberg gefeiert. „Am meisten aber haben mich die Berichte von überall her aus dem ganzen Land zu den Reformationsgottesdiensten gefreut“, sagte Bedford-Strohm. Vor vielen Kirchen hatten sich am 31. Oktober lange Schlangen gebildet. Der Reformationstag 2017 war in ganz Deutschland ein arbeitsfreier Tag. Auch Veranstaltungen und Ausstellungen zum Reformationsjubiläum verzeichneten den ganzen Herbst über einen starken Besucher-Andrang.

Angesichts eines nach wie vor polarisierten gesellschaftlichen Klimas zur Migrationspolitik, das Bundespräsident Steinmeier als „moralisches Kampfgebiet“ bezeichnet hatte, nahm der Ratsvorsitzende eine Bestandsaufnahme kirchlicher Debattenbeiträge vor. „In der Theologie sprechen wir von Zuspruch und Anspruch. Der Anspruch kann nur zu einem wirklich kraftvollen Handeln führen, wenn er gegründet ist im Zuspruch, wenn auch die Kraft, entsprechend zu handeln, freigesetzt wird. In unseren öffentlichen Äußerungen ist viel zu oft nur der Anspruch rübergekommen“, erklärte Bedford-Strohm nach Angaben einer Pressemeldung. Was Martin Luther in seiner Freiheitsschrift beschreibe, sei ja gerade nicht ein Handeln als Folge von moralischen Appellen, sondern ein Handeln aus innerer Freiheit. „Dieses Gefühl der inneren Freiheit ist es, das dann tatsächlich zum Handeln führt, aber eben keinem Handeln aus schlechtem Gewissen, aus Political Correctness oder aus dem Versuch der moralischen Selbsterhöhung, sondern wirklich aus Freiheit“, erklärte Bedford-Strohm. Ein solches Handeln aus Freiheit verurteile andere nicht. „Selten war das authentische Glaubenszeugnis von Christinnen und Christen im Diskurs einer verunsicherten pluralistischen Öffentlichkeit so wichtig wie in diesen Zeiten“, sagte der Ratsvorsitzende vor den 120 Synodalen in Bonn.

Mit Blick auf aktuelle Handlungsfelder der evangelischen Kirche unterstrich Bedford-Strohm: „Die Beteiligung junger Menschen ist angesichts der alarmierenden Befunde über den Traditionsabbruch gerade bei ihnen aus meiner Sicht eine der zentralen Herausforderungen für die Kirche der Zukunft. Noch immer sind junge Menschen unterrepräsentiert, wenn es um die Orte geht, an denen die Zukunftsentscheidungen getroffen werden. Vom Kirchenvorstand bis in den Rat der EKD.“

In Bonn tagt seit Sonntag das höchste Entscheidungsgremium der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die Synode. Darin wollen die Synodalen bis Mittwoch eine erste Bilanz zum Reformationsjubiläum ziehen und die Schwerpunkte der EKD-Arbeit für die kommenden Jahre in den Blick nehmen.

Von: Norbert Schäfer

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