Bibel und Wein

Für Winzer Ulrich Jung bedeutet Wein Broterwerb. Dem Getränk, dem seine Leidenschaft gilt, kommt in der Bibel eine besondere Bedeutung zu.
Von PRO
Winzer Ulrich Jung bewirtschaftet 27 Hektar Lebland bei Nierstein am Rhein.

Ausgerüstet mit Eimern und Rebscheren arbeitet sich eine Schar Helfer durch Reihen mit Weinstöcken. Ulrike Jung hat einige Mitglieder ihres Hauskreis der Stadmission Oppenheim für die Handlese mobilisiert. Der Weinberg liegt am „Orbel“, einem Bergrücken von Schwabsburg bei Nierstein am Rhein. Das wärmespeichernde Verwitterungsgestein ist ideal für den Anbau von Rieslingweinen. Allerdings kann ihr Mann, Winzer Ulrich Jung, hier den Vollernter nicht einsetzen. Es ist zu steil, daher müssen die Trauben händisch von den Weinstöcken geerntet werden.

Der Feinschmecker

Ulrich Jung hat 1999 die Betriebsführung zusammen mit seiner Frau Ulrike vom Vater übernommen. Zusammen mit Sohn Johannes und Tochter Rebekka bewirtschaftet die Familie heute 27 Hektar Rebland mit insgesamt 17 verschiedenen Rebsorten, vorwiegend Weißweine. Winzer Ulrich hat die „Führung des Kellers“, also die Entscheidungen darüber, wie die Weine ausgebaut und geschmacklich vollendet werden, an Sohn Johannes übertragen. Der hat nach der Ausbildung zum Winzer ein dreijähriges Weinbaustudium in Geisenheim absolviert. „Er hat den feineren Geschmack“, sagt der Vater. „Ich kann nur sagen, dass etwas fehlt – aber nicht was.“ Der Sohn schmecke, woran es hapere, habe „die bessere Nase“ und tieferes Wissen darüber, wie die Weine „charakterlich“ noch verbessert werden können. Eine Reihe von Prämierungen hat der Junior bereits errungen. Neben der Leidenschaft für Wein verbindet die Winzer-Familie die Orientierung am christlichen Glauben. Jung junior ist im Kirchenvorstand, Vater und Sohn spielen im Posaunenchor, die Mutter hält sich an ihren Hauskreis der Stadtmission. Wein und Bibel sind wichtige Grundlagen des Betriebes. Das früheste Zeugnis der Bibel über Wein findet sich im 1. Buch Mose. Noah pflanzt nach der Flut einen Weinberg an und begründet die Kultur des Weinanbaues.

Der Vollernter rüttelt die reifen Früchte von den Weinstöcken. Foto: pro/Norbert Schäfer
Der Vollernter rüttelt die reifen Früchte von den Weinstöcken.

Heute erfolgt der Großteil der Ernte maschinell. „Da ist wenig geblieben von der Winzer-Nostalgie mit Kiepe und Rebschere“, sagt Jung. Trotzdem ist viel Handarbeit geblieben. Wie zu biblischer Zeit werden die Weinstöcke von Hand beschnitten, die Reise fixiert, das wallende Weinlaub ausgedünnt, damit die Sonnenstrahlen die Trauben erreichen, und unreife Früchte entfernt. Dafür gibt es keine Maschinen. „Siebenmal bearbeite ich jeden Weinstock“, sagt Jung.

Vom Weinberg kommen die geernteten hellen Trauben in die pneumatische Kelter, die mit mäßigem Druck den Most aus den Früchten presst. Danach werden mechanisch, mittels Zufuhr von Druckluft, die Schwebeteile aus dem Most entfernt. Der so geklärte Traubensaft kommt dann in Edelstahltanks. Dort bewirkt Hefe, die sich von Natur aus auf dem reifem Obst befindet und die Fäulnis auslöst, dass unter Ausschluss von Sauerstoff die Gärung des Traubensafts beginnt. Dabei entstehen aus dem Traubenzucker trinkbarer Alkohol und Kohlenstoffdioxid. Der entstandene Alkohol setzt die Aromen aus dem Most frei, die zwar nur einen winzigen Anteil haben, letztlich aber das Getränk Wein ausmachen. Der Winzer kann in den Prozess eingreifen, etwa durch Kühlung der gärenden Maische, sodass sich Aromen auf besondere Art und Weise entfalten und sich die individuellen Geschmacksnoten der Sorten bilden. Beim Rotwein belässt der Winzer zunächst die Maische auf den Schalen und Kernen, damit der gewonnene Alkohol neben Aromen auch die roten Pigmente aus der Traubenschale löst, die die charakteristische Farbe bildet.

Im Weinfass reift ein Rotwein. Das Holz verleiht dem Wein eine zusätzliche Geschmacksnote. Foto: pro/Norbert Schäfer
Im Weinfass reift ein Rotwein. Das Holz verleiht dem Wein eine zusätzliche Geschmacksnote.

Noah wurde nach biblischer Überlieferung allerdings von der berauschenden Wirkung des Weins überwältigt. Er schlief im Rausch entblößt im Zelt ein. Einer der Söhne sah das und erzählte es den Brüdern weiter. Noah verfluchte ihn deswegen. Vielleicht liegt hier ein Grund dafür, dass viele Christen einen vorsichtigen Umgang beim Genuss von Wein und Alkohol vorziehen oder gar fürchten, in Abhängigkeit zu geraten. Die Furcht ist nicht unbegründet. Auch die Bibel spricht, zum Beispiel in Jesaja 5,11–12, Warnungen aus: „Weh denen, die des Morgens früh auf sind, dem Saufen nachzugehen, und sitzen bis in die Nacht, dass sie der Wein erhitzt. Und sie haben Harfen, Zithern, Pauken, Pfeifen und Wein bei ihren Gelagen, aber sehen nicht auf das Werk des Herrn und schauen nicht auf das Tun seiner Hände!“ Andererseits beschreibt die Bibel im Buch der Sprüche 31,6–7 Wein auch als Heilmittel: „Gebt Bier denen, die am Umkommen sind, und Wein den betrübten Seelen, dass sie trinken und ihres Elends vergessen und ihres Unglücks nicht mehr gedenken.“ Und der Apostel Paulus empfiehlt seinem Schüler Timotheus, wegen seines kranken Magens Wein zu trinken.

Nur den besten Wein zum Abendmahl

Beim Thema Abendmahl gehen die Meinungen unter Christen oft auseinander. Der Gedanke, Abendmahl mit Traubensaft zu feiern, amüsiert den Winzer. „Ich bin da konservativ. Zum Abendmahl gehört Wein.“ Jung weiß natürlich um die Probleme mit dem Alkohol und hat Verständnis, wenn im Einzelkelch Traubensaft gereicht wird. Er hat sich aber auch schon richtig über miese Weinqualität in der Kirche geärgert: „Wie kann man beim Abendmahl schlechten Wein nehmen!“ Als er einmal zu Gast in einer anderen Gemeinde war, in deren Region der Weinanbau keine Rolle spielt, gab es Wein, der Jung gar nicht gefiel. Daheim wisse der Pfarrer, dass die Winzer die Qualität des Weins auch an einem winzigen Schluck erkennen, und richte sich entsprechend ein. Das Internet ist für Winzer Jung zum wichtigen Vermarktungskanal geworden. Im vergangenen Jahr hat das Weingut etwa zehn Prozent des Verkaufs über das Internet abgewickelt. Das Kaufverhalten habe sich in den vergangenen Jahren stark verändert, sagt er. Heute würden nur noch kleine Mengen bestellt, dafür dann öfter. Wenige Kunden legten sich noch einen Weinvorrat an. Das bedeutet, dass seine Frau täglich im Lager zu tun hat, um die Weine mit der Post auf den Weg zum Kunden zu bringen. Um den Kundenkontakt zu halten, beliefert der Winzer seine Besteller aber auch direkt. Bis nach Kiel und Berlin im Norden, ins Vogtland und nach Nürnberg fährt er deswegen. In diesem Jahr rechnet er mit erheblichen Einbußen bei der Ernte. Zwei Tage nach Ostern hat Frost viele der jungen Triebe erfrieren lassen. Dann war das Jahr zu nass, der Herbst schließlich zu warm. Keine optimalen Bedingungen. „Bei einem kompletten Weinberg der Huxelrebe haben wir gar nicht mit der Ernte anzufangen brauchen. Die Trauben sind am Stock zu Essig geworden“, erklärt Jung. Demnächst trifft sich der Hauskreis nicht zum Arbeiten, sondern zum Schlemmen im Weinkeller von Winzer Jung. Sie wollen dann den Federweißen, den noch jungen, nicht durchgegorenen Wein, probieren.

Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe 5/2017 des Christlichen Medienmagazins pro. Bestellen Sie pro kostenlos und unverbindlich unter Telefon 06441-915-151, per E-Mail an info@kep.de oder online.

Von: Norbert Schäfer

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